Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen im Ilmtal / Thüringen


Im mittleren Thüringen fließt als linker Nebenfluß der Saale die Ilm. Er ist rund 135 km lang. Sie entspringt im Thüringer Wald, fließt durch Ilmenau, dann über Weimar und Apolda bis zur Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt, wo sie ihr Wasser in die Saale ergießt.

Mit der Höhle im Hermannstein südlich von Ilmenau kann man bereits im Quellgebiet auf eine Höhle stoßen. Heute ist sie leicht über den Goethewanderweg von Ilmenau über Manebach am Aufstieg zur Jagdhütte am Kickelhahn zu erreichen. In der Flanke des 20 m hohen Porphyfelsens ist ein Felskluft, die man erweitert hat, so daß eine Felskammer entstanden ist, in der man sich gut aufhalten kann. Man nimmt an, daß sich dort im Mittelalter eine Wachstube befunden hat. Berühmt wurde dieser kleine Felsraum vor allem durch Johann Wolfgang von Goethe, der ihn mit den Worten "Sie ist mein geliebter Aufenthalt, wo ich möchte wohnen und bleiben" in einen besonderen Rang erhoben hat. Eine ganz besondere Note bekam der Ort dann, als er im Sommer 1776 sich mit der Frau von Stein dorthin zurückzog und dort Zeilen verfaßte, die heute auf Bronzetafeln um den Eingang herum zu lesen sind. Was hat sich hier wohl abgespielt?

Aus einem der 1.700 Briefe von JWG an Frau von Stein: "Heut' will ich auf den Hermanstein, und womöglich die Höhlen zeichnen hab auch Meisel und Hammer in  Inschrifft zu machen, die sehr mystisch werden wird...wenn ich so dencke, daß Sie mit in meiner Höhle war, daß ich ihre Hand hielt indeß sie sich bückte und ein Zeichen in den Staub schrieb..." Damm 74 Und da gibt es noch eine Stelle, in einem anderen Brieflein, wo es um das Küssen des S geht....

Man könnte sogar die Originale digitalisiert lesen unter: http://www.klassik-stiftung.de/forschung/digitale-dokumente/digitalisierte-bestaende/briefe-von-goethe-an-charlotte-von-stein/

 

Nordöstlich von Ilmenau wird eine große Muschelkalkzone erreicht, in der Teile des Flußwassers versickern und anderen Nebenflüssen der Saale zufließen. In den Talhängen gibt es eine Reihe von Höhlen.

Die auffallendsten sind die Oberfeldhöhlen bei Dienstedt (auch Dienstedter Karsthöhle genannt) und die Höhlenburg bei Buchfahrt.

2002 war ich zum ersten Male in der Gegend und damals entstand der folgende Text: "Bei Dienstedt, einem kleinen Ort im Ilmtal, sieht man am Ortsausgang auf einmal ein kleines Schild, das auf die Oberfeldhöhlen hinweist. Fährt man dann noch ein bißchen weiter Richtung Kranichfeld, dann ist da wieder eine Tafel, groß wie ein Straßenschild "Karsthöhle". Ein Parkplatz ist da, wieder eine überdachte Sitzgruppe. Den Weiterweg muß man erst ein bißchen erahnen, dann tut er sich kund als ein sehr gepflegter Grasweg. Über Rasen von Golfplatzformat erreicht man eine über die Ilm gebaute Holzbrücke für Fußgänger und dann über einen weiteren Grasweg den geschotterterten Wirtschaftsweg entlang der Ilm. Man folgt ihm nach rechts etwa 100 m und stößt auf einen aufwendig gestalteten Radlerparkplatz, sogar mit Schild. Eine große Tafel zeigt den Besuchern, wo sie sind. In meinem Fall war der Plural völlig unangebracht, weil ich alleine war. Keine Menschenseele weit und breit, bei einer solchen Anlage! Über Betontrittsteine und mich an einem massiven hölzernen Geländer von höchster Handwerkerqualität entlang bewegend, kam ich vollkommen abgesichert nach oben, vielleicht 15, vielleicht auch 18 m. Ein horizontaler Querweg war erreicht. Er verbindet alle drei bekannten Eingänge dieses für die Öffentlichkeit mit Hilfe von ABM-Gelder endgültig (v)erschlossenen Höhlengebiets. Wie hat es hier wohl vor der Erschließung ausgesehen? Ich hatte jedenfalls schnell eruiert, daß es da im Kern nur 3 massive Holztüren zu sehen gab, dicke Schlösser vor den Toren, kunstvolle Mauern, ein Hüttchen, das wahrscheinlich in diesem Falle weiße Bauhelme für die Besucher barg, und ein Schild, wohin man sich wenden konnte, wenn man "wirklich" dieses "Loch" besuchen wollte. Ich spare mir die Angabe der Telefonnummer, damit sich ein richtiger Speläolachmuskelmanipulator auch mal seine "Kohle" damit verdienen kann. Natürlich gab es auch eine würdige Tafel, wo die Ergebnisse, der wissenschaftlichen Forschungen auf "einen Blick" leicht und unmißverständlich erfaßbar waren. Die Menschen hatten sie längst schon entdeckt. Feuerstellen gab es in ihr (heute undenkbar, angesichts eines "Höhlenschutzes", der aus vollklimatisierten Energievollverschwendungsräumen heraus gesteuert wird - voll verboten). Feuersteinklingen, Knochengeräte, Scherben von Linienbandkeramikern hat man gefunden - heute undenkbar. "Leave nothing but footprints..." Vielleicht sollten wir heute eher die Wahlprogramme unserer Kanzlerkanditaten wieder in die "Höhlen" tragen und sie dort konservieren, damit künftige Zeiten sehen, womit heute versucht wird, uns als "Wähler" zu ködern. Später streiten das ja am liebsten die Gemeinten ohnehin nur noch ab.
"Much ado about nothing" - viel Geld für Nichts? Wäre weniger nicht mehr gewesen? Wäre es nicht hundertmal besser gewesen, man hätte die Höhle in dem Zustand gelassen, in dem sie eben in ihrem Zustand der Menschheitsentwicklung gerade gewesen ist, und hätte "abgewartet". So etwas ist offenbar heute nicht gefragt und außerdem kann man damit keine "Kohle" verdienen oder mindestens vom Arbeitsamt was abholen. Einige erfinden "Umsätze" (ENRON, WORLDCOM, ....., und andere wohl "Zukunft durch Höhle". Es ist gut, sich die Welt selber mal anzusehen. Sich auch die "Schattenseiten", vielleicht gar die "Nachtseiten" besehen. Wer sich traut..."

2015 waren wir wieder einmal dort und es hat sich, zumindest äußerlich nicht viel verändert. Natürlich waren wir wieder dort, als die Höhlen geschlossen hatten, so blieb uns nur ein kurzer Streifzug zu den Eingängen. 

2002 2015

 

Die Höhlenburg Buchfahrt, 1348 erstmals urkundlich erwähnt, ist schon von der Straße durchs Ilmtal visuell auszumachen, sind doch einige schwarze Öffnungen in der weißen Muschelkalkfelswand einfach nicht zu übersehen. Ursprünglich waren es 12 in den Fels gehauene Kammern, von denen noch 9 erhalten sind.
Ein Besuch lohnt sich kaum, weil auch aus der Nähe nicht viel zu sehen ist. Versuchen tun es offenbar doch viele, worauf ein Trampelpfad entlang der bröckeligen Felswand hinweist. Dann gibt es da ein eisernes Sperrgitter, das aber schon tausendmal umstiegen worden ist. Original ist an der Abmauerung der Felsnische wohl nur noch wenig, da kräftig renoviert worden ist. Auch hier hat man sich gegen die Vergänglichkeit gestemmt und so gut es wohl ging, wieder neu das Felsennest unter das Felsdach hineingemauert. Erreichbar ist es kaum, da müßte man schon ein ausgezeichneter Felskletterer sein oder eine lange Leiter dabei haben. Zu sehen wäre dann auch nicht viel, weil da außer der Felswand und der Mauer nicht viel mehr vorhanden ist. Daneben ist eine weitere ausgehauene Felskammer, die von Balkek gestützt wird. Folgt man dem Steiglein noch ein wenig weiter, dann wird es richtig gefährlich. Mit großen Stahlnetzen hat man versucht, das Herabbrechen der Felsmassen aufzuhalten, was aber ziemlich vergeblich ist. In dem zerfetzten Stahlnetz hängen schwere Felsbrocken und wurden sicherlich nur temporär hier oben gehalten. Es bröselt dauernd und man weiß nie, wann das nächste Steinpaket herunterbricht. Eine ungemütliche Gegend.

Buchfahrt

Es gibt noch weitere Höhlen......


Literatur:

Bechstein, Ludwig Unterwegs im Reisewagen, Bilder aus Thüringen, Greifenverlag zu Rudolstadt, 2. Auflage 1990
Bienert, Thomas Mittelalterliche Burgen in Thüringen, Gudensberg 2000
Corpus Corpus der Goethezeichnungen, 10 Bände, bearb. v. Gerhard Fremmel, Leipzig 1958ff.
Damm, Sigrid Sommerregen der Liebe. Goethe und Frau von Stein, Berlin 2015
Katalog im Auftrag des Freien Deutschen Hochstifts / Frankfurter Goethemuseum und des Goethe-Museums Düsseldorf / Anton- und Katharina-Kippenberg-Stiftung Reise ins unterirdische Italien, Grotten und Höhlen in der Goethezeit, INFO-Verlag 2002 (KATALOG Reise9
Lange, Klaus-Peter, Dreßler, Roland Thüringische Herrensitze an der Ilm, 1991
Pfeiffer, Siegfried Die Oberfeldhöhlen bei Dienstedt im Ilmtal, Der Höhlenforscher 4-1974, S. 55ff.
Feinboth, Fritz Goethes Besuche in Harzer Höhlen während dreier Harzreisen, Mitt. Verb. dt. Höhlen- und Karstforscher 68(3), München S. 60-63
Röder, Sabine Höhlenfaszination in der Kunst um 1800, Remscheid

Links

https://www.ilmenau.de/

http://www.thueringen-lese.de/index.php?article_id=379

http://www.gemeinde-ilmtal.de/karsthoe.htm

http://www.goethezeitportal.de/wissen/topographische-ansichten/orte-und-zeiten-in-goethes-leben-ilmenau.html

Streifzug durch Höhlen in Thüringen


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