Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft und Höhlen um Engenkopf und Breitachklamm
Der "Engenkopf", so Klaus Vater,
"im weiteren Sinne stellt einen mit steilen, zum Teil
felsigen Flanken versehenen, oben stark abgeflachten Bergrücken
dar. Er erstreckt sich von der Breitachklamm im SE bis zu einer
markanten Einsattelung im NW, die ihn gegen die im Westen
folgende Erhebung der Kackenköpfe abgrenzt." Der höchste
Punkt ist die felsige Aufgipfelung des eigentlichen Engenkopfes
mit einer einer Höhe von 1282 m in der Nähe der Breitachklamm.
Die Erde war hier, genauso wie an unendlich vielen anderen Orten
unseres Heimatplaneten, alles andere als "stabil".
Gefaltet und gebogen wurden auch hier die steinigen Überreste
früherer Meeresüberflutungen. Die Geologen nennen das
"Antikline", in der Mitte sind die tonreichen
Drusbergschichten, an den Seiten sind die "Flügel" aus
verkarstungsfähigem Schrattenkalk aufgebaut, über dem dann noch
Glaukonitsandstein später abgelagert worden ist, der heute aber
schon wieder oft wieder verschwunden ist. Auf dem Rücken trifft
das Niederschlagswasser auf den "wasserstauenden
Faltenkern", es bleibt entweder auf der "versumpften
Verebnungsfläche" in Seen und Tümpeln stehen oder rinnt
halt dort ab, wo es geht. Am Rand ist der Schrattenkalk und der
war wohl lange Zeit fast "undurchdringlich". An einer
Stelle gelang der "Durchbruch" dann doch. Ein
Trockental zeugt heute noch davon. 80 m lang, leicht gewunden und
kräftig abfallend war die Laufstrecke, dann mündete es in die
felsige Wandzone des Nordflanke des Engenkopfs.
Heute ist das anders. Dann Wasser hat sich in die Tiefe gebohrt
an einer Spalte und fließt dort heute in den Untergrund. Auch
hier hat eine "Kappung der Geländeschwelle"
stattgefunden, wie an unendlich vielen anderen Stellen der Erde
auch. Und dort liegt heute der Eingang in die
"Moosalphöhle".
In den Wanderkarten für das Allgäu ist der
Eingang zur Höhle heutzutage meist überall eingetragen. Ein
Höhlenzeichen ist da zu sehen, wie viele Menschen die Eintragung
schon angeregt hat, da auch mal hinzugehen, das entzieht sich
meiner Kenntnis - viele sind es wohl nicht. Ein Bachlauf
verschwindet direkt in einem Felsloch, nicht schwierig zu finden
daher der Eingang. Von 2 m breiten Portal geht es stetig
vertikaler werdend in die Tiefe. Nach der Vermessung von Klaus
Vater ist die Höhle 56 m lang und weist einen Höhenunterschied
von immerhin 36m auf (+7/-29m). Im Schuttboden des untersten
Schachtes verschwindet das Wasser und kommt wohl in einem
Quellbezirk in der Breitachklamm wieder zu Tage, immerhin 1 km
entfernt und 335 m tiefer. Das verspricht ein enormes
speläologisches Potential, aber würde auch viel Hingabe in
Bezug auf höhlenforscherisches Begeisterungsvermögen erfordern.
Ob dazu heute noch jemand in der Lage ist?
Der Bach verschwindet im groben Schutt auf dem Schachtboden. Ob
es darunter auch für Menschen weitergeht? Keiner weiß es. Was
wir wahrnehmen können, das ist, daß nach sich nach starken
Regenfällen das Wasser zurückstaut und bis zu 7 m über dem
tiefsten erreichten Punkt nach oben zurückstaut. Wer sich dann
dort aufhielte, der hätte ein großes Problem!
Juni 2009 | ||
"Das spektakulärste Naturschauspiel der
Alpen" - so traut man sich tatsächlich die Breitachklamm im
Internet zu verkaufen. Soviel falsche Schaumschlägerei hat diese
Schlucht nicht verdient. Die Besucher werden trotzdem kommen.
Vor 125 Millionen Jahren wurde das schluchtbildende Gestein am
Grunde eines flachen Schelfmeeres abgelagert. Eine 100 m dicke
Schicht aus vielfach gebankten Kalksteinlagen setzte sich ab,
zwischen denen weniger widerstandsfähige Mergel- und
Sandsteinlagen eingelagert sind, die von den Geologen der
Deckeneinheit des Helvetikums zugeordnet wird. Im Zuge der
großen Alpenfaltung wurden die Gesteine dann in große west-ost
verlaufende Falten gelegt. Eine dieser Falten wurde im Bereich
der Breitachklamm in den letzten 20.000 Jahren von den Schmelz-
und Niederschlagswässern aus dem Kleinen Walsertal
durchschnitten. Entstanden ist eine bis zu 90 m tiefe Klamm mit
fast senkrechten Wänden. "Die Zwing" heißt der
beeindruckendste Teil der Klamm, wobei die Wände bis auf 2 m
aneinander heranrücken. Der Verlauf folgt steilstehenden
Störungen im Gestein, das dort durch tektonsiche Bewegungen dort
schon geschwächt war. Die schleifende Wirkung des vom Wasser
mitgeführten Materials zeigt sich an zahlreichen Strudeltöpfen
im Bachbett und an Kolkmarken an den Klammwänden.
Weit oberhalb des heutigen Klammbodens hat sich an der westlichen
Wand ein älterer Klammteil erhalten, der Zeugnis der bewegten
Entstehungsgeschichte. Ein anderes Zeugnis ist der große
Felssturz, der 1995 im Bereich des Sattelscheitels in Form von
mehreren tausend Kubikmeter Gestein aus der westlichen Felswand
herausbrach. Hinter der Barriere staute sich die Breitach mehrere
Meter hoch zu einem See auf. Während der Schneeschmelze im
nächsten Frühjahr brach das Hindernis und eine Flutwelle ergoß
sich bis zu 35 m hoch durch die Klammstrecke, wobei wichtige
Teile des Klammwegs zerstört wurden.
Es ist gerade mal 100 Jahre her, daß die Klamm für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Der Priester Johannes Schiebel ließ sich am Hanfseil in die vorher weitgehend unzugängliche Schlucht hinab und erkundete dieses, um es mit seinen Worten zu sagen, "Naturdenkmal von wilder Schönheit". Zur Erschließung wurde ein "Klammverein" gegründet, der in Form einer Genossenschaft Geldgeber gesucht und gefunden wurden. Hauptmotiv sei gewesen, "eine Einnahmequelle für die bettelarme Bevölkerung" zu erschließen. Einem Bauunternehmer aus Südtirol und einem Trupp von 20 Arbeitern wurde die Schwerstarbeit untertragen, die sie unfallfrei erledigten. Schon 1922 hatte man 100.000 Besucher im Jahr, heutzutage sollen 300.000 sein.
Literatur:
Vater, Klaus, und andere | Die Höhlen des Gottesacker-Hochifen-Gebietes, Karst und Höhle 2000/2001, Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V. München 2000 |
Hiller, Otto K. | Exkursion E: Die geomorphologische Zonenfolge der Allgäuer Alpen, Mitteilungen Verband Deutscher Höhlen- und Karstforscher Jg. 22, Nr. 4, S. 165ff, 1976 |
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