Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Speläologisches im oberen Wiesenttal 2

zwischen Treunitz und Hollfeld
Fränkische Schweiz


4 km von der Quelle in Steinfeld fließt die Wiesent durch ein kleines Dorf, Treunitz. 1829 charakterisierte Heller in seinem Buch über die Fränkische Schweiz den Ort so: "Ober- und Unter-, sind zwei unbedeutende Orte an der Wiesent in einem sehr romantischen Felsenthale; sie gehören zum Herrschafts-Gerichte Thurnau, und haben 200 Einw. Es wird hier viel und feines Garn auf der Spindel gesponnen; auch in anderen Orten der Nähe."

     
     

 

Johann Engelhardt, um 1868 Pfarrer in Königsfeld, war bei seinen Forschungen nach "Urwohnungen", hob gerade Treunitz, dessen alten Namen "Truinizza" er nicht vergaß auch anzugeben: "Wir eilen dem Thale der Wiesent entlang auf das heutige Treunitz zu, um hier so recht in das alte Thal der Bewohner aus der Steinzeit zu gelangen. Eine ganze Ansiedelung ober- und unterhalb Treunitz mit den hervorragend ausgeprägtesten Merkmalen empfängt den natur- und historisch forschenden F

reund." (Engelhardt 69).

Die "Urwohungen oberhalb von Treunitz werden auf der Webseite "Wiesenttal 1 - Von der Quelle bis Treunitz" beschrieben.

Unterhalb von Treunitz machte er drei Höhlen aus, die in seiner Untersuchung auftauchen: die Bettellöcher (Nr. 3 und 4) und das Spitzbubenloch (Nr. 5).

Folgt man der Straße von Treunitz in Richtung Freienfels/Hollfeld, so schlängelt sie sich im Talgrund seitlich dahin. Links ist eine Talflanke in der wiederholt Felspartien aus dem Nadelwalddickicht durchscheinen. In ihr liegt auch die "Treunitzer Kletterwand", die über eine Parkmöglichkeit seitlich der Straße leicht zugänglich ist. In dieser Flanke zwischen den beiden seitlich abzweigenden Wegen liegen die in den Kataster aufgenommen drei Höhlen, die allerdings heute ziemlich verborgen im Gelände sind. Die beiden "Bettellöcher" sollen in der Vergangenheit von "umherziehenden Zigeunern", so Engelhardt aufgesucht worden sein. Nach der These von Engelhardt ist für eine Wohnhöhle charakteristisch, daß es auch eine Feueresse und eine Quelle in der Nähe gäbe. Die "Feueressen" meint er in beiden Fällen neben der Höhle ausgemacht zu haben, es Quelle gibt es auch nicht mehr, aber er meint, daß es sie einst beim "letzten Haus in Treunitz" einmal gegeben habe, worauf noch heute ein Graben hindeute. Er versuchte dort Ausgrabungen zu machen, war aber offenbar nicht erfolgreich, weil er glaubte erkennen zu müssen, daß dies vor ihm bereits jemand getan hätte, um überhaupt die "Wohnungen wohnlich zu machen". Der Boden bestand nur aus einer gelber Mergelschicht, "in welcher sich nicht das Mindeste von Artefakten finden liess". (Engelhardt 70). 
In der "Wohnung Nr. 4 sei ein Durchgang mit zwei Öffnungen". Bei meinem Besuch des Areals 2020 konnte ich sie wohl nicht finden, denn auf so eine Höhlung bin ich nicht gestoßen. Es waren da ein paar Felsnischen, die gerade davor schützten, daß, wenn es regnete, man gerade nicht naß wurde, wenn man ganz hineinging. So einen Platz für einen längeren Aufenthalt herrichten zu wollen, erscheint mir ziemlich gewagt.

Dann gibt es noch das" Spitzbubenloch", "ca. 80' über der Talsohle". Zu Eberhardts Zeit war es unzugänglich, aber er hatte vor, es bald freizulegen. Die ersten Versuche schienen ihm erfolgversprechend, "der Raum im Innern ist sehr groß, was auf eine Vorrathskammer schliessen läßt", und es könnte sich zum eine Wohnung handeln, "da Thongeschirr und ein Pfriemen von Bein, sowie Knochenfunde" das Gesagte beweisen würden. Im Fränkischen Höhlenkataster ist es als "C 31" aufgenommen und wird da als "Kleine Felsengrotte mit niederem Eingangsstollen" geführt. Die Gesamtganglänge betrage 7 m.

Bei meinem Besuch 2020 versuchte ich die Höhlen zu finden und zu photographieren. Das war nicht einfach, denn die gesuchten Objekte sind nicht auffällig in einem wild überwucherten Gelände. Ein ausgetretener Pfad geht mitten hindurch, meist unterhalb irgendwelcher Felsformationen, die wohl von den Klettern aufgesucht werden. Ich habe ein paar Felsnischen aufgesucht, aber ob es die sind, die im Kataster sind, weiß ich nicht. Es könnte sich auch um welche handeln, die bislang durch den Rost gefallen sind. Eine wurde offenbar in letzter Zeit als ein Unterstand benutzt, weil eine Seite der Nische mit Holzbrettern etwas zugemacht worden ist.

     
     

Die Kletterfelsen

Im Oktober 2021 startete ich einen neuen Versuch und hatte das Glück, daß die Straße durchs Wiesenttal gerade wegen Straßenarbeiten für den Verkehr gesperrt war. Von Treunitz war ein kurzes Stück zugänglich und so war es eher möglich einen strategisch günstig gelegenen Parkplatz zu finden. Tatsächlich, da war nur wenige Meter oberhalb der Straße ein Portal in einem herausragenden Felsen. Und es führte gleich in einen Raum dahinter. Und der hatte noch zwei weitere Öffnungen. Eine nach oben hinaus ins Freie und eine zu einem weiteren Eingang gleich daneben. Mit etwas Arbeit hätte man diesen Ort tatsächlich "bewohnen" können, damals als es noch richtige Bettler und fahrendes Volk gab. Bloß Verstecken vor dem Feind, das wäre hier nicht möglich gewesen, weil die Höhle viel zu nahe am Weg liegt.

Kleine Durchgangshöhle oberhalb der Straße

Weiter abwärts geht es im Wiesenttal. Wiesentfels ist ein kleines Schmuckstück entlang des Weges. Dann kommt ein Örtchen, das schon im Ortsnamen auf etwas speläologisch Relevantes hinweist, "Loch". Das namengebende Objekt liegt nicht zu übersehen direkt neben der Straße. Auf einer ziemlich aufdringlich gestalteten Webseite von Wiesentfels heißt es: "Wiesentfels ist Räuberhöhle..", was ja vielversprechend klingt, allerdings ist dieses Cookiegedudle mir zuviel und ich habe bislang nicht herausgefunden, wo wohl der Link in diesem Falle zwischen Höhle und dem Ort besteht.

2008

"Am südlichen Ortsausgang von Loch zeigt sich links in der Felswand neben der Straße ein klassisches Höhlenportal. Leicht ist es zu erreichen über ein paar ausgetretene Felsstufen. Eine Felskammer schließt sich an, dann wird es niedriger und kleiner, aber führt weiter in den Berg... Der Eingangsraum ist heute, 2020, auch für andere erheblich. Entlang der Decke sieht man mehrere Schlingen hängen, die extremen Kletterern heute als Hilfsmittel dienen, wenn sie sich in ihrem Übungsraum bewegen. Was suchen bloß Menschen unter der Decke eines Felsens? Sicherlich auch ihre Grenzen, die wohl immer schwerer auszumachen sind." Text 2020

Kurz nach Loch liegt an der linken Straßenseite, direkt neben der Straße und gleich beim Parkplatz auf der "falschen" Straßenseite dann, der Eingang zu einer auffallenden "Höhle". Ein großer, nicht zu übersehender Eingang und dann "nichts" dahinter - die "Kühkirche". Drinnen ist praktisch nichts zu finden - außer den fäkalischen Rückständen ordentlicher Bürger, die nichts an der Erdoberfläche lassen, sondern halt alles lieber von ihr fernhalten. Irgendwann werden das auch "Koprolithen", wenn nicht vorher jemand reintappt.

"Doch jetzt ecce homo: Proktos der Schöpfung, jetzt wirste noch 10 000 Jahrn Fortschritt von der Steinzeit zum Informationszeitalter endlich aufs Klo gesetzt." Michael Hampe, Die Wildnis, Die Seele Das Nichts, Hanser, München 2020, S. 342

Nach ein paar Kilometer weiter, dann ist Freienfels erreicht. Am rechten Wiesentufer fällt gleich eine massive Felsengruppe auf, in der große Löcher klaffen, ein Paradies für moderne Kletterer. Sie ist auch im UmweltAtlas Bayern aufgeführt mit dem Hinweis, daß sich darin die "Wirtsteinhöhlen" befinden würden ( C 93-95). 

März 2021

Kurz vorher sind linkerhand der Straße Treunitz-Freienfels mehrere Häuser direkt vor die Felswände gebaut. Schaut man genau hin, dann ist dahinter auch noch etwas Raum für Felsnischen und kleine Halbhöhlen.

 

 


Literatur:

Brunner Das Skythenloch und die Höhle im Wirtstein bei Freienfels (Ofr.). Ztschr. Karst- und Höhlen­kunde, H. 3/4. Berlin 1941
Engelhardt, Joh. Urwohnungen und Funde aus der Steinzeit, Bericht der naturforschenden Gesellschaft Bamberg – 8: 55 - 91
https://www.zobodat.at/pdf/Bericht-Naturforsch-Ges-Bamberg_8_0055-0091.pdf
Heller, Josef Muggendorf und seine Umgebungen oder die Fränkische Schweiz, Nachdruck der 1. Auflage aus dem Jahre 1829, Palm & Enke, Erlangen 1979
Meyer Erläuterungen zur Geologischen Karte GK 25 Bl. 6033, Erl. 

Links:

http://www.treunitz.de/

https://www.hollfeld.de/startseite/

https://www.fraenkische-schweiz.com/de/touren/detail/5d832f0a6e386730f79806aa

file:///C:/Users/Franz/AppData/Local/Temp/41760-Artikeltext-134367-1-10-20171013.pdf

https://www.fraenkische-schweiz.com/de/poi/detail/578caf69975a545fbc1a34c2

Johann Engelhardt - ein Pionier der fränkischen Höhlenforschung

Oberes Wiesenttal


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