Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen in der Umgebung von Sami,
Kefalonia, GR


>>>>> Melissanihöhle


Im Hinterland von Sami, einem kleinen Hafenort an der Ostküste von Kefalonia, liegt das bedeutenste Karstgebiet von Kefalonia. 2 Schauhöhlen gibt es inzwischen dort, der Ausbau einer dritten war schon mal geplant. Keine Touristenrundfahrt versäumt es, die nach Abwechslung und Unterhaltung lechzenden Freitzeitler dorthin zu bringen: Melissani und Drogarati.

Drogarati wurde 1963 für das breite Publikum erschlossen. Wann sie entdeckt wurde, ist unbekannt. In dem kleinen Führer über die Höhle werden widersprüchliche Angaben dazu gemacht: 1100, 1600 oder 1700. Die Zugänglichkeit der unterirdischen Räume wird mit einen Einbruch nach einem der häufigen Erdbeben in Verbindung gebracht.

Der Zugang durch den Touristenshop

Menschengewurl im Zugangstunnel

In der "Chamber of Exaltation"

Die Wand aus abgeschlagenen Stalaktiten

Die geplünderten Stalaktiten

Der Münzteich

Eine abgebrochene Sintersäule - vielleicht von einem Erdbeben mal geknickt

Eine Blick auf die Konzertsaalfläche

Der Konzertsaal - leergeräumt von den Sitzgelegenheiten

Sinterfahnen

Wieder zur Erdoberfläche

Heute muß man erst einmal durch einen Andenkenladen hindurch, eh man an der Kasse seine 3,5 € los wird, um reingehen zu dürfen. Dann wird man sich selber überlassen, weil es sich um eine "self-guided" Tour handelt. Hinunter geht es über viele Treppen im Zickzack hinunter durch die Eingangsdoline, die auch die Heimat von großen Bäumen und Sträuchern ist. Als ich Ende August 2002 dort war, war die Höhle voll von Besuchern. Eine einzige Menschenschlange wälzte sich rauf und runter und durch die einzige große Halle, aus der die Drogarati nur besteht. Der Raum heißt auch "Konzertsaal" oder "Chamber of Exaltation". Er wird manchmal bestuhlt und dient dann richtigen Höhlenkonzerten. Ansonsten werden die Stühle wieder herausgeholt und man sieht in der Mitte nur eine einzige große aufgeschotterte leere Fläche. Deshalb konzentriert man die Aufmerksamkeit auf die Seitenwände und da gibt es schon eine Menge von Tropfsteinen zu sehen, viele allerdings schon sehr beschädigt, von Mensch und Natur. Die Reste dieses Vandalismus lassen sich besonders gut an einer Stelle bewundern, wo man einen Teil des Führungswegs außen mit lauter abgeschlagenen Tropfsteinstumpfen verkleidet hat. Ein Wasserbecken ist voller Münzen, auch so ein Brauch, den man überall verbreitet ist, wohl um die Göttin Fortuna ein bißchen günstig zu stimmen. "Be careful, it's slippy". Der klassische Satz fiel tatsächlich, als ich in der Höhle war. Man könnte doch auf den Betonstegen sich was antun.Er mußte einfach in englisch gesagt werden, denn aus dieser Richtung kommen ja die meisten Besucher der Insel.

Es gibt noch mehr Höhlen und Karsterscheinungen in der Gegend, und viele der überall erhältlichen Landkarten der Insel haben meist zwei andere darauf eingezeichnet: Angalaki und Zervati. Die Schachthöhle Zervati liegt mitten in dem Ort Karavomylos. Zwischen den Häuserreihen ist eine auffallende Freifläche, die dicht bewachsen ist und von einem hohen Zaun umgeben ist. An einer Stelle ist ein Gittertor, das nicht verschlossen ist. Wohl nicht zufällig, denn sonst würden wohl verärgerte Besucher schneller ein Loch in das Gitter machen. Sein Hauptzweck ist wohl, die Leute anzuhalten, den Schacht nicht, wie es wohl über lange Zeit hinweg war, als bloße Müllkippe zu verwenden. Passieren tut das trotzdem noch, aber nicht über die Maßen. Ein bequemer Weg führt an einer Stelle hinunter auf den großen Schutt- und wohl auch Abfallkegel, der von wildem Grün überwuchert ist. Der Blick wird frei auf die beiden Seeflächen unter den großen Felsdächern, die links und rechts zu sehen sind. Ich war überraschenderweise nicht allein. Zwei Männer in leuchtfarbenen Schlazen und voller Höhlenausrüstung waren noch da, scheinbar Archäologen, die im Boden in der Nähe des blauschimmernden Sees wühlten. Das Wasser wird auch genutzt, worauf ein langer Schlauch hinweist, der in einen der Seen reicht. Leider liegt auch einiger Müll herum, alte Flaschen, Spraydosen u.ä.. Besonders reizvoll ist der starke Duft, der den vielen wildwachsenden Minzepflanzen entströmt. Ein besuchenswerter Ort.

Wer weiß schon, was da mal drin war?

Im gleichnamigen Ort liegt auch die sehr besucherswerte Karstquelle Karavomylos direkt am Meeresufer. Eine schöne Taverne unter riesigen alten Platanen ist gleich daneben. Sofort fällt ein altes Wasserrad auf, das sich dauernd dreht, diesmal "richtig" rum. Ein starker klarer Bach entströmt dem See und ergießt sich in nahe Meer. Ein sehr sinnliches Experiment ist es, sich auf die kleine Mauer zu setzen und seine Füße links und rechts davon ins Wasser zu strecken. Das Meer ist schön warm, das Bachwasser dagegen recht "frisch". Der Unterschied ist frappierend. Dabei kommt es ja auch aus dem Meer, nämlich von der Westseite der Insel, wo es in den Meeresmühlen von Argostolion verschwunden war. Die Färbeversuche in den 60er Jahren haben es bewiesen. Es lohnt sich um den See herumzugehen und beim Eingang der Karavomyloshöhle vorbeizuschauen. Imgrunde sieht man sie schon vom Wasserrad aus, aber sie ist da nur als kleiner Felsbogen in einer Kalkwand auszumachen. Dort liegt nämlich der Zufluß zum See. Ganz Wilde steigen durchs Absperrgitter und klettern hinunter bis zum Wasserspiegel. Abends muß sie beleuchtet sein, weil Elektrolampen an der Wand befestigt sind. Von dort ist das Eingangsportal zur Wasserhöhle erst richtig zu sehen. Ein Höhlentunnel tut sich da auf, zu 4/5 unter Wasser, aber das klare Nass gestattet einen Blick bis zum Grund. Fische schwimmen öfters herum. Man könnte sogar ein paar hineinschwimmen, aber bei der Kälte wäre wohl ein Neoprenanzug anzuraten.

Wer den Eingang in die Anagalakihöhle sehen will, der muß Richtung Poulata fahren. Irgendwann muß man links abbiegen. Wo genau, das ist schwer auszumachen. Ich sah neben der Straße ein uraltes, vollkommen verrostetes und unleserliches Blechschild stehen, folgte dem Schotterweg und kam plötzlich an einen seltsamen Platz. Um ein Wäldchen war sorgfältigst ein Mäuerchen errichtet worden, das oben drauf eine kunstvolle Zaunkonstruktion hat. Jemand hatte sich da viel Mühe gegeben und einiges an Geld ausgegeben. Warum? An einer Stelle war der Zaun zerstört worden, die Elemente davon waren zusammengebunden mit einem dicken Nylonstrick, der hinunter zu ein paar Bäumen führte. Sehr verdächtig. Tatsächlich geht es da zum Eingangsschacht mit 30 m Tiefe. Es hatte schon einmal Pläne gegeben, auch diese sehr großräumige Höhle für den Tourismus zu erschließen. Man wollte einen Schrägtunnel in den Kalk treiben und damit einen einfachen Zugang zu dem Riesentunnel am Grund schaffen. Zwei große Seen sollen unten sein. Die Tauchunternehmungen haben keine Fortsetzungen davon feststellen können. Es war wohl nicht attraktiv genug, was es da zu sehen gibt, deshalb unterblieb die Ausführung dieses Vorhabens.
Es sollen viele Fledermäuse und Tauben in der Höhle leben. Ein Lebensraum mehr für diese Tiere. Über die Jagd auf die Wildtauben berichtet Partsch 1890: "Ihre Jagd ist ein Vergnügen für die Landleute. Es erfordert aber einige Geschicklichkeit, den rechten Moment zu erfassen, wenn die durch den Donner hinabgewälzter Felsstücke aufgeschreckten Vögel ausfliegend eben über den Rand des Abgrundes hervorkommen. Wer zu früh feuert, sieht seine Beute in die Tiefe zurückfallen; wer zu lange wartet, hat das Nachsehen."

Zum Theodorousschacht führt ein breiter Wanderweg, der mit großen roten Punkten markiert ist. Die Lage ist äußerst eindrucksvoll. Wie ein riesiges offenes Maul sieht der Eingang aus. Überall senkrechte bis überhängende Felswände, in der Tiefe von rund 70 Metern ist bereits der Höhlensee zu sehen. Der Boden ist dicht bewachsen mit Bäumen. Zwei massive einbetonierte Eisenringe zeigen den Platz, wo wohl üblicherweise das Seil befestigt wird, um hineinzukommen. Rund 30 m Schachtstrecke sind es, dann soll man auf dem Felsgrund ankommen. Noch in den 80er Jahren wurde kolportiert, dort unten sei eine noch nicht explodierte deutsche Bombe und die sterblichen Überreste mehrere Widerstandskämpfer. Als italienische Höhlentaucher den Schacht in den 90er Jahren erkundeten, da fanden sie nur noch die sterblichen Überreste einiger Ziegen.

In der Umgebung gibt es noch eine weiterer Höhlen, die aber oft nicht leicht zu finden sind. Außerdem ist es ziemlich mühsam, sich dort querfeldein zu bewegen. Überall ist stachlichstes Unterholz, das lange Hosen und am besten noch ein langärmliges Hemd erforderlich macht, will man nicht innerhalb kürzester Zeit wie Christus nach der Geißelung selber aussehen.

Ein paar Bilder aus diesen Höhlen:

Wie kann man in der deutschen Sprache den Menschen benennen, der einem
geholfen hat, diese Bilder zu machen? Ein uraltes typisch deutsches Sprachproblem.
Blitzknecht? Modell? Größenvergleich?
Harald Kipke ist sein Name, wohnt in Nürnberg, Professor an der FH,
im Urlaub kennengelernt und noch so richtig von "Höhlen" begeistert
 
Foto Harald Kipke

Einem besonderen Schaustück unserer modernen Wirtschaftsweise, die ja auf einmal, im August 2002 zumindest, vollkommen ins Gerede gekommen ist (z.B. durch den neuen Präsidenten der Weltbank), weil sie keine Zukunft hätte, haben wir in der Nähe der kleinen Straße von Karavomylos nach Poulata entdeckt. Es liegt in einer Steilwanddoline, die allmählich verschwindet. Verschwindet unter all den Lasten, die halt am anderen Ende, dort wo keiner eigentlich gerne mehr hinschaut. Da liegen sie, die alten Elektrogeräte, ausrangierten Bettgestelle, übrigen Betonreste, Plastikkübel und was es da noch so alles gibt. Eben das genaue Gegenteil einer "sustainable economy".

 

Literatur:

Casati, L., Dell'Oro, Beatrice Le Risorgenti di Sami et i mulini di Argostoli, Speleologia 25, 1991, S. 32ff.
Crossley, Robert Ian Kephallinia 1980, NPC Journal 1982, S. 71ff.
Crossley, Robert Ian The Sea-Mills of Argostoli, Caving International No.11 April 1981, S. 9.
Maurin, V. & Zoetl, J. Karsthydrologische Untersuchung auf Kephallenia (Ionische Inseln). - IV Colloque International de Spéléologie, Premier en Grèce, Athènes 1963, Athen 1965, S. 78-82
Partsch, Dr. Joseph Kephallenia und Ithaka - eine geographische Monographie, Gotha: Justus Perthes, 1890
Samuel, C. The caves of Cephallonia, in: ISCA, 5, 1985, S. 28-30., illustr., surveys

Links:

https://www.kefalonia-griechenland.com/drogarati-tropfsteinhoehle/
Landschaft und Höhlen auf Kephalonia

 


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