Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen im Tal der Cesse, Herault, F


Von Beziers kommend sind es noch etwa 50 km, die man, sich leicht nordwestlich haltend,  noch durch die Weinanbaulandschaft des Bas-Lanquedoc zurücklegen muß, eh man wieder hügeligeres Gebiet erreicht. Ab la Caunette wird es dann wieder richtig spannend. Die CARTE TOURISTIQUE pyrénées lanquedoc zeigt mit dem Erreichen des Schlucht der Cesse nur noch einen langen grünen Zusatzstrich. Zu recht. Schon von der Straße aus hat man einen aufregenden Blick in eine steile Kalkfelsschlucht, die in das ansonsten ziemlich flache, mit viel niederem Buschwerk bewachsene Plateau eingekerbt ist. Auch Nebentäler sind auszumachen, die etwas kleiner, aber doch sichtbar, seitlich wegziehen. Sofort reizte es mich, zu halten, die Wanderschuhe auszupacken und loszuziehen in diese Schluchten. Ein andermal.
Auf einmal ist rechts der Straße ein kleiner Ort zu sehen, ein winziger Parkplatz ist da, Minerve. Man läßt sein Auto zurück und geht zu Fuß über eine hohe Brücke hinein in den alten Ort. Erfreulich ist, daß hier nicht in jedem Haus schon ein Souvenierladen eingerichtet worden ist. Hier ein kleines Restaurant, da ein Museum über die Katharer, da ein kleiner Andenkenladen und ein Lebensmittelgeschäft. Bei der Kirche steht ein ganz besonderer Lochstein: das Loch hat die Gestalt einer Taube.

Der eigentliche Höhepunkt von Minerve ist für den Höhlenforscher aber nicht der malerische Ort selber, sondern die beiden Durchgangshöhlen am Grund der den Ort auf allen Seiten umfließenden Cesse. Hinweisschilder sind überall, der Eingang ist nicht zu übersehen.

Ein mächtiges breites Maul tut sich auf. An der rechten Seite ist noch ein Mauerrest, wohl das Überbleibsel eines früheren Besitzers des Geländes, der die Höhle für sich haben wollten. Ab und zu muß da es da aber ganz gewaltig rauschen, muß sich die Natur ihre Regionen wieder zurückerobern und alles menschliche Kunstwerk wieder beiseite schwemmen. So kann heute wieder jeder ungehindert in den sich ständig erweiternden Tunnel begeben. Licht braucht man keines für die Durchquerung, da, sobald es dunkel wird von der einen Seite, es auf der anderen Seite wieder hell wird. Kies bildet den Boden, auf dem man einfach durch die riesige Tunnelhöhle wandern kann. Seltsame Geräusche gibt es manchmal. Weiß man nicht, woher sie kommen, könnts schon richtig unheimlich werden. Sie stammen von Vögeln, die sich in die vielen Nischen des Durchgangs eingenistet haben und dort leben. Das andere Portal ist noch um ein Vielfaches größer. Man gelangt in einen Schluchtabschnitt, der im Frühjahr mit leuchtendgelb blühendem Ginster bewachsen ist. Auf der anderen Seite zeigt sich schon der nächste Höhleneingang - der zweite Durchgang. Er war unpassierbar, als wir am 25.3.2003 mal da waren. Ein See stand in dem vielleicht 50 m langen Tunnel.


Minerve 2011

Dynamische Höhlenfotographie in den Tunnels -

ein Ausbruch aus der traditionellen Fotographie nach einer Woche Teilnahme am
Internationalen Höhlenfotographentreffen in Olargues

 
 
 
Irgend jemand hat wohl angefangen, Steinmänner zu errichten. Das ist auf
fruchtbaren Boden gefangen. Dies ist wohl der Ort auf der Erde mit den
meisten Erscheinungenformen dieser Art. Die Menschen scheinen sich
richtig aufgefordert zu fühlen, auch selber eine Spur ihres Dagewesenseins
dort zurückzulassen.
Das wird nicht bis in die Ewigkeit andauern, das nächste Hochwasser wird
alle Türmchen wieder umwerfen - ein gutes Symbol für unser aller
Vergänglichkeit.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 


Cesseaufwärts gibt es noch eine ganz besonders wichtige Höhle. Sie hat viele Namen. Mal heißt sie Grotte Fauzan, mal Grotte de la Coquille, mal Grotte Aldène. Sie zu finden, ist nicht ganz leicht. Nirgends ein Hinweisschild unterwegs. Wir fragten eine Frau in dem kleinen Dorf Fauzan und bekamen schlüssige Antwort. Wir bogen in Dorfnähe auf einen Schotterweg ab, folgten ihm durch Weinfelder bis zum Ende und hielten auf einer bewuchsfreien Fläche am Rande des Canyons. Eine Pfadspur führte zu den ersten Felsen und dort tat sich eine kleine Felsschlucht auf mit einem Eisengeländer. Wir stiegen hinunter und da war das erste deutliche Zeichen, daß wir uns in einem besonderen Gebiet aufhielten - eine Informationstafel, daß wir uns in einem Naturschutzgebiet aufhalten würden, das wirklich geschützt werden sollte. Es folgten noch mehr Schilder. Eines wies darauf hin, daß jeder Besuch der Höhle vom Bürgermeister in Cesseras, einem nur wenige Kilometer entfernten Ort, zu genehmigen sei (Erlaßdatum um 1980). Ein weiteres bei der Höhle erklärte einem die Bedeutung des Orts für den Fledermausschutz, weiter drinnen lasen wir dann, daß der Besuch eines ganz bestimmten Teils, der heute abgeschlossen ist, nur mit Genehmigung wieder dieser Behörde erlaubt sei.
Der Mensch hat seit Anbeginn mit diesem Loch zu tun gehabt. Die Ausgrabungen durch das Archäologische Museum in Monaco fanden in der untersten Schicht die Spuren des Tautavelmenschen, was ungefähr 500.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung gewesen sein muß. Vor etwa 100 Jahren setzte man der Höhle besonders kräftig zu, da sind alle Besuche durch uns wirklich nur Kinkerlitzchen. Die Sedimente der Höhle wurden ausgeräumt und zu Dünger verarbeitet. In industriellem Maßstab machte man das, ein künstlicher Schacht wurde von oben hineingetrieben, um den Abtransport zu erleichtern. Noch heute kann man diese inzwischen verfallenen Anlagen oben sehen.
Unendlich viele Inschriften sind an den Höhlenwänden zu sehen, manche heute schon von hohem historischem Wert. Wahrscheinlich mußten sich auch damals viele Leute erstmal verstecken vor den jeweiligen Machthabern, bevor ihr Modell des Zusammenlebens populär geworden ist - "vive la republique" kann man da mehrfach lesen - wahrscheinlich regierte da draußen noch ein König, der alle, die das für nicht mehr zeitgemäß hielten, erstmal in seinen Kerkern verschwinden ließ. Ein steinernes Geschichtsbuch haben wir da vor uns.

Ein Tropfstein mitten im Dorf

- in Fauzan

Die Schlucht der Cesse

Höhlen am Weg zum Höhleneingang
Eingänge

Höhlenbewohner
  Die Reste der Phosphatfabrik
über der Höhle

Blicke in die Schlucht und am Weg zu ihr

 
 
Ein altes Brunnenhäuschen
 
 
 
 

In la Caunette

Der vom Hochwasser zerstörte alte Zugang im Flußbett der Cesse
Das meist vollkommen trockene Flußbett der Cesse
 
 
 
 
 
Hinterlassenschaften..
 
 
 
 

 


 

Literatur:

Eppel, Franz

Stationen der ältesten Kunst, Verlag Anton Schroll & Co, Wien-München 1963
Minvielle, Pierre Grottes et Canyons, Paris 1977
Ferrane, E. Les cavernes des environs de Minerve, Spelunca Memoires, Paris 1901
Galant, Philippe, Holvoet, Jean_Pierre Contribution à l'étude de la grotte d'Aldène, Spelunca n° 81, 2001, S. 23ff.
Audra, Philippe, responsable d'édition Grottes & karsts de France, Karstologia Mémoires, n° 19 2010

Links:

Minerve, Cathar village in the Hérault, Languedoc. Southern France Guide

minerve - Office de Tourisme

article karst carbonate seville

Minerve.

Minerve la cité qui a donné son nom à la région, le Minervois

http://www.languedoc-urlaub.de/ / macht Werbung für Ferienhäuser dort - ein Bild von mir wird auf dieser Webseite verwendet!

Streifzüge durch die Höhlen Südfrankreichs


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