Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Speläologisches in der Umgebung von Orgnac, Ardèche
Als "Batras" haben die Einheimischen den Schachteingang in das heute Aven d'Orgnac genannte Höhlensystem mit seinen 5 km bekannter Ganglänge schon immer gekannt. Robert de Joly hat ihn am 19. August 1935 mit seinem Team erstmals befahren. Nach heutigen Maßstäben war das keine überwältigende Leistung. Auf einer Leiter stieg er bald 40 m in die Tiefe und erreichte den Höhlenboden. Unten landete er wohl auf einem Haufen Müll, denn das Loch wurde damals als willkommene Müllkippe.
Es mag einem heute befremdlich vorkommen, was man damals
getan hat, aber das war einfach die Praxis damals - und verhält sich die
Menschheit heuzutage wirklich anders? Im Kleinen Walsertal verfüllte man in
der Nachkriegszeit einen tiefen Schacht, den Ladstattschacht,
mit den Fäkalien der Gemeinde bis nichts mehr weiter hineinging. Als das
ruchbar wurde, wurde damit aufgehört und die Verantwortlichen bekamen eine
Geldstrafe von 25 DM für ihren Frevel, mehr passierte ihnen nicht.
Heute wird daran gearbeitet, das im Übermaß vorhandene CO2 wieder in den
feinen Fugen der Erde zu verpressen, damit es nicht weiter das Klima negativ
beeinflußt. Ob das wirklich hilft, wer weiß das schon? Oder wohin soll der
leidige Atommüll? Hinein in die Erde, hinein in ein "Endlager"!
Ist da damit "weg"? Jedenfalls aus dem "Sinn".
Bis dann vielleicht jemand kommt und "nachschaut"!
Den Schacht kann man heute touristisch befahren. Man bucht
die Tour, bekommt die Ausrüstung und wohl ein entsprechendes Kurztraining
und ab geht die Post. Dann darf man die umfangreichen Sperrmaßnahmen um den
Schacht herum umgehen und kann sich mit einem Guide in die Tiefe abseilen.
Steht man dann unten im "Salle de Joly", einem riesigen Hohlraum
von 125 m Länge und 90 m Breite auf einem Kegel. Heute nimmt man an, daß
er vor ca. 6 Millionen Jahren entstanden ist, als noch ganz andere
geologische Verhältnisse als heute hier geherrscht haben. Inzwischen sind
in dem Saal wieder sehr große Tropfsteine in die Höhe gewachsen. 2
Haupttypen gibt es: die "piles d'assiettes", die
Tellerstapelsäulen, und die "palmiers", die
Palmenstammstalagmiten. Der höchste und prächtigste davon ist der
"pomme de pin", der Tannenzapfen.
Alles ist noch heute in einem ausgezeichneten Zustand und bestens
ausgeleuchtet. In einer großen Wandsinterform, dem "Buffet
d'orgue", dem Orgelkasten, steht mittendrin eine Urne. Sie birgt das,
was von dem Entdecker der Höhle, Robert de Joly, heute noch übrig ist.
Damit reiht er sich in die kurze Reihe von Höhlenforschern ein, die
ebenfalls lieber in einer Höhle als auf einem Friedhof beerdigt sein
wollten, wie Hermann Mayer in der Lurgrotte/A und Alexander von Mörk in der
Eisriesenwelt/A.
Hier setzen die Schächte an, die in die Tiefe und zu den riesigen Fortsetzungen des Höhlensystems führen, die aber nicht für das breite Publikum geöffnet sind. Es gibt noch 2 weitere Zonen: in eine werden regelmäßig ganzjährig speläologische Führungstouren unternommen, eine andere wird nur sehr selten betreten und soll möglichst im Urzustand verbleiben.
Es geht immer weiter nach unten, über den Chaossaal, in dem mittels raffinierter Lichttechnik den Besuchern ein tropfendes, von hinten beleuchtetes Wasserspektakel auf der Spitze eines Riesenstalagmiten vorgeführt wird, hinunter in den "Roten Saal". In 120 m Tiefe ist auf einer großen Besucherplattform Ende. Eine künstlerisch gestaltete Lightshow, untermalt von eigens dafür komponierter Musik der Brüder Cleophas, markiert den Umkehrpunkt. Es sind nur noch ein paar Schritte bis zum Aufzug, der in wenigen Minuten im Aufzug zurück an die Oberfläche befördert. Umgekehrt können auf diese Weise auch Behinderte, etwa im Rollstuhl, in die Höhle gebracht werden, die damit zu einem Punkt in der Unterwelt, der für sie ansonsten vollkommen unzugänglich wäre.
Mit großem Aufwand hat man neben der Schauhöhle die "Cité de la Préhistoire" errichtet. In ihm werden dem Besucher mittels ausgeklügelster Technik die letzten 350.000 Jahre der Menschheitsentwcklung vorgeführt. Von den Anfängen mit einfachen Steinwerkzeugen, die man in nächster Nähe einmal ausgegraben hat, geht es entlang des Zeitstrahls durch die Geschichte des Menschen. Kommt man zum passenden Zeitpunkt, dann kann man Steinwerkzeuge selber machen, mit Bogen schießen, in einem einfachen Zelt sitzen, sich Filme anschauen oder am Tasttischen auch selber spüren, was einmal Alltag gewesen war.
Draussen geht es dann zurück zum Parkplatz, kann noch den oberen Schachteingang besichtigen, vielleicht einem Themenwanderweg um die Höhle folgen oder in einem Laden einkaufen, wo regionale Produkte angeboten werden.
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Das Eingangsgebäude | ||
Der Ersterforscher - Robert de Joly
am Entdeckungstag |
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Sonnenstrom für die
Höhlenbeleuchtung 2024 |
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Die Urne de Jolys | ||
Hundeverbot in der Höhle! | ||
Im Prähistorischen Museum | ||
Karst und Küche |
Literatur:
Balazuc, J. | Spéléologie du département de l'Ardèche, 1956 |
Minvielle, Pierre | Guide de la France souteraine, Tchou, Éditeur, 1970 |
Minvielle, P. | Grottes et Canyons, Ed. Denoel, Paris 1977 |
Links:
https://www.provence-info.de/sehenswuerdigkeiten/aven-dorgnac/
https://www.france.fr/de/artikel/die-grotte-von-aven-orgnac-und-das-museum-fuer-vorgeschichte/
https://avignon-tourisme.com/de/offres/aven-dorgnac-grand-site-de-france-orgnac-laven-de-4146119/
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