Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Coumo d'Hyouernedo, Pyrenäen, F


In dem 1977 veröffentlichten Buch von Pierre Minvielle "Grottes et Canyons" heißt es noch, daß der "Réseau Trmome" bei Arbas im Departement Haute-Garonne im Moment gerade mal 30 km lang sei, aber die Aussichten, einmal die größte Höhle Frankreichs zu werden, "inégalables" seien, auf deutsch "unvergleichlich". Das hat sich bestätigt.

Als Eduard Martel einmal die Gegend des Massifs von Arbas am Nordrand der Pyrenäen besuchte, da erkundete er immerhin schon 8 verschiedene Höhlen und Schächte, und er wußte schon, daß es noch in Klammern gesetzte 33 weitere gäbe. Einen Plan der Grotte de Pène Blanque veröffentlichte er schon in seinem Klassiker "La France Ignorée", die "caverne de Goueil li Her" erwähnte er auch schon und einen Schacht namens "Poudac Gran" (Grand Puits). Auch er war nicht der erste. Natürlich. 1876 fand die ersten Forschungen in der Pèneblanquehöhle statt, aber vor denen war schon jemand dort. Archäologisch relevante Funde bestätigen das.
Robert de Joly und Norbert Casteret begannen schon 1930 mit der Erforschung von Schächten in dieser Region, aber schlechtes Wetter machte eine Erforschung des "Henne Morte"-Schachtes zunicht. "Henne Morte" deutet auf eine Frau hin, die in diesem Schacht ihren Tod gefunden hat. 1931 begann dann F. Trombe mit Forschungen in der Gegend und erkundete mehrere Schächte. 1941 wird der Henne-Morte-Schacht bis auf - 80 m begangen, 1941 dringen Casteret und Loubens noch tiefer vor, bis - 180 m. 1942 und 43 steigt Casteret immer noch weiter hinunter, auch den "Puits de la Tentation" mit seinen - 102m meistert er. Erst 1946, nach dem Ende des 2. Weltkriegs, unternimmt der Höhlenverein von Paris Expeditionen dorthin und man dringt bis - 250 m vor. Färbeversuche verlaufen ergebnislos. 1947 ist dann das große Jahr. Bei einer gemeinsamen Expedition zwischen der SC Paris, geleitet von F. Trombe, und der Höhlenforschergruppe aus den Pyrenäen mit Casteret und Loubens wird der Vorstoß erst von einem Siphon in - 446 m Tiefe gestoppt. Das ist der damalige Tiefenrekord für ganz Frankreich! Außerdem ist man Pionier auf dem Gebiet des Höhlenfilms. Marcel Ichac filmt man erstmals den Vorstoß von Höhlenforschern in unbekanntes Gebiet, beleuchtet hauptsächlich von bengalischen Lichtern und zwei Elektrolampen, die man mit Hilfe des französisichen Militärs betreiben kann. Die Szenen werden dann in den "actualités Pathé Journal" überall gesendet und später in dem Film "La Clef des champs" von Marcel Ichac verwendet.

1953 wird in der Grotte de Péneblanque von der SCP weitergeforscht und in den folgenden Jahren neue Teile gefunden. So geht es auch an etlichen anderen Stellen in dieser Region weiter. So durchtaucht Dr. Dufour den damaligen Endsiphon der Goueil di Her und öffnet damit völlig neue Perspektiven.1971 beginnt eine andere neue Phase. Zwei Expeditionen der Groupes Spéléologiques de Provence et des Pyrénées" beginnen erneut in verschiedenen Höhlen zu forschen, die man später zum "Réseau Marcel Loubens" zusammengeschließt. 2005 findet man eine Verbindung zwischen dem vergleichsweise hoch gelegenen Loubens-Systems und dem Trombe-Teil. Im Moment (2010) heißt es, die Höhle sei 115 km lang und habe einen Gesamthöhenunterschied von 1001 m. Hier ist sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Als Stéphane Boyer einmal einen Übersichtsartikel über diese Höhle für Spéléo, eines der hervorragenden Fachmagazine für die Höhlenforschung in Frankreich, verfaßt hat, da führt er alles auf ein Wort zusammen, das den Grundcharakter der Höhle beschreibt: "le gigantisme". Ein Blick ins Wörterbuch zeigt, was das heißt: "Riesenwuchs, Hang zum Kolossalen". Inzwischen hat das System schon 51 Eingänge!

Wer selber in die Gegend fährt und keine Informationen hat, der wird nicht viel von der Höhle mitbekommen. Auf den ersten Blick. Er kann durch Arbas, den Ort am Fuße des Massifs fahren und nirgends einen Hinweis finden. Auf der Ortstafel? Im Fremdenverkehrsamt? Irgendwo auf Schildern?

Wir konnten jedenfalls nicht ausmachen, als wir im Juni 2010 dorthin kamen. Wir hatten ein paar Informationen aus diversen Quellen und standen deshalb nicht ganz verwirrt in der Gegend. Am Ende haben wir es doch geschafft, den Eingang zum tiefsten Punkt der momentan längsten französischen Höhle zu finden, der Goueil di Her. Das war nicht einfach, denn nirgends gibt es auch nur den geringsten menschlichen Hinweis darauf , wo die Höhle ist. Man muß schon die Natur "lesen". Da ist ein Bach und dort ist keiner. Hier ist ein Pfad, dort ist keiner. So irrten wir erst ein wenig herum, eh wir dann zum Ausgangspunkt zurückkehrten. Und dort war dann ein Mann, der uns helfen konnte. Wir bekamen einen Teil seiner Lebensgeschichte mit und dann den entscheidenden Hinweis. Ja, dort wo wir nach links abschwenkt waren, da hätten wir rechts weitergehen müssen. Das haben wir dann auch getan. Wenige andere scheinen gerade vor uns gewesen zu sein. Überall Moosbewuchs und kaum Trittspuren darin. "Höhlenverdächtig" war die Schluchtsituation, aber erst auf den letzten Metern zeigte sich dann tatsächlich ein Höhlenportal. Da war er auf einmal, der Eingang in die momentan längste Höhle Frankreichs! Im Grunde sieht er auch nicht anders als unendlich viele andere auf der Welt. Ein paar Meter gingen wir noch hinein, gerade soweit, wie die kleine Lampe, seine "Rachenleuchte", mich geführt hat. Dann tauchte da im fahlsten Licht ein Abbruch vor mir auf, ich drehte um, schoß noch ein paar Bilder und wir hatten genug, für diesmal.

   

 


Filme:

http://www.youtube.com/watch?v=b3bgnuroNMc
http://www.dailymotion.com/video/x3tu4r_bivouac-3-etoiles_sport

Literatur:

Boyer, Stèphane Coume Ouarnede, spéléo n°3-Décembre 1990, Janvier-Février 1991, p 3ff.
Duchêne, M, Drillat, P.A. La Coumo d' Hyouernedo, 1986
Courbon, P., Chabert, C. Atlas des grandes cavités mondiales, 1986
Minvielle, Pierre Grottes et canyons, Denoel 1977
Doaré, Pascal La Traversee Henne-Morte-Commingeois, Grottes & Gouffres 106-1987, p 27ff.
Martel, Eduard La France Ignorée
Chabert, Claude Descente au gouffre de la Henne-Morte, Grottes & Gouffres 110-1988, p 30ff.
Duchene, Maurice Le Reseau Marcel Loubens, Spelunca 1-1975, p 27ff.
Audra, Philippe, responsable d'édition Grottes & karsts de France, Karstologia Mémoires, n° 19 2010

Links:

http://lacoume.free.fr/
http://www.ulsa.org.uk/rants/rant.php?rant_id=525
http://cds31.free.fr/Htm/la_coume.htm
http://gaspeleo.over-blog.com/article-30977975.html
http://www.cartesfrance.fr/carte-france-ville/31011_Arbas.html
http://www.ladepeche.fr/article/2000/02/05/98435-Massif-d-Arbas-31-cinq-speleos-retrouves-apres-trois-jours-d-angoisse.html
http://www.cc3v-commingespyrenees.fr/component/content/article/29-les-communes/22-herran.html
http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/bspf_0249-7638_1986_num_83_7_8760
http://www.plongeesout.com/articles publication/historique/goueil di her 1958/goueil di her recit 1958.htm

Landschaft und Höhlen in den Pyrenäen

 


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