Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Eremitage von Arlesheim, CH
Im Internet findet sich so einiges, z.B. das:
"23. August 18.00, Eremitage Arlesheim
Rezitation mit Musik in den verschiedenen Grotten.
(Ovid / Goethe / Salomon Gessner)
Atelier für
Stimme & Sprache
Homburgweg 22
CH 4144 Arlesheim
T: +41 (0) 61 701 76 58
F: +41 (0) 61 701 76 58"
Oder der Hinweis auf den Film "Orte der Stille - Sehnsucht nach Rückzug", gesendet am 15.03.2003 im SWR, der von der Eremitag in Arlesheim handelt. Die zwei aktuellen Beispiele sollen zeigen, daß es noch immer nicht "ganz ruhig" um diesen Ort geworden ist, daß sich auch heute noch oder wieder Menschen mit ihm auseinandersetzen.
Die Höhlen liegen in einer Parklandschaft, die
um 1785 unterhalb des Schlosses Birseck entstanden ist. Ein
lebensgroßer Automat saß mal dort in einer Klause, ein
"Waldbruder", der "in der unberührten Natur auf
die Stimme Gottes lauscht", so eine verklärte Beschreibung.
1786
Dieser größte englische Landschaftsgarten in
der Schweiz wurde 1785 eröffnet. Initiatorin und Urheberin der
Anlage waren Balbina von Andlau-von Staal und ihr Vetter, der
Domherr Heinrich von Ligerz. Angelegt wurde er wohl durch Adam
Franz Xavier von Roggenbach. Ihr Mann, der bischöfliche
Landvogt, hatte sich gerade als neuen Amtssitz das ehemalige
Flachsländische Schlößchen mit dem Gelände rundherum
gekauft. Gekostet hat die Anlage wahrscheinlich nicht sehr viel,
weil die Arbeitskraft damals wegen der vielen arbeitslosen
Landarbeiter keine hohe monetäre Gegenleistung erforderte. Immerhin kam bei dieser
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in Form des Baus von Wegen und
einiger kleiner Bauten noch was ganz Reizvolles heraus. Es
heißt, die Eremitage sei eine der "Hauptattraktionen für
Reisende aus ganz Europa" gewesen. Man sehnte sich wohl nach
etwas Neuem, das in diesem Fall eine Abwendung von der
Künstlichkeit des Rokokos und der Pracht der Fürstenhöfe war
und eine Hinwendung zur "Natur".
Immerhin hatte die "Natur" schon kräftig vorgearbeitet
und zahlreiche kleine Naturhöhlen in dem kleinen Kalkfelshügel
östlich von Arlesheim entstehen lassen. Die wurden dann nur noch
ein wenig ausgebaut und verändert. Sie bekamen vor allem
romantische Namen: Diana-Grotte, Apollogrotte,
Proserpinagrotte, Eremitengrotte. Höhepunkt sei die
Proserpinagrotte gewesen: Sie war nur über eine Hängebrücke
erreichbar. Mit Lampen wurde sie erhellt, ein Altar war darin,
der umgeben war von Monstern, einem Drachen und einem Krokodil.
Im Jahre 1789 zählte man schon 1332 Besucher. Es war das Jahr der Französischen Revolution, die auch auf die Schweiz übergriff. Die Menschen lehnten sich gegen ihre Herrschaft auf, der ehemalige Domherr wurde als Aristokrat verfolgt, landete zeitweise sogar im Kerker von Chillon, Balbina ging ins Exil, Teile der Eremitage wurden angezündet, 1793 zerstörten die Franzosen sie vollständig. Aber 1801 begann man schon wieder mit dem Neuaufbau. Was wir heute noch sehen können, das stammt aus der Zeit um 1812.
Ende Mai 2005 war ich mal wieder dort. Früher konnte man vieles nicht besuchen, weil eine große Restaurierungsaktion stattgefunden hatte. Nun kann man sie wieder in Augenschein nehmen. Es gehört schon ein bißchen Ortskenntnis dazu, und wenn die nicht vorhanden ist, Spürsinn, um sie zu finden. Einen einzigen kleinen Wegweiser konnte ich ausmachen, der darauf hinwies, und den übersah ich anfangs. Sein Fahrzeug irgendwo abzustellen, das ist gar nicht so einfach. Aber viele kommen ja zu Fuß. Einsam ist man dort wirklich nicht. Der große Andrang führt wohl dazu, daß ein starker Druck auf dem Gelände lastet. Überall sind Schildchen, daß man nicht vom Weg abweichen soll. Genug tun es doch und so gibt es immer wieder richtige Trittschneisen in den Hängen. Als ich dort war, da wurde das Gelände gerade von 3 Kindergartengruppen bedrängt. Von Ruhe war nichts mehr zu spüren, in den kleinen Höhlen schien bei einigen Kindern eine Sicherung durchgebrannt zu sein - sie schrien, was die Stimmbänder hergaben! Ein anderes war wohl das Treppensteigen noch nicht so gewohnt und flog der Länge nach auf die Steinstufen, danach wieder Schmerzgeschrei. Towowabohu - das herrschte da in klassischem Maße.
Am Weg zur Eremitage | |
Der Eingang mit der Naturbrücke | |
Mai 2019 anläßlich von HÖREPSY 2019
1786 |
|
Literatur:
Bernasconi-Schwartz, Christine und Reno, Högl, Lukas, Perret, Danielle, Santschi, Catherine |
La grotte dans l'art suisse du XVII^au XX siècle, Ausstellungskatalog zur Exposition organisée dans la cadre du 12e congrès international de spéléologie 10 - 17 aout 1997, La Chaux-de-Fonds |
Bitterli, Thomas | Höhlen der Region Basel - Laufen, Speläologisches Inventar der Schweiz Band III, Basel 1996 |
Plattner, Erich, mit Beiträgen von Marco Filipponi Reto Jagher und Andreas Rohner | Die Höhlen der Eremitage bei Arlesheim, 2014 |
Plattner, Erich | Besuch der Eremitage in Arlesheim, in: Interessengemeinschaft Höhle-Religion-Psyche (2019): Tagungsband zum 28. Treffen der Interessengemeinschaft Höhle-Religion-Psyche / Anthropospeläologie, Gröbenzell 2019 |
Plattner, Erich | Besuch der Ermitage in Arlesheim, in: Höhlenwurm 158-2019, 17-18 |
Reichler, Claude | Entdeckung einer Landschaft, Rotpunktverlag, Genf 2002 |
Santschi, Catherine | Les Ermites et les Grottes, in: Bernasconi-Schwartz, Christine und Reno et al., La grotte dans l'art suisse du XVII au XX siècle, Katalog anläßlich der gleichnamigen Ausstellung im Musée des beaux-arts, La Chaux-de-Fonds 10. August- 21. September 1997 |
Links:
http://www.picswiss.ch/BL-L12.html
http://www.baselland.ch/docs/tourismus/wanderweg/4-text.htm
http://arlesheim.twoday.net/topics/Ermitage/
Magic Places of Switzerland / Ermitage (Basel-Land)
Höhle-Religion-Psyche Indexseite
[ Index ] | [ Englisch version ] | [ Höhlen und Höhlengebiete ] | [ Kunst ] |
[ HöRePsy ] | [ Höhlenschutz ] | [ VHM ] | [ Veranstaltungen ] | [ Links ] |