Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Der Mont Granier und seine Höhlen, Isère, F


Der Mont Granier bildet den nördlichen Pfeiler der Hochplateaus im Osten der Chartreuse. Seine Nordseite ist von Chambery aus unübersehbar: 600 m hoch ragt sie in den Himmel. Dort ist die Schichtung des Gesteins sehr gut zu sehen: Obenauf sind 300 m Urgonienkalk, darunter eine rund 100 m dicke Schicht aus mergeligem Gestein aus dem Hauterivien, darunter befindet sich eine weitere, leicht rötliche und feuersteinhaltige Schicht aus dem Valangien. Die Neigung der Schichten beträgt zwischen 10 und 15 Grad in Richtung Osten.

Was sich hier heute noch zeigt, das ist der letzte Landschaftsrest einer früher viel größeren Einheit, die allmählich im Vergehen begriffen ist. Am Granier geht das manchmal plötzlich und für alle mitzubekommen vor sich. Berühmt ist er für die Nacht zwischen dem 24. und 25. November 1248. Da brach ein riesiges Stück Fels ab und raste zu Tale. Man schätzt die heruntergekommene Felsmenge auf 500 Millionen Kubikmeter Gestein, die gleich mehrere Dörfer unter sich begruben. Früher nannnte man eine Zahl von 5.000 Toten, heute hat man die Zahl reduziert auf ca. 1.000. Gaben gleich darauf christlich angehauchte Kommentatoren an, daß es sich da um eine Gottesstrafe für begangene Sünden handele, treten heute Geologen mit Hypothesen an, die an der Gleitfähigkeit des Kalkgesteins auf Mergel ansetzen. Tun kann der Mensch bei diesen Dimensionen ohnehin nichts. Er hat Sperrzonen ausgewiesen, wo es gefährlich ist sich aufzuhalten, aber aufhalten sind die Gesteinsmassen nicht. So gab es am 9. Januar 2016 einen weiteren Abbruch an der vordersten Kante des Berges um 5 Uhr früh. 300 m vor den nächstgelegenen Häusern blieben die letzten Felsbrocken liegen. Monate später der nächste Bergsturz, sogar gefilmt und ins Internet gestellt. In den Höhlen hat man Meßgeräte angebracht, um eventuelle Bergbewegungen vielleicht vorher schon feststellen zu können. 

Die Forschungen in den Höhlen haben gezeigt, daß sich die Entwässerung des Gebietes immer wieder verändert, ja man will sogar eine Rotation der unterirdischen Abflußwege im Laufe der Jahrhunderttausende (Hobléa u.a. 94) im Berg feststellen haben können. Heute ist die gefaßte source des Éparre in 950 m Seehöhe der Ort, wo das meiste Wasser aus dem Massif wieder zu Tage tritt. 

Einige Höhlen waren immer schon bekannt, insbesondere die Balme a Collomb, durch die einer der populärsten Aufstieg zum Gipfel führt. In dieser Höhle gelang 1988 zwei französischen Höhlenforschern, M. Papet und P. Guichebaron, ein Durchbruch in einen niederen, bewetterten Höhlengang. Sie gelangten in große horizontale Gänge, ein fossiler Wasserablauf, und fanden darin einen ziemlich einzigarten Friedhof mit Höhlenbärenknochen. Die Tiere waren in der Zeit zwischen 25.000 und 40.000 Jahren im Winter zum Winterschlaf hierhergekommen und so manches dieser Tiere ist hier gestorben. 1989 und 1990 wurden zwei Höhlengrabungen durchgeführt, weitere Forschungen folgten, heute kann man die Fundstücke in einem eigenen Höhlenbärenmuseum in Entremont-le-Vieux anschauen. Der Zugang wurde aus naheliegenden Gründen verschlossen und an einem Tag im Jahr gibt es eine allgemeine Besichtungsmöglichkeit. 

Schon in den 60er Jahren und vor allem im Zeitraum zwischen 1990-2000 wurde intensiv, vor allem durch den Spéléoclub de Savoie, aber auch anderen Höhlenclubs, an, auf und in diesem Berg geforscht. In einem 2010 erschienenen Werk heißt es, es gäbe dort schon 454 bekannte Höhlen und 75 km vermessene Höhlenstrecken - und das alles auf einem Plateau von nur 2,8 km² Grundfläche. Die größte Höhle ist das Graniersystem mit 55 km Länge und einem maximalen Höhenunterschied von 631 m. Es gibt viele viele Eingänge, die Namen tragen wie Arva, Bib, Cuvée des Ours, Étoile, Myriades. Man will festgestellt haben, daß sich vier verschiedene Höhlenniveaus unterscheiden lassen.

Der beliebteste und meist benutzte Aufstieg auf den 1.933 m hohen Granier führt von La Plagne zuerst auf den Col de l'Alpette (1547 m). Dort trennen sich die Wege zwischen denen, die auf den Granier wollen und denen, die lieber das weite Almgebiet von Alpe-Alpette besuchen. Beim Pas des Barres geht es steil nach oben - mit Seil und Eisenstangen gesichert. Dann sieht man schon die Hochebene und den Gipfel. Für den Rückweg kann man den Weg über die Balme a Colomb wählen.

 

  Juli 2017 am Col du Granier

 

 
> Der Granier vom Col d'Alpette
< Von "Alpette" aus Richtung Granier geschaut

> Vom Col de l'Alpe Richtung granier geschaut

 

 Höhlenbärenmuseum in Entremont-le-Vieux

 

 

 

 

Literatur:

Bourgeois, Denys Savoie Quelques nouvelles des fronts..., Spelunca 111 2008, p25-30
Comité Départemental de Spéléologie de la Savoie « Grottes de Savoie », Tome 17, Atlas du Granier souterrain
Hobléa, Fabien, Nant, Jacques, Durand, Robert, Sibert, Éric, Bourgeois, Denys Le karst du Granier, Chartreuse et son  méga-réseau souterain, KARSTOLOGIA Mémoires, n° 19  2010, Responsable d'édition Philippe Audra, p 210f
Lismonde, Baudouin, Drouin, Philippe Chartreuse Souterraine, édité par le CDS de l'Isère 1985
Nant, Jacques Bilan 1992 des explorations sur le Massif du Granier (Chartreuse), Spelunca n°51 / 1993 / pages 13-24
Papet, Marc, Guichebaron, Pierre La Balme a Collomb, Spelunca n° 42/1991, pages 13-22
Philippe, Michel La Balme a Collomb et ses ours des cavernes, Speleologie en Savoie, CDS 73 1991, pages 31-38

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