Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Peak Cavern 

und einige frühe Reiseberichte von Besuchern, die aus einem Land kamen, das es damals noch gar nicht gab, Deutschland


Peak District


"Ein schmaler Weg, der sich von der Seite des Berges hinunterschlängelte, führte mich in das Tal hinab, bis in eine Straße von Castleton, wo ich eine Herberge fand, in welcher ich geschwind mein Mittagsmahl hielt, und unmittelbar darauf meinen Weg nach der Höhle fortsetzte.

Ein kleiner Bach, der mitten durch die Stadt fließt, führte mich an ihren Eingang.

Hier stand ich eine Weile voller Bewunderung und Erstaunen über die entsetzliche Höhe des steilen Felsen, den ich vor mir erblickte, an beiden Seiten mit grünem Gebüsch bewachsen, oben die zerfallenen Mauern und Türme eines alten Schlosses, das ehemals auf diesem Felsen stand, und unten an seinem Fuße die ungeheure Öffnung zum Eingange in die Höhle, wo alles stockfinster ist, wenn man auf einmal von der hellen Mittagssonne hinunter blickt.

Indem ich so voll Verwunderung da stand, bemerkte ich im dunkeln Eingange der Höhle einen Mann von wildem und rauhem Ansehen, der mich fragte, ob ich die Höhle sehen wollte, wobei seine harte Stimme in der Höhle einen starken Widerschall gab..."

So beginnt eine der lesbarsten Beschreibungen einer frühen geführten Höhlentour aus dem Jahre 1782. Sie wurde von dem jungen deutschen, man darf schon sagen, "Abenteuerreisenden", Karl Philipp Moritz verfaßt, und steht heute im Rahmen einer projekt-gutenberg.org-Seite im Internet allgemein zur Verfügung (es gibt auch eine englische Version). 

Die Peak Cavern war eine der auch international bekanntesten Höhlen der damaligen Zeit. Moritz erzählt uns auch von der Bemerkung des Schusters, der seine vollkommen kaputt gegangenen Schuhe wieder hinbekam: "Er freute sich darüber, daß doch in diesem kleinen Orte etwas sei, welches Leuten, die aus weit entfernten Ländern herkämen, Bewunderung einflößte." 

Moritz war nicht der einzige, den es aus Deutschland dorthin führte. 

1790 fuhr der junge Alexander von Humboldt in Begleitung des damals schon sehr bekannten Georg Forster (Begleiter von James Cook auf seiner 2. Weltumsegelung) auch nach England. Dort kamen sie auch durch Derbsshire und suchten die Poole's Cavern und die Peak Cavern auf. Über den Besuch der Peak Cavern lesen wir in Humboldts Werken sehr wenig. In einem 2019 wieder aufgetauchten Brief Humboldts aus dem Jahre 1793 an Georg August Ebell erwähnt er nur einige Pflanzenarten auf dem Weg zwischen Buxton und der "Höle" (die schrieb man damals noch ohne "h" richtig!) und daß vor dem Eingange "Viola montana, Alchemilla vulgaris und Polypodium vulgare" gewachsen seinen. Erst in einem Bericht von 1815, anläßlich der Befahrung der Höhle von Guacharo in Venezuela, denkt da wieder zurück an die Berghöhlen von Derbyshire, und daß man "in einem Boote liegend, unter der zwei Fuß hohen Wölbung über einen unterirdischen Fluß" gesetzt war, eine Anmerkung, die man doch aus dem Moritz-Text schon kennt.

Über diesen Besuch können wir auch in Forsters bekanntem Reisebericht lesen, der 1794 erschienen ist: 

"Rechts öffnete sich hart an der Burgmauer selbst ein tiefer weiter Schlund, dessen senkrechter Absturz aus einer weißen Felsenwand bestand, auf welcher bogenförmig ein Hügel sich wölbte; und längs dem Rande desselben strebte malerisch ein schöner Hain von Buchen, Eschen und Fichten empor, und krönte mit seinen Schatten die ganze Bogenlinie des hinabgeleitenden Hügels. In diesem Schlunde, dessen untere Gegend der Schloßberg uns hier verdeckte, sollten wir den Eingang zu der unermeßlichen Höhle des Piks antreffen...."
Fortsetzung siehe Originaltext....

https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/forster_niederrhein03_1794/?hl=Castleton&p=204 oder https://www.textlog.de/41746.html

1803 unternahm Johanna Schopenhauer mit ihrem Mann eine Reise durch England und Schottland und über den Besuch der Peak Cavern gibt es einen ausführlichen Bericht in ihrer Reisebeschreibung darüber. Ein kurzer Ausschnitt: "

"Wir traten in die Höhle; die dunkle Nacht ward dem allmählich sich daran gewöhnenden Auge zur Dämmerung. Bald unterschieden wir darinnen eine Menge Weiber und Kinder, emsig spinnend, die ärmlichsten Gestalten, welche die Phantasie nur erdenken kann. Gnomen gleich, hucken sie in dieser kalten feuchten Dunkelheit und fristen kümmerlich ihr armes heben; des Nachts schlafen sie in kleinen bretternen Hütten, die sie sich in der Höhle erbauten und deren wir eine ziemliche Anzahl umherstehen sahen. Ungestüm bettelnd umgaben sie uns, sowie sie uns gewahrten; wir waren froh, nach dem Rate der Wirtin in Castleton eine Menge Kupfergeld eingesteckt zu haben, um uns loszukaufen. Dies ist die unterirdische Stadt, von der mancher Reisende gefabelt hat. Die Wärme der Höhle im Winter, die ein eigentliches Haus entbehrlich macht, der kleine Gewinn, den die neugierigen Fremden ihnen gewähren, vor allem aber die Freiheit von Abgaben, welche nur auf der Oberwelt, im Sonnenlichte gefordert werden, bewegt diese Armen, eine so unfreundliche Wohnung zu wählen. Wie wir uns selbst erst von ihrem Ungestüm losgemacht hatten, kauften wir Dichter. Jeder von uns mußte eins tragen, der Führer trug deren zwei voraus, und so ging es denn weiter in den ganz finstern Hintergrund der Höhle. Der Führer machte uns auf einige ungeheuer große Tropfsteine aufmerksam, welchen er allerhand Namen gab, ohne daß wir die Ähnlichkeit mit den dadurch bezeichneten Dingen finden konnten. Dann öffnete er eine schmale nied...."

                                                                       
                                                                                                                                1834 Höhlenplan

...in Vorbereitung

Laut der Webseite des https://peakdistrictcaving.info/home/the-caves/castleton/peak-cavern?accept=yes ist das Höhlensystem im Moment (März 2023) 6.026 m lang und hat einen Höhenunterschied von 130 m.


Literatur:

Bedford, Bruce Underground Britain, Willow Books Collins, London 1985
Bednarik, Edith Kongreß-Impressionen, Vereinsmitteilungen Salzburg 3-1977, S. 34ff.
Farr, Martyn Explorations in Peak Cavern, U.K., Caving International Magazine 13, October, 1981, p 34f
Ford, Trevor, Gunn, John Caves and Karst of the Peak District, BCRA Cave Studies Series Number 3, 1990
Ford, Trevor D., Gill, David W. Caves of Derbyshire, Dalesman Books 1979
Forster, Georg Werke in 4 Bänden. Band 2 Ansichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, England und Frankreich im April, Mai und Junius 1790, Leipzig, S. 831-840
Gunn, John Castketon's Pulse, Descent (288), Oct/Nov 2022, S. 40f.
Kempe, Stephan, Kempe, Erika, Ketz-Kempe, Christhild Die ersten Beschreibungen von Höhlen durch Frauen: Lady Cravens Besuch der Höhle von Antiparos und Johanna Schopenhauers Schilderung der Peak Cavern, Jahresmitteilung der Naturhistorischen Gesellschaft 2005 Nürnberg, 2006, 19-48
Lindenmayr, Franz Eine Reise zu "Herman the German", Der Schlaz 42-1984, S. 48ff.
Lindenmayr, Franz Ein Brief Alexander von Humboldts über die Höhlen der Fränkischen Schweiz - Einige Anmerkungen dazu, Der Fränkische Höhlenspiegel 65-2023, S. 55ff.
Moritz, Karl Philipp Reisen eines Deutschen in England im Jahre 1782
http://www.lexikus.de/bibliothek/Reisen-eines-Deutschen-in-England-im-Jahre-1782/Castleton-den-30sten-Juni
Murland, Jerry Cave Diving in Northern Derbyshire, U.K., Caving International Magazine 10, January, 1981, p 32 ff
Oldham, Tony and Anne  Discovering Caves - A guide to the show caves of Britain, Shire Publications Ltd., Aylesbury 1972
Proudlove, Graham s. et al.  Recent Explorations in Peak Cavern, Caves & Caving 29-1985
Schopenhauer, Johann Reise durch England und Schottland, Verlag: Stuttgart, Steingrüben Verlag, 1965, 1. Aufl.
Waltham, Tony Caves, crags and gorges, A Constable guide, London 1984

Links:

Forster, Georg https://www.textlog.de/41746.html

Moritz, Karl, Philipp https://en.wikipedia.org/wiki/Journeys_of_a_German_in_England_in_1782

Schopenhauer, Johanna https://www.gutenberg.org/ebooks/10823

https://peakcavern.co.uk/

https://peakdistrictcaving.info/home/the-caves/castleton/peak-cavern?accept=yes

Speläologisches im Peak District, GB


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