Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Der Sky Room von James Turrell bei Lech/Arlberg


Einen Raum unter der Erdoberfläche haben, der mit draußen verbunden ist und in den dann das Licht eindringen kann in die Unterwelt - ein uraltes Thema. Jedem Höhlenforscher, der entsprechende Höhlen schon besucht hat, ist das ein vertrauter Anblick und kaum einen läßt der Lichteinfall unberüht. Berühmte Beispiele dafür sind in der Höhle von Tiscali auf Sardinien und die Niah Cave auf Borneo. Auch der Mensch hat entsprechende Bauwerke errichtet. Besonders bekannte sind der Tempel von Abu Simbel in Ägypten oder die Felskammern von New Grange in Irland.

> https://www.lochstein.de/hrp/sinne/zeit/zeit.htm

Seit einigen Jahren gibt ein Kunstwerk von James Turrell oberhalb von Lech am Arlberg, das auch auf diese Ideen Bezug nimmt und in traumhafter Weise damit umgeht - skyspaceLech. Es ist ganzjährig geöffnet. Von November bis April ist ere montags geschlossen. Herrscht widriges Wetter, dann auch. Entscheidend ist eine Kuppelkonstruktion, die das Deckenloch zum Himmel mal abdeckt, mal nicht. Mittels einiger Elektromotoren wird der Deckel hin- und herbewegt. Ein wenig beeinträchtigt das die Idealität, aber dafür wurde aus einer Idee halt handgreifliche Realität, die für einige Zeit existiert.

Ich wußte zwar aus dem Internet von diesem Skyspace, einen ähnlichen gibt es in Zuoz/CH, wußte aber nicht genau, wo er lag. Eigentlich wollte ich im August 2019 nur hinauf zu den Gipslöchern, aber auf einmal stand da in der Nähe von Oberlech eine Hinweistafel. Auf einmal war ich auf meinem Weg daran, etwas zu erleben, was in einer anderen Sprache "to kill two birds with one stone" heißt. Ziemlich unauffällig folgt man einer Abzweigung vom Almweg, umrundet einen seltsamen Erdhügel mit einem niedrigen Steinkranz und steht auf einmal vor einem Tunneleingang. Geht man hinein ins Dunkle, dann gilt es, schwere Portale zu öffnen. Dahinter ist es nicht dunkel, sondern man steht in einem ovalen Raum, unten schwarz vom Granit, oben weiß gestrichen und in der Mitte das Lichtloch zum Himmel. Je nach Wetterlage ist es dann Blau oder Weiß oder gemischt. Eine Sitzbank zieht sich rundum, auf der mehr oder weniger ordentlich schwarze Sitzkissen befinden, da man den Besuchern die Kälte und Härte des sitzenden Aufenthalts in diesem Kunstgehäuse etwas angenehmer gestalten will. Sie lädt dazu ein, sich hinzusetzen und einfach einmal zu schauen und auch, zu hören. Still ist es hier auch - aber wenn man will, dann könnte man ja auch Summen oder Obertöne produzieren. Die Akustik ist wunderbar. Sind Wolken am Himmel, dann hat man ein permanentes Naturschauspiel über sich, das permanent neue Eindrücke liefert. Wenn es regnet, dann schiebt sich wohl die Kuppel schnell über das Loch, damit nicht zuviel Wasser in den Raum kommt. 

Die Sonnenaufgangs- und untergangszeiten scheinen hier ganz besonders wahrgenommen zu werden. Und sicherlich dann, wenn die heraufkommende Sonne durch den Tunnel in den Raum scheint. Die Organisatoren weisen darauf hin, daß man auf dem Besuchskalender prüfen solle, ob der Skyspace dann geöffnet ist oder nicht.

Als ich begeistert den Raum wieder verließ, da lehnte draußen ein Herr mit Hund am Geländer, ein Wächter? Ich stieg außerhalb noch auf den Hügel, wunderte mich erst über das Stahlgebilde mit Schienenbegleitkonstruktion, aber das ist halt die Schiebekuppel. An der Mauerumrundung gibt es alle Meter eine Warntafel, daß man nicht hinaufklettern solle, denn auf der Kuppel bestehe Absturzgefahr - offenbar ist so etwas heute nötig im Zeitalter von "Verkehrssicherungspflicht" und Dauersuche nach irgendeinem Schuldigen, wenn mal wieder etwas passiert. 

Solche Ideen und ihre Verwirklichung wünsche ich mir öfters!

     
     

Ähnliche Turrell-Projekte gibt es in 


Im Teshima Art Museum, das zur Benesse Art Site auf der Insel Nasoshima in Japan gehört, ist ein ähnliches Kusntwerk zu sehen. "Wie ein riesiger Wassertropfen zwischen Feldern, Wiesen und Wäldern schimmert es hervor. Es ist vermutlich der größte Tropfen der Welt, sechzig Meter lang, vierzig Meter breit und bis zu viereinhalb Meter hoch. Man erreicht ihn über verschlungene Pfade und betritt ihn durch einen Schleusengang. Innen ist er leer, keine Exponate lenken vom überwältigenden Eindruck eines Raums ab, der durh zwei ovale Öffnungen mit dem Draußen verbunden ist..." (Grübl, Josef, Im Inneren von Tropfen, Tau und Tränen, in: Wohlfühlen - ein Magazin der Süddeutschen Zeitung 3.19, S. 40ff.

http://benesse-artsite.jp/en/art/teshima-artmuseum.html


Literatur:

Turrell, James Geometrie des Lichts, herausgegeben von Ursula Sinnreich, Kulturbetriebe Unna, 2009

Links:

http://jamesturrell.com/

https://www.skyspace-lech.com/

https://www.vorarlberg.travel/skyspace-james-turrell/

https://www.lochstein.de/hrp/themen/grotten/grotten.htm

 


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