Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Bruderhöhle bei Hirsau, D
"Autobahnen sagen: durchfahren, hier gibt's nichts zu
sehen. Das ist was für Idioten, die so schnell wie möglich von
einem Punkt zum anderen wollen. Wir machen hier keine Geometrie,
wir reisen. Such uns hübsche, kleine Seitenstraßen, die uns
alles zeigen, ws es zu sehen gibt."
Eric-Emmanuel Schmitt, Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran
Im Nordschwarzwald nach Höhlen zu suchen, das ist ein hartes
Brot.
Vor vielen Jahren haben wir mal auf der Ebersteinburg in der
Nähe von Baden-Baden ein HÖPHO gemacht. Das war eigentlich gar
nicht so weit weg, aber auf die Idee, dort einmal hinzufahren, um
nicht nur in der Theorie Höhlenfotographie zu betreiben, auf die
kam damals keiner. Und eigentlich ist diese "Höhle"
eigentlich wirklich eine?.
Sie ist es. Nicht weit von Hirsau im Nagoldtal liegt sie, an einer dieser "hübschen, kleinen Seitenstraßen". Wer nur immer nach möglichst langen und tiefen Höhlen schaut, der wird sie einfach übersehen. Was soll daran schon sein? Ein kleiner Hohlraum im Sandstein. 145 Meter über der Talsohle der Nagold gelegen. Mit Wanderwegen erschlossen. 800 m von der Brudersteige entfernt, 100 m höher.
Sie liegt im Mittleren Buntsandstein und ist durch "Auswitterung und Unterwaschung der festen Konglomeratbänke" (E. Fraas) entstanden. Eine Literaturquelle spricht davon, daß die Höhle um das Jahr 1480 bereits von einem Einsiedlermönch besiedelt gewesen sei. Noch heute sieht man in der Höhle ein paar von Menschen stammende Veränderungen. Eine massive Steinbank steht im Eingangsraum, dahinter ist eine Mauer, die wohl neueren Datums ist. Am auffallensten ist der Kamin, der in die Höhe zieht und früher sicherlich dem Rauchabzug gedient hat.
Die Höhle wird in einer Zwergensage erwähnt, wobei es heißt, daß ein Arbeiter aus dem Lützenhardter Hof des öfteren bei einem großen Felsen zwischen dem Hof und der Bruderhöhle sein Essen verzehrt habe. Sobald der Mann mal einen Kuchen bekam, und das war jedesmal der Fall, wenn man ein Brot gebacken habe, dann seien aus einer Spalte im Felsen ein winziges Männlein und ein ebensolches Weiblein hervorgekommen. Sie gingen erst wieder, bis er ihnen ein Stück vom Kuchen abgab. Dann nickten sie und schlüpften wieder zurück in die Felsspalte.
Sie spielt auch eine Rolle in dem 1898 erschienenen Roman "Der Mönch von Hirsau" von Auguste Supper. Der "Bruder Simon aus der Höhle" taucht darin mehrfach als Retter und Heiler auf und in seiner Wohnstätte treffen sich gegen Ende zwei Verliebte, der "Graf" und die "Schwester eines Calwer Kaufmanns", "Farn- und Brombeerranken nickten um sie her, und in den Wipfeln rauschte es wie alte Mären."
Es existiert ein Sepia-Aquarell des Höhleneingangs von August Seyffer, das vermutlich aus dem Jahre 1815 stammt.
An der Brudersteige in Hirsau Der Eingang |
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Der Eingangsraum | ||
Der innerste Raum | ||
Spinnen mit Kokon | ||
Zeitgenössisches | ||
Literatur:
Rathgeber, Thomas |
Die Bruderhöhle (7218/1) bei Hirsau, eine Einsiedlerklause im Nordschwarzwald, Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland Nr. 36, Stuttgart 1994, S. 11-21 |
Rathgeber, Thomas | Die Bruderhöhle bei Hirsau im Nordschwarzwald, Jahresbericht der Höhlenforschergruppe Rhein-Main 16, 1994, Frankfurt 1995, S. 13-23 |
Links:
http://www.schwarzaufweiss.de/Schwarzwald/hirsau.htm
http://www.mein-schwarzwald.de/index.shtml?calw_wandern
http://home.eplus-online.de/edrosos/wanderung_1.htm
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