Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen der Schrattenfluh, Kanton Luzern, CH


Die 6 km lange Schrattenfluh ist Teil des zweitgrößten Schweizer Karstgebiets, das sich über die Sieben Hengste-Hohgant bis dorthin erstreckt. Sie ist in der nördlichsten Alpenkette des Berner Oberlandes im Süden des Kantons Luzern. Der Bergkamm verläuft in Nordost-Südwest-Richtung. Begrenzt wird der Gebirgsstock im Süden durch das Tal der Emme, im Norden durch den Hilferenpass, im Osten durch das Tal der Waldemme. Die breite Paßhöhe bei Salwiden trennt die Schrattenfluh von der Brienzer-Rothorn-Kette.

4 markante Gipfel weist die Schrattenfluh auf. Am höchsten ist der Hengst mit 2.093 m. Dann gibt es noch den Hächlen (2.089m), den Schibengütsch (2.037 m) und den Strick (1.946m). Die Nordwestflanke hebt sich steil mit Bergweiden und Felsbändern aus dem voralpinen Hügelland des Emmentals und des Napfs heraus. Nach Südosten fällt die Bergkette relativ sanft ab. Dort befinden sich die weiten, meist vegetationslosen Karrenfelder.

Geologisch gesehen ist die Schrattenfluh in einer Spätphase des alpinen Zusammenschubs entstanden, als das Gestein weit über die Molasse des Mittellandes vorgeschoben wurde. Es besteht aus einer Wechselfolge von Mergeln und Kalken der Kreidezeit. Die Verkarstung findet hauptsächlich in einer 200 m mächtigen Schrattenkalkschicht statt. Sie bildet eine 10°-30° nach Südosten abtauchende Kalkplatte.
Als man 1970 einen Färbeversuch in der Schrattenfluh unternahm, um herauszufinden, wie es um die Abflußverhältnisse in dem Gebirgsmassiv steht, erlebte man eine große Überraschung. Statt, wie erwartet, in den Quellen der Umgebung wieder zu Tage zu treten, sah man den Farbstoff 20 km entfernt im Thunersee wieder, was bedeutet, daß unterirdisch ganz andere Abflußverhältnisse herrschen, als die Oberfläche vermuten läßt, in dem etwa das tiefe Tal der Emme einfach unterfahren wird.

Seit 1959 wird in der Schrattenfluh nach Höhlen gesucht, zuerst vor allem durch Forscher des SCMN (Spéléoclub des Montagnes Neuchâteloises). Über 250 Höhlen hat man schon entdeckt, erforscht und vermessen. Mehr als 32 km Gangstrecken sind heue bekannt. Bedeutendstes Objekt ist die Neuenburgerhöhle mit über 8 km Länge. Verschiedene Trekkingunternehmen bieten heute geführte Touren dorthin an. Die tiefste Höhle ist das Alpenschneehuhn-Höhlensystem mit - 478 m. Nirgends ist es allerdings bis jetzt gelungen, den sagenhaften Kollektor in der Tiefe zu finden, der vielleicht eines Tages Richtung Thuner See bzw. Siebenhengste-Höhlensystem führen wird. Es wird noch danach gesucht.

Touristisch ist die Schrattenfluh gut erschlossen und auf markierten Wanderwegen lassen sich die Gipfel erreichen. Eine relativ einfache Tour, sofern man trittsicher ist, ist die Ersteigung des Hengst, dessen Gipfel in rund 2 Stunden nach einer mühsamen Querung des großen Karrenfelds erreichbar ist. Beim Heidenloch, das nur wenig abseits des Hauptwegs liegt, kann man in eine von der Schweizer Armee 1943 gebaute Kaverne hineinsteigen und das was davon noch übrig ist, besichtigen.
 

Die Schrattenfluh von Sörenberg aus
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Der  Böli
 
Blick nach Süden über das Tal der Emme hinaus
Militärkaverne beim Heidenloch
 
 
 
 

Literatur:

Blant, D., Deriaz, P., Hapka, R., Jeannin, P.-Y. Schrattenfluh (Flühli, LU): une premiere vision d'ensemble du secteur Böli-Oberschlag, Stalactite 39, 2, 1989, p 78ff.
ohne Verfasserangabe Die Neuenburgerhöhle G 20 Flühli LU Altbekannt - Unbekannt? Der Oberländer Höhlenforscher Heft 6 Mai 1992, Seite 12ff.
Ballmer, R.A., Robert, Cl.-Francois, Stocco, Michel Le Réseau des Lagopèdes: - 478 m à la Schrattenfluh, Cavernes 22 (no. 2) p 52-57
ohne Verfasserangabe Deux cavités importantes à la Schrattenfluh: le G.65 et le P. 55, Cavernes 17 (3) 1973  p 82-85
Hapka, Roman Contribution à l'inventaire des cavités de la Schrattenfluh, Cavernes N°1-1985 p 5-15
Bitterli, Thomas Mendiphöhle G.35, Der Oberländer Höhlenforscher Heft 6 Mai 1992, Seite 5-10
Wildberger, Andres, Preiswerk, Christian Karst und Höhlen der Schweiz, Speleo Projects, Basel 1997

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