Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Grotte di Balzi Rossi, Ligurien, I

Wo liegen bloß die Höhlen von "Balzi Rossi"? Als wir zwei, Alfred Schlagbauer und ich, am Sonntag, den 26. Oktober 2003 gegen 6 Uhr abends, am Rande des Mittelmeers entlang kutschierten, da war es längst schon dunkel geworden und fast nichts wies mehr auf diese speläologisch und prähistorisch so wichtige Stelle mehr hin. Auf einmal war am Straßenrand ein kleines Schild mit diesem Namen zu sehen, ein Tunnel kam, am anderen Ende gleich die inzwischen verwaisten Grenzanlagen zwischen Italien und Frankreich. Wir waren mitten in Menton, die Verkehrsregelung machte ein normales Umkehren unmöglich, am Ende landeten wir in Castelan, hoch über allen Siedlungen an der Küste.

Erst am nächsten Tag kamen wir an dieser Stelle wieder vorbei. Ein Kreisverkehr mit Abzweigung macht den Zugang möglich. Ein größerer Parkplatz bot mehr als genug Platz zum Halten. Alle Geschäfte rundum hatten schon geschlossen. Wahrscheinlich ist im Sommer viel mehr hier los. Zu Fuß geht es weiter. Links eine mehrstöckige Wohnanlage, rechts ein verwaistes Restaurant. Ausgerechnet am Montag waren wir hier, dem Tag, wo in Italien alle staatlichen Museen geschlossen haben. Nur aus der Ferne waren so die berühmten Höhlen zu besichtigen.

Trotzdem, der kleine Spaziergang lohnt sich. Ein geschlossenes archäologisches Museum war da zu sehen, später noch ein Museumsgebäude, genauso zu. Daneben der Eingang zur "Barma Grande". Alles gut beschrieben und mit Tafeln versehen. Im Frühjahr 1945 explodierten hier einige Minen und sprengten alles in die Luft. Ein unersetzlicher Schaden entstand. Menschen- und Tierskelette verschwanden. Verschwunden ist inzwischen auch der Aufzug, der früher Besucher von oben herunter an den Strand brachte. "Der das Landschaftsbild störende Aufzug wurde wieder entfernt." (Aellen)

Noch ein paar Meter weiter, am Meer entlang. Die Bahnlinie wird sichtbar. Ein schmaler Steig führt unter der Trasse durch. Eine weitere große Höhlenöffnung wird sichtbar, die Grotta del Prinzipe. Alles verriegelt und vermauert. Spuren wissenschaftlicher Grabungen sind sichtbar. Was sie wohl hier noch ausgraben? Weitere Friedhöfe? Statuetten? Werkzeuge?

An der Bahnlinie ein großes schwarzes Loch. Sein Alter ist recht gut bestimmbar. Ein Eisenbahntunnel. An der Stelle unter den Felsen wurde wohl auch so manche Kulturschicht schnell abgetragen. War wohl auch nicht so wichtig. Was zählt, ist der "Fortschritt", in Stunden, Minuten und Sekunden gemessen. Oder? Der ist gut dafür geeignet, auch mal wieder darüber nachzudenken, was denn wirklich "zählt"!

Die Jahreszahlen in den Aufzeichnungen der Archäologen? Die Momente des Glücks, die die Menschen da mal wirklich erlebt haben - vor zigJahren... Die Zahlen in unseren "Rentenbescheiden"? Die Zahl der Generationen, die nach uns kommen? The pact between the dead....

Jedenfalls ist diese Zone "eine der bedeutensten prähistorischen Fundstätten Europas". Schon 1846 begann man das erste Mal, archäologische Ausgrabungen zu machen. Die Funde reichen bis in die Zeit des Neandertalers zurück. Kunstwerke hat man entdeckt, erst Statuetten, wie die "Venus von Menton", dann auch prähistorische Wandgravuren, u.a. eine Pryzewalskipferdes, die viele Jahre hindurch auch von den Archäologen gar nicht wahrgenommen worden waren. Mehrere Grabstätten hat man entdeckt, von Kindern und einer alten Frau. Die Funde sind auf verschiedene europäische Museen verteilt. Der Großteil ist im Musée d'Anthropologie préhistorique in Monaco und im neuen Museum gleich bei den 7 Felsdächern.

	Gemälde der Höhlen im Anthropologischen Museum in Monaco
	Funde aus den Höhlen
	Eine "moderne" Höhle - der Eisenbahntunnel
	Die Barma Grande

Literatur:

Links:

http://www.civilization.ca/archeo/paleofig/pal02eng.html

http://www.comune.ventimiglia.it/Balzi Rossi/grotte_preistoriche.shtml

Landschaft und Höhlen in Ligurien