Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Klausenhöhlen bei Neuessing
und einige Höhlen in der Umgebung
Auf dem Weg zu den Klausenhöhlen hat man das Bilderbuchpanorama des Altmühltals vor sich - den Blick auf den Markt Neuessing mit der darüber liegenden Burg Randeck. Durch den Bau des Main-Donau-Kanals, früher hatte man ja auch noch den Rhein dazu genannt, hat es sich massivst geändert. Die alte Holzbrücke, die von Stadttor heraus über die Altmühl führte, ist längst schon abgebrochen worden und durch ein architektonisches Meistermerk ersetzt worden, an anderer Stelle - eine geschwungene Holzkonstruktion. Hat man sie überquert, so führen schmale Steige hinauf zum Waldrand, wo ein längs verlaufender Waldweg ostwärts bis zu den unteren Eingängen führen. Eine gemauerte Öffnung bietet Einlaß ist einen stark veränderten Höhlenraum, der um 1900 als Bierkeller genutzt worden ist. An der Wand öffnet sich ein paar Meter über dem Boden ein schmaler Felsgang, der tiefer in den Berg führt. Wo heute nur noch zertrampelte Reste eines Sinterbeckens übrig sind, da gab es noch vor 30 Jahren ein prachtvolles Wasserbecken mit kleinen Höhlentierchen drinnen. Dahinter geht es in schlufiger Weise weiter bis in verlehmte enge Kammern.
Man kann einem Weg hinauf zu den Felsnischen der Mittleren Klause folgen und schließlich hinauf zu den Oberen Klausenhöhlen. Höhepunkt ist sicherlich eine Felshalle mit Doppeleingang, der an einer Stelle durch einen niederen Durchgang auch erreicht werden kann. Dieser Raum war seit Urzeiten schon vom Menschen aufgesucht worden. Grabungen, die 1883 begannen, aber erst 1912 wertvolle Ergebnisse erbrachten sowohl profane als auch an eine Kultstätte erinnernde Ergebnisse. Man fand sowohl Faustkeile, schöne Blattspitzen, Pfeilspitzen, Messer, aber auch die Grabstätte eines etwa 30igjährigen Mannes, der in eine Packung aus Rötel gebettet war, Mammutgravierungen auf einem Mammutzahn und andere kleine Kunstwerke.
Anläßlich der Ausstellung "Eiszeit - Mensch, Natur, Klima" im Lokschuppen Rosenheim von März - Dezember 2022 war gerade dieser "Mann von Neuessing" eine der Haupattraktionen. "Gerne "ältester Bayer" genannt, jedenfalls der älteste, anatomisch moderne Mensch Bayerns, der älteste vollständige Bestattungsfund Deutschlands und der älteste erhaltene europäische Eiszeitjäger. 1913 nahe Neuessing im Altmühltal gefunden, hat er viele seiner Geheimnisse erst jetzt bei den Untersuchungen für die Ausstellung preisgegeben....noch älter als die angegebenen 34000 Jahre..man weiß nun recht genau, was auf seinem Speisezettel stand (unter anderem auch Mammut), er war 1,63 cm groß, Mitte 40 und in der Hautfarbe sogar noch dunkler als in der Rekonstruktion..Alle europäischen Menschen waren damals dunkelhäutig, erst vor ungefähr 8000 Jahren wurden sie heller... https://www.lokschuppen.de/eiszeit/ausstellung Hochkeppel, Klappe auf, SZ Nr. 65, 19./20. März 2022 SZ EXTRA, Gschlößl, Erlebnis und Erkenntnnis S. 46f.
Dieser Raum wurde sicherlich schon für viele
Zwecke verwendet. In den 90er Jahren führte ich mal ein Drehteam
des Bayerischen Rundfunks dorthin, damit dort Aufnahmen für
einen Film über Labyrinthe gemacht werden konnten. Sie brauchten
Tage, um alles dort zu installieren, die eigentlichen Szenen
wurden an einem Abend gedreht. Ein paar Teelichter gaben am Boden
das Grundmuster vor, griechische Musik erscholl aus dem
Kassettenrekorder, die Musik zum "Kranichtanz", jeder
zweite hatte ein brennendes Teelicht in der Hand, die
Scheinwerfer leuchteten, und die Studenten und -innen der
Fachhochschule Rosenheim bewegten sich dazu - unter der Leitung
einer Tanzlehrerin und Dr. Peter Erlenweins, dem die Grundidee
dafür gekommen war. Ein überhaupt nicht alltägliches Ereignis.
Ein anderes Mal merkten wir nach dem Durchstieg in die Halle,
daß wir nicht alleine waren. Ein junges Pärchen trieb sich auch
herum, am Boden lagen zwei Liegematten, Kopfkissen und zwei
aufgeschlagene Schlafsäcke bereit. Wir machten Fotos, schauten
in jede Ecke, setzten uns bei den Eingängen erst mal hin und
machten Brotzeit, den beiden wurde es schon ganz unangenehm,
besonders offensichtlich dem männlichen Teil des Paares, daß da
so lange "Fremde" hier sich aufhielten. Wir zogen dann
doch mal ab, hinüber zu einem weiteren Höhlenteil, den wir
immer schon den "Klausengang" genannt haben. Die Beiden
schienen aufzuatmen, daß sie nun, vielleicht, endlich alleine
hier sein konnten.
Der "Klausengang" scheint eine bewegte Geschichte schon hinter sich zu haben. Schaut man sich links und rechts des meist nur körperbreiten Gangs an, dann sieht man öfters die Reste von Sprenglöchern. Hier hat man sich offenbar mal in die Tiefe des Berges allmählich vorgearbeitet. Ein schmaler, gewundener Canyongang ist hier aufgemacht worden, der nach etwa 50 Metern eine kammerartige Erweiterung hat, dann wieder in einen Windegang übergeht und sich am Ende aufspaltet. In die Höhe kann man in die niedere ehemalige Deckenröhre hochklettern, die sich noch ein paar Meter bis zu einem Sinterverschluß weiterverfolgen läßt, nach unten ist der Weg freigesprengt worden (Bohrlöcher). Schlanke, nervenstarke und unbedingt wissenwollende Subjekte, was sich hinter solchen für den allergrößten Teil der Menschheit auf immer verschlossene Weltteile verbirgt, die wuzeln sich da noch weiter. Hat man die ersten Engstellen hinter sich, dann tun sich neue auf, noch engere, dann noch engere. Am Ende hört sich dann alles auf. Schluß. Ende. Aus. Äpfel. Amen.
Erste Gehversuche in Höhlen,1964 | ||
Funde aus der Höhle in der Prähistorischen Staatssammlung in München | ||
Winterliche Eisbildung | ||
Ernst wird es hier - schon mancher blieb hier stecken Reinhard Wagner, 1. Mai 1982 |
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22. März 2003
Die Altmühl |
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Die neue Brücke |
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Eingänge | ||
Innenräume | ||
In the twilight zone | ||
Innengänge | ||
Wandpartien verrußt + abgegriffen |
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Der Boden + die Decke |
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Action: Tanzplatz + Wirtshaus |
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Im Januar 2008 waren auf einmal an den Wänden der Oberen Klause lauter Wandzeichnungen | ||
und Eisfiguren | ||
09.10.2011 | ||
August 2015 | ||
Untere Klausenhöhle | ||
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Westliche Klausenhöhle | ||
< Glatt geschliffene Felsen von den vielen Fußtritten am Aufstieg zur Mittleren Klause | ||
Kleinere Höhlen in der Umgebung | ||
Auf den Maifelsen | ||
Beim Wolfsee | ||
Ponore beim Wolfsee |
2022
2024
Die Winterabschließung | ||
Der zerstörte Bodentropfstein | ||
Kurze Chronologie:
ab 1860 | Nutzung als Bierkeller und Schankstätte |
1883 | Erste Ausgrabungen |
1905-1908 | Ausgrabung durch J. Fraunholz |
1912-1913 | Untersuchungen des Institut de
Paléontologie Humaine in Paris (Teilnahme von Birkner,
Fraunholz, Merhardt, Wernerdt) >> Entdeckung eines Wildpferdkopfs auf einer Steinplatte, des Grabs eines etwa 30jährigen Mannes, Mammutgravierungen, viele Blattspitzen, Faustkeile.... |
ab 2018 | Neuaufnahme der Grabungen durch des Instituts für Vor- und Frühgeschichte in Erlangen > https://www.uf.phil.fau.de/abteilungen/aeltere-urgeschichte/projekte-der-aelteren-urgeschichte/ausgrabungen-in-den-klausenhoehlen-bei-essing/ |
Literatur:
Birkner, F. |
Ur- und Vorzeit Bayerns", München 1936 |
Birkner, F. |
Die eiszeitliche Besiedlung des Schulerloches und des Altmühltales, München 1916 (Abhandlung der Königl. Bayer. Akademie der Wissensch. Math.-physik.Kl. Bd. 28,5) |
Floss, Harald, Huber, Nadine |
Bemalte Steine - mysteriöse Botschaften aus der Steinzeit, in: Archäologie in Deutschland 5-2015, S. 8ff. |
Fluhrer, G.J. |
Kleiner Führer zu der Exkursion zu paläolithischen Höhlenfundstellen im unteren Altmühltal am 15. Oktober 1972, München 1972 |
Fischer, Rupert | Die Klausenhöhlen bei Neuessig, herausgegeben vom Schulamt Kelheim 1956 |
Gschlößl, Roland | Erlebnis und Erkenntnis, Bayerische Archäologie 2-2022, S. 46f. |
Kaulich, B., Nadler, M., Reisch, L. | Führer zu urgeschichtlichen Höhlenfundplätzen des unteren Altmühltals, Erlangen 1978 |
Kaulich, Brigitte | Der Mensch der Eiszeit im Großen Schulerloch, in: Gruber und Gruber, Das Große Schulerloch, Essin 1984 |
Kühn, Herbert | Eiszeitkunst - Die Geschichte ihrer Erforschung, 1965 |
Mikeska, Detlef | Überregionale Vermessungsaktion in der Südlichen Frankenalb, Der Fränkische Höhlenspiegel Heft 51, Dezember 2003, S. 33 |
Mikeska, Detlef, Trappe, Dr. Martin, Miedaner, Helmut | Die Klausenhöhlen bei Essing, Sonderheft, Auszug aus den "Vermessungswochenenden im unteren Altmühltal 2003/2004 |
Mikeska, Detlef, Trappe, Dr. Martin, Miedaner, Helmut | Die Klausenhöhlen bei Essing, in: Karst und Höhle 2008-2010 Südliche Frankenalb - Region Altmühl- und Donautal, München 2010 |
Obermeier | IPEK Jahrbuch für prähistorische und ethnographische Kunst, Berlin 1925 |
ohne Verfasserangabe | Forschungen im mittleren und unteren Altmühltal, Der Fränkische Höhlenspiegel 7-1977 |
rg | Neues aus der Altsteinzeit - Bei den Klausenhöhlen im Altmühltal wird wieder gegraben, Bayerisch Archäologie 1/2020, 9ff. |
Rosendahl, Gaelle, Rosendahl, Wilfried | Les Découvertes Néandertaliennes dans les grottes Allemandes, Regards 32, 1998, S. 22 |
Schmid, Alois (Hg.) | Das Alte Bayern, C.H. Beck, München 2017 |
Links:
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