Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Eremo di San Corrado di Fuori bei Noto, Sizilien, I
Eine kleine, nur von einer Kerze beleuchtete
Nische in der Eremitage
Den Namen "Noto" gibt es auf der Baedecker-Landkarte von Sizilien heute immer gleich zweimal. Die neue Stadt hat zwei Sterne, die alte nur einen. "Noto ist eine der schönsten sizilianischen Barockstädte und Weltkulturerbe der UNESCO". Noto war ab der arabischen Zeit Provinzhauptstadt und damals viel bedeutender als die einstmalige Weltstadt Sirakus. Das hatte alles mit einem Schlag ein Ende. Ein Erdbeben löschte 1693 erst einmal fast alles aus. Aber es traf keine Armen. Pläne für ein neues Noto wurden entworfen an anderer Stelle wurden entworften und konnten wegen der vorhandenen finanziellen Mittel auch verwirklicht werden. Wie sich heute herausstellt, war der neue Platz auch nicht ideal, aus geologischer Sicht. Ein neuerlicher Erdbeben im Jahre 1990 zeigte die Problematik einer Neuanlage an einem Plateaurand.
Noto neu ist Tourismusmagnet heute, auch ins Noto antica strebt wohl auch noch mancher Tourist. Dazwischen liegt ein Ort, der wohl einstmals viel bedeutsamer war als heute. Der Verfall ist überall sichtbar. Da war wohl einstmals eine Stelle, an die viele Menschen gestrebt sind, um die in ihnen lebendige Religiosität auszuleben. Die Menschen früher hatten andere Weisen, um sich dorthin zu bewegen. Neben einem großen Gebäude an der Hangkante führt eine Treppe hinunter in ein Tal. Wer nicht Beschweid weiß, der wird nie darauf kommen, daß er da hinunter muß, um zur Eremitage zu kommen. Und doch war das wohl früher der "Normalweg" hinter zur Eremitage des San Corrado.
Wir, das waren Willi und Doris Adelung und ich,
die haben mal versucht, Anfang Juni 2006 die Eremitage zu finden.
Und haben die Erfahrung gemacht, daß uns das gar nicht so leicht
gefallen ist. Die Nacht hatten wir in Noto in einem
ausgezeichneten Bed & Breakfast verbracht. Dort lag ein
kleiner Faltprospekt aus: "NOTO - Perla del barocco
siciliano". Und dort stand unter der Nummer 18: "Ermemo
di San Corado di Fuori - E'del 1749 e si trova nella suggestiva
Valle dei Pizzoni o dei Miracoli. Ha uns garziosa ..cciata
barocca, l'interno custodisce un dipinto del Conaca, rafiigurante
la Madonna col Bambino e San Corrado, la grotta del Santo Patrono
con statua del Pirrone ed il Museo ex voto."
So haben wir uns aufgemacht, diesen Ort zu suchen und haben ihn
nicht gefunden. Zuerst jedenfalls nicht. Und wir standen genau an
dieser in dieser in die Tiefe der Schlucht führenden Treppe. Das
Verzwickte war, nirgends stand ein Schild. Als Tourist, und damit
Ortsunkundiger, sofern du keine genaue Karte hast, bis du auf
deine genaue Beobachtung und deine Intuition angewiesen. Und da
war wenig zu beobachten und was suchten wir eigentlich? Willi war
schon talabwärts unterwegs, aber bloß wohin? 15 Minuten später
waren wir klüger. Ein Straßenschild oben hatte uns
weitergeleitet, wir waren ihm auf einer Teerstraße gefolgt und
am Ende stand dann das Auto, und damit auch wir, am Fuße der
Treppe, die wir von oben in 1 Minute bewältigt hätten. Aber
woher vorher wissen?
Egal, aus solchen harmlosen und oft viel ungut dramatischeren
Erlebnissen besteht oft das Leben, kommt es nicht am Ende darauf
an, was herauskommt? So mancher "Weise" sagt, der Weg
sei das Ziel, siehe oben, aber ohne letztendliche Zielerreichung
macht die ganze Wegsuche, am Ende, ohne sie, auch Probleme. Ich
könnte da Stories erzählen. Nichts ist erfolgreicher als
Erfolg. Wir standen auf dem richtigen Ausgangspunkt und suchten
nun die Eremitage auf.
Wasser ist in dieser trockenen Gegend immer ein
Erlebnis und es tritt hier zu Tage. Ein Bächlein ist in einer
Mauerstruktur gefaßt, eine Treppe führt hinunter, das Wasser
fließt unter der äußeren Begrenzungsmauer des in einem
ziemlich unberührt wirkenden Felsental liegenden Anwesen
hindurch. Ein gepflegter Steinweg führt Richtung Kirche. Links
gleich neben dem Eingang die Toilettenanlage. Ist wohl zu manchen
Zeiten auch nötig, so etwas zu haben. Gepflegte Gartenanlagen
links und rechts. Dann zeigt ein Schild nach oben in die Felsen:
zur Grotte. Auf Steintreppen und über Terrassen geht es hinauf.
Dann steht sie da: die kleine, in den Felsen hineingeschmiegte
Kirche. Das Tor war offen, wir gingen hinein. Ein kleiner Raum
nur, ein Altar vor uns, an der Seitenwand viele alte Gewänder,
wohl gestiftet von Menschen, denen mal bei ihrem Anliegen
geholfen worden war. An der Rückwand eine kleine Öffnung, die
in einen niederen Seitenraum führt. Das ist alles. Alles ein
bißchen staubig. Das Gestein ist einfach so.
Auf dem Rückweg sah ich eine steile, in den weichen Fels
getriebene Treppenanlage. Ich kletterte hinauf. Sie mündete auf
einem schmalen Felspfad. Der setzte sich mindestens 10 m über
dem Boden fort. Ob er immer schon so schmal gewesen war? Es wurde
zur Mutprobe, da weiterzugehen. Ein schwarzes Loch auf der
anderen Seite lockte. Wohl wieder so eine in den Fels getriebenen
Nische.
Die Kirche ist direkt an die Felswand gebaut. Zwei Altäre gibt
es: einen üblichen und einen an der Felswand. Die Statue des
Heiligen ist dort, betend, meditierend. An der Felswand entlang
geht es weiter. Eine Treppe führt hinauf in einen nächsten
Stock, zu einem Raum am Felsen, zu einem kleinen Museum mit
Devotionalien (insbesondere Brautkleidern) und zu einer Empore im
Kirchenschiff. Geradeaus kann man die Klostermauern wieder
verlassen und in den Keller absteigen. Dort gibt es eine Krippe
anzuschauen - mit einer Höhlenkrippe aus Steinen. Einzige
Bewohnerin der Anlage scheint eine junge Frau gewesen zu sein.
Wie sich schnell herausstellte, sprach sie selber kaum
Italienisch. Auf Englisch war eine Konversation schnell möglich.
Sie kam ja von den Philippinen! Unglaublich freundlich war sie
und schenkte uns allen am Ende ein Heiligenbuidl.
Besonders besuchenswert kam mir der Klostergarten vor. da gibt es ein inzwischen verfallenes Gebäude direkt in die Felswand hineingebaut, viele Obstbäume, auch die Zitronen hingen schon reif an den Ästen, ein bißchen weiter weg in die Felsen gehauene Räume. Dann scheint da auch Wasser aus dem Fels zu treten. Das Rauschen von Wasser war aus einem dieser unauffälligen Nutzbauten zu hören.
Ein schöner Ort. Man sollte so etwas nicht im Internet veröffentlichen. Bleibts bei Euren Beschreibungen: "5 km nördlich von Noto liegt an der SS 287 der dem Stadtpatron von Noto geweihte Wallfahrtsort San Corrado di Fuori." (Baedecker). Wer da hingeht, ist selber schuld.
Eine Lourdesdarstellung gleich in der Nähe des
Abstiegs zur Eremitage im Ort oberhalb |
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Wünsche - ausgebreitet auf der Altar in der "Heiligengrotte" | |
Opfergaben | |
Der Grottenraum | |
Im Grottenraum | |
Vor der Grotte - ein Blick auf Kirche und Tal | |
Eingang in die Grotte | |
Die nur etwas waghalsig erreichbare
"Höhlenöffnung" mit der Kirche im Hintergrund |
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Die Weihnachtskrippe im Keller | |
Hinter dem Klostergarten |
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Die Zitronen im Garten haben |
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Im neuen Noto: neues Leben entsteht - ein Brautpaar
wandert durch die Stadt an einem Sonntagnachmittag |
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Wen wählen wir? | |
Straßensteine in Noto |
Literatur:
Baedecker | Sizilien, 8. Auflage 2005 |
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