Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Zwiefaltendorfer Höhle, Schwäbische Alb


In unserer immer mehr alles Zeitmaß verlierenden Welt, die so oft stolz herausstellt, daß man 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche und 365 Tage im Jahr verfügbar ist, also keinen Ruhetag mehr kennt, da ist es selten geworden, daß jemand seinen Laden auch einmal dicht macht. Wenn es sich um eine Wirtschaft handelt und um einem Sonntag, dann passiert das sehr selten.

Was diese Gedanken mit Höhlen zu tun haben? Nun, wer die Zwiefaltendorfer Höhle auf der Südlichen Schwäbischen Alb einmal selber sehen möchte, der muß ins Gasthaus "Zum Rössle" in Zwiefaltendorf, und das hat, traditionsgemäß, am Sonntag einfach zu. Schon zweimal waren Willi Adelung und ich auf unseren meist an Sonntagen stattfindenden Touren auf die Schwäbische Alb dort vorbeigekommen und hatten nur ein geschlossenes Etablissement vorgefunden. Es dauerte bis zum Mai 2008, da war ich an einem Pfingstmontag da, daß ich mit über 40 Jahren Abstand wieder einmal hinab in den Bierkeller mit der Höhle selber steigen konnte. Ich hatte noch in Erinnerung, daß wir, das waren Georg Kellerer, Sigi Tange und ich, damals noch von der Wirtsstube aus hinab in die Tiefe gelangten. Tatsächlich ist es heute ganz anders.

Das Rössle war an diesem Tag, bei herrlichem Sonnenschein an einem Frühlingstag mit frisch aufgeblühter Vegetation, einfach voll. Der Laden brummte, alle Tische waren besetzt mit Ausflüglern, der junge Wirt kümmert sich noch selber um die Gäste, das Essen wohlschmeckend und nicht erst zu einem fast unbezahlbaren Preis zu haben. Es gibt auch ein Hinweisschild auf die Höhle, das potentielle Besucher darauf hinwies, daß zu jeder vollen Stunde eine Führung möglich sei, sofern entsprechendes Personal zur Verfügung stehen würde. Kurz nach 12.30 Uhr bestellte ich meine Käsespätzle, aber es dauerte ein wenig, bis sie wohl frisch zubereitet waren. Die 13 Uhr-Marke verstrich und nichts rührte sich. Um 13.15 Uhr war ich mit dem Essen und dem Bezahlen fertig. Noch immer nichts. Ich fragte den Wirt, ob es heute keine Führung geben würde, er verschwand in der Küche und kam mit der guten Nachricht zurück, daß eines der Mädchen mitkommen würde. Nun rief er in den Gastraum hinaus, daß, wer Lust hätte, die Höhle zu sehen, mitkommen könne. Schlagartig leerte er sich und ein ganzer Pulk an Erwachsenen und Kindern folgte dem Mädchen aus der Küche. Es ging durch den schmalen Gang hin in die Halle mit den Braukesseln. An der Wandseite öffnete sich eine Betontreppe in die Tiefe. Und noch eine Ebene, und noch eine. Als der Brauereikeller im 1892 ein viertes Kellerstockwerk bekommen sollte, da stießen die Arbeiter auf einmal auf Hohlräume unter ihnen. Das war der Eingang in die Höhle. Bereits zwei Monate später war der unterirdische Hohlraum erschlossen und feierlich eröffnet.

Die Höhle liegt 10 m unter der Erdoberfläche, hat eine Länge von 27 Metern, eine Breite zwischen 2 und 3 Metern und eine Höhe von 3-4 Metern. Anfänglich bestand sie aus 3 Räumen, die durch Verengungen verbunden waren. Die wurde ausgeräumt, so daß man heute einfach durch den Gesamthohlraum gelangen kann. Im Norden ist sie auf 2 Etagen ausgebildet. Sie liegt in dem Kalktuffkegel den die Aach, der Fluß in 30 m Entfernung, parallel zu ihrem Lauf ins Donautal hineingebaut hat. Die Höhlensohle fällt nach Süden zu gleichsinnig zum Aachtal. Von dort tritt kein Wasser in die tiefer liegende Höhle ein, aber von der etwas weiter weg liegenden und nur 4 m tiefer fließenden Donau dringt bei Hochwasser Wasser in die Höhle und macht sie zeitweise unbegehbar. Unsere Führerin erzählte uns, daß noch 1 Woche vorher 1 m tief das Wasser in der Höhle gewesen sei.

Die anfängliche Beleuchtung der Höhle durch Magnesium und Kerzen sorgte für eine massive Rußablagerung auf den Tuffwänden und Tropfsteinen. Wir bekamen zwar eine andere Geschichte erzählt, nämlich daß die Schwarzfärbung daher rühre, daß von oben her kein Wasser mehr eindringe, weil die Oberfläche eben asphaltiert und damit versiegelt sei, aber ob die richtig ist?

Man kann das Alter der Höhle ziemlich gut abschätzen, weil die Kalktufflager, in denen sich die Höhle gebildet hat, sich erst im Holozän gebildet haben, was ein Höchstalter von 8 000 Jahren bedeutet.

Übrigens war die Zwiefaltendorfer Höhle nicht der einzige Naturhohlraum, den man in der näheren Umgebung entdeckt hat. Es gab noch 3 weitere, die 1892 bereits erkundet hatte, mal beim Bau eines Holzlagerplatzes, beim Steinbrechen und bei der Ausschachtung eines weiteren Lagerbierkellers.

2014 anläßlich von HÖREPSY
     
 
     
> Das Haus über der Höhle
     
Der Zugang
     
 
     
 
     
 
     

Literatur:

Binder, Hans Höhlenführer Schwäbische Alb, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart und Aalen 1977
Jantschke, Herbert Höhlen im Kartenblatt 7723 Munderkingen, Materialhefte zur Karst- und Höhlenkunde (MKH) 12, 1992, S. 8-102, Heidenheim April 1992

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