Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft und Höhlen im Karwendel, Tirol, A und Bayern, D
"Die Berge sind schweigende Lehrer. Sie diskutieren, argumentieren und überreden nicht. Sie drängen sich nicht mit penetranter Rhetorik in unser Bewußtsein. Sie wahren - auch heute noch - weiter Räume der Stille." (Reinhold Stecher, in H. Zak)
Wer von München aus Richtung Innsbruck über Mittenwald und den Zirler Berg fährt, der sieht, nachdem er Garmisch-Partenkirchen passiert hat, erstmals die schroffen Felswände des Karwendelgebirges links von ihm auftauchen. Geographisch gesehen gehört es zu den Nördlichen Kalkalpen. Politisch gesehen besitzt Tirol den größten Flächenanteil, ein kleinerer liegt in Bayern.
Etwa 45 km lang ist das Gebirge von West nach Ost, von Nord nach Süd sind es knapp 30 km. Vier große Gebirgsketten ziehen sich von West nach Ost, die Nördliche Karwendelkette, die Hinterau-Vomper-Kette, die Gleirsch-Halltal-Kette und die Inntalkette. Dazu kommen noch zahlreiche Seitenketten und -gruppen und ein Vorgebirge im Norden.
Höchster Gipfel ist die Birkkarspitze mit 2.749 m ü. A. Insgesamt sind 125 Gipfel über 2.000 m hoch. Das Gestein ist hauptsächlich Kalkstein und Dolomit, das in Bänken aufgebaut, dann aufgefaltet wurde und nach Süden geneigt ist. Entwässert wird das Gebiet hauptsächlich nach Westen und Norden. So entspringt im Hinterautal die Isar.
Bedeutende Orte sind im Westen Seefeld in Tirol und Mittenwald, im Osten Pertisau, im Süden liegt Innsbruck. Innerhalb des Gebirges liegt nur das Dorf Hinterriss.
Ein Großteil des Gebiets steht unter Naturschutz. Der Alpenpark Karwendel auf österreichischer Seite ist 727 km² groß, 190 km² in Bayern gehören zum Naturschutzgebiet Karwendel und Karwendelvorgebirge. Beide Gebiete sind nun als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen.
26 Berghütten gibt es im Karwendel, 14 davon gehören dem deutschen bzw. österreichischen Alpenverein. Verschiedene Luft- und Standseilbahnen erschließen Teile des Karwendels, so von Mittenwald aus und vom Innsbrucker Stadtteil Hungerburg.
Bislang sind ca. 50 Höhlen in dem Gebiet entdeckt worden. An
"Unterirdischem" gibt es auch mehrere Bergwerke, in denen früher Blei- und
Zinkerze gewonnen wurde, Salz holte man aus dem Berg und das sog. Steinöl.
Aus einem Bericht von Dr. Gustav Haber über die Erstbegehung der
Dreizinkenspitze 1921 (zitiert nach Gasser, S. 104ff.): "...Der Fels bäumt sich
mächtig vor uns auf. Hoch oben hängt drohend, gleich einem Balkon, das
Dach einer riesigen Grotte heraus. Wenn wir nur schon dort oben wären... Nun
endlich sind wir in der Grotte angelangt. Wir hatten es längst gewußt, die war
das Haupthindernis! Die Innenwand der haushohen Grotte war aalglatt, fast
senkrecht, mit schlüpfrigen nassen Algen und Moos überzogen. Die Außenwand fast
waagrecht hinausstrebend. Wo sollte es da weitergehen? Lange halten wir das
Rasten nicht aus, denn es treibt uns weiter. Wir klettern einen schrägen, mit
gelbem, schmutzigem Lehm bedeckten Hang im Grund der Grotte aufwärts bis in
ihren hintersten Winkel. Ein schwarzer Spalt zieht ins Berginnere weiter,
vielleicht eine Verbindung mit enem riesigen Kartrichter im Roßloch? Hier oben
ist es fast ganz dunkel. Fiebernd schauen wir nach dem Ausweg aus der Falle. Vor
uns liegt der merkwürdigste Weg, den wir je gegangen, die eigenartigste
Kletterstelle der alpinen Geschichte. Ein waagrechter Kamin am Dach der Grotte
ist es, fast 50 m lang, nach unten geöffnet. In Stemmstellung arbeiten wir uns
hinaus, den Rücken an die Außenwand der Grotte gepreßt, die sich fast
unmittelbar unter dem Gesäß nach außen wendet. Schrecklich ist der Schluß des
Kamins ganz draußen am Ende des Grottendaches, wo sich die Kaminwände ungangbar
voneinander zu entfernen beginnen...." Sie schaffen es am Ende....
In der Sage von der Frau Hitt heißt es, sie habe ihre Wohnstätte "hoch in den Felsen in einem kristallenen Schloß" (zitiert nach Zak) gehabt. Ein Unwetter habe am Ende alles vernichtet: "Blitze zerrissen die Finsternis, schwere Donner erschütterten die Berge. Lawinen und Muren verwüsteten das blühende Reich in kürzester Zeit. Der Kristallpalast zerbarst in tausend Trümmer." Ein Felsen oberhalb von Innsbruck sei das an sie erinnernde Mahnmal.
In der Eng | ||
Bei der Walderalm - gut erreichbar von Gnadenwald in Tirol aus auf einer Mautstraße und kurzem fast horizontalem Wanderweg |
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Zwischen Hinterriß und der Eng an einem Regentag im Juni 2014 | ||
Literatur:
allgemein:
Demmel, Robert | Karwendel, Rother-Wanderführer, München 2012 |
Garnweidner, Siegfried | Karwendel - KOMPASS-Wanderführer, Insbruck 2012 |
Gasser, Hannes | Erlebnis Karwendel, Leopold Stocker Verlag. Graz 1977 |
Gschlößl, Roland | Karwendel-Expedition, Bayerische Archäologie 4/2016, 41-43 |
Klier, Walter | Karwendel alpin - Alpenvereinswanderführer, Bergverlag Rother, München, 16. Auflage, 2011 |
Kment, Kurt | Wanderungen in die Erdgeschichte (16) Von Bad Tölz zur Isarquelle, pfeil-Verlag, München 2004 |
Zak, Heinz | Karwendel, Verlag J. Berg, München 1990 |
speläologisch:
Spötl, Christoph | Der Lamsen- oder Brudertunnel im Karwendel, Höhlenkundliche Mitteilungen Tirol, 2013, Jahrgang 52 - Folge 66, S. 15-18 |
Wolf, Andreas | Das Karwendelgebirge 1250, in: Münchner Höhlengeschichte II, hrsg. vom Verein für Höhlenkunde in München, München 2004, S. 71ff. |
Links:
Alpenpark Karwendel -
größter Naturpark Österreichs
Lalidererwände Laliderer Wände Karwendel Tirol | Karwendelgebirge: Die Laliderer
Wände
Deutscher Alpenverein - München und
Oberland - Falkenhütte
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