Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Ofnethöhlen, Ries

2019


"Am Westrand des Nördlinger Rieses liegt 0,8 km südwestlich von Holheim eine felsdurchsetzte Bergkuppe (Himmelreich) an der Landesgrenze von Bayern zu Baden-Württemberg. Knapp unter der Traufkante öffnet sich der gegen Westen exponierte Eingang, zu dem ein Pfad emporführt....Die Höhle erstreckt sich in einer Massenkalkscholle des Weißen Juras/Epsilon, die sich durch den miozänen Meteoriteneinschlag in paraautochthoner Lagerung befindet." (Karst und Höhle 1993, S. 137)

Die Vermessung der Großen Ofnethöhle hat immerhin eine Gesamtganglänge von 55 m ergeben bei einem Höhenunterschied von 10 m. Ursprünglich war der Eingang in die Große Ofnet nicht so groß wie heute. Seine heutige Gestalt "verdankt" er einer Sprengung, die R.R. Schmidt, der damalige Ausgräber, vornehmen ließ. In der geräumigen Eingangshalle (L 8, B 8, H 9m) zweigen sowohl nach links als auch rechts kurze Seitenäste ab, die beide zu Tage führen. Besonders der rechte wird häufig begangen, was der inzwischen spiegelblank gewordene Felsboden bezeugt. Hier kann man durch eine kleine Öffnung wieder ins Freie. Wenn man sich mit Durchkriechriten beschäftigt, dann heißt es immer, daß die ganz frühen Menschen ihre Durchkriechriten in Naturhöhlen vorgenommen hätten. Hier wäre so ein Platz - ein großer Eingang, eine kurze Bückstrecke, eine zu durchschlupfende Öffnung wieder nach draußen.
Für den mehr speläologoisch interessierten Zeitgenossen bietet sich der Schlot am Ende der Halle an. Über gute Tritte und Griffe ist es möglich sich in die Höhe zu "schrauben". An einer Stelle verzweigt sich sogar der Weg. Über eine kleine Engstelle kann man noch höher schliefen, ehe man wohl schon ganz kurz unter der Erdoberfläche wieder umkehren muß.

Die Kleine Ofnethöhle hat nur noch eine ganz geringe Überdeckung. Ein einziger Raum ist begehbar (L 12, B 7, H3). Nur auf der rechten Seite zieht sich nach oben noch ein enger Felsschlauch, dessen "Durchquetschung" wir aber mangels freiwilligen Opfers unterließen.

Berühmt, in manchen Publikationen heißt es sogar "weltberühmt", wurden die Ofnethöhlen durch die in ihr gemachten Funde. Mehrmals sind sie umgegraben worden, 1875-76 erstmals durch Oskar Fraas, 1901 und 1905 vom R.R. Schmidt, nochmals 1907 und 1908 durch Schmidt, zuletzt dann 1934 und 1936 durch E. Frickhinger und F. Birkner.

Ein Fund war es vor allem, der dem Ort eine Bedeutung verleiht. Man fand in zwei "Nestern" 33 menschliche Schädel (Bei Schmid, 2017, sind es 36), einmal 27 bzw. 6 davon. 9 Frauen waren es, 4 Männer und 20 Kinder. Die Köpfe der Frauen, der Kinder und Jugendlichen waren bedeckt von 205 durchlochten Hirschgrandeln und über 4000 durchbohrten Schnecken. Man fand nicht nur die Schädel, sondern auch die dazugehörenden Unterkiefer und Halswirbeln. Die Gruben, in denen die Schädel lagen, waren mit Rötel gefärbt worden. Alle Schädel waren nach Westen ausgerichtet, der Himmelsrichtung, aus der gegen Sonnenuntergang die Sonne direkt in die Höhle scheinen kann.

Das "Schädelnest" in einer Abbildung nach R.R. Schmidt

Höchst interessant ist Geschichte der Altersbestimmung der Schädel. Man ließ sie 1972 einmal an der Universität von Los Angeles mit Hilfe der 14C-Methode untersuchen und kam auf ein Alter von 13000 BP, als man es an der Universität von Köln noch einmal versuchte noch einmal mit der selben Methode versuchte kam man nur "noch" auf einen Wert von 6800 v. Chr.. "Wissenschaft..." (Bei Schmid, 2017, heißt es, die Knochen würden aus einer Zeit zwischen 6.570 und 6.020 v. Chr. stammen). Damit stammen die Schädel aus der jüngeren Phase der Mittelsteinzeit.

Wieso fehlen bei den Schädeln die Körper? Niemand weiß das wirklich. Um das Vakuum zu füllen, werden "Theorien" in die Welt gesetzt. Die beliebteste ist die, die Menschen seien bei "rituellen Handlungen geopfert worden"., die Kannibalismusthese.

Wer im Internet heute nach Ofnethöhle schaut, der findet natürlich diese Deutung grob in den Vordergrund gerückt. Außerdem gibt es da noch eine sehr seltsame Erscheinung. Viele, viele Seiten mit einer Anknüpfung an die "Ofnethöhle", allein das hat überhaupt nichts mit "Höhle" zu tun, sondern eher mit "Kampfhunden", komisch.

Eine Reise durch die Zeit...

  Große Ofnethöhle Kleine Ofnethöhle
1966
1984
2000
2015
 2019


 

Weitere Bilder von der Höhle und der Umgebung:

 
     
2019/2015
2019/2015

 


 

Der Nachbau der Ofnethöhle mit den Schädeln in der Ausstellung "Aus Bayerns Höhlen" am Karolinenplatz in München, Februar 1979


Literatur:

Frickhinger, E.  Das Himmelreich mit den Ofnethöhlen, Schwabenland, 1939
Glaser, Stefan Krater, Gläser und Trümmermassen - Der Meteoritenkrater "Nördlicher Ries", in: Look, Ernst-Rüdiger, Feldmann, Ludger, Faszination Geologie - Die bedeutendsten Geotope Deutschlands, Stuttgart 2006
Graichen, Gisela Das Kultplatzbuch, Bechtermünz Verlag, Augsburg 1997
Glowatzki, Georg Entdeckungen an Schädeln, Süddeutsche Zeitung Nr. 101, 3. Mai 1973
Kirchhöfer, Horst Die Ofnet-Höhlen - Ein kurzer forschungsgeschichtlicher Abriss zu den Grabungen, Der Fränkische Höhlenspiegel 65-2023, S. 71 ff.
Kyrle, Georg Theoretische Speläologie, Wien 1923, S. 318f.
ohne Verfasserangabe Verschiedenes, in: Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns, 12. Band, 1898, S. 63
Rind, Michael M. Menschenopfer, Universitätsverlag Regensburg, 2. Auflage 1998
Rosendahl, W. Geologisch-paläontologischer und archäologischer Streifzug durch das Nördlinger Ries,  Das Jahresheft 1995 - Ausgabe zum VDHK-Jahrestreffen 1996 in Blaubeuren, Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten, Grabenstetten 1996, S. 78ff.
Schmid, Alois (Hg.) Das Alte Bayern - Von der Vorgeschichte bis zum Hochmittelalter, C.H. Beck, München 2017
Seitz, Helmut Besuch in der Unterwelt, Die Gruft der 33 Schädel, Süddeutsche Zeitung Nr. 180, 6. August 1991
Stein, Gerhard Zu Geschichte und Befunden der Ausgrabungen in den Höhlen Große und Kleine Ofnet bei Nördlingen, Jahresbericht der Höhlenforschergruppe Rhein-Main 12, 1990, S. 228 - 232

 

Links:

https://www.geopark-ries.de/freizeit/a-z/ofnethoehlen-21902/

https://www.lfu.bayern.de/geologie/bayerns_schoenste_geotope/38/index.htm

http://www.naturdenkmale-donau-ries.de/noerdlingen/ofnethoehlen.htm

Die Ofnethöhlen und weitere Höhlen am Rand des Rieses / Bayern

 


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