Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Den "Alpenrhein" hinauf
ein paar Tage in den Höhlen der Ostschweiz
In der Via Mala / Kristallhöhle Kobelwald
Den Ausdruck "Alpenrhein" fand ich in einem Buch über Vorarlberg, und damit wurde der Abschnitt des Rheins von den Quellen in Graubünden in der Schweiz bis zur Mündung in den Bodensee bezeichnet.
Im Folgenden stehen hier ein paar persönliche Berichte über Touren, die ich und ein paar Freunde in diese Region unternommen haben.
Eigentlich hatten wir, Willi Adelung und ich, uns für den 29. August 1999 eine Überquerung des Gottesackerplateaus vorgenommen. Das Wetter machte dabei allerdings wieder einmal nicht mit. So mußten wir uns früh ein Alternativprogramm ausdenken und fuhren dafür in die Ostschweiz.
Als erstes wollten wir zur Höhle bei
Zillis oberhalb der berühmten Via Mala. Sie war 1990
durch Kinder wiederentdeckt worden, die ihrem Ortspfarrer in die
Religionsstunde in der Kirche ein paar Scherben aus einem
Felsenloch mitbrachten, in dem sie schon lange gespielt hatten.
Als dann ein Menschenknochen gefunden wurde, bekam das Ganze ein
Ausmaß, daß eine archäologische Fachgrabung auslöste, die
1991/92 vom Archäologischen Dienst Graubünden durchgeführt
wurde. Dabei kam ein spätrömischer Kultplatz zum Vorschein.
Gefunden wurden u.a. 640 Münzen und Bergkristalle, Votivbleche
aus Silber, Glasperlen, 1 Kultgefäß, Tonappliken mit der
Darstellung des Gottes Merkur und ein grünglasiertes Ringefäß.
Die Höhle ist leicht zu finden und ungefährlich zu besuchen.
Wer von Zillis südwärts der Straße Richtung Donath folgt, der
überquert den Hinterrhein auf einer Brücke. Wenn man sich dort
umwendet, sieht man gleich den breiten Höhlenmund in einem
Felsband auf einer Flußterrasse. Sie ist leicht über eine Wiese
zu erreichen. Eine Tafel am Eingang erklärt einem alles
Wissenswerte mit Text und Plan. Es handelt sich nur einen kleinen
Hohlraum im Konglomeratgestein. Ein Blick auf die Decke zeigt,
daß es auch diese Höhle nicht immer geben wird. Auffallend sind
die Mauerreste. Da liegen einige Felsen, der früheren
Trockenmauer, und direkt an der Eingangslinie sind die Reste
einer Mörtelmauer noch zu sehen. Die Archäologen haben
Erstaunliches herausgefunden: Hier ist ein Mann begraben worden,
den man mal gepfählt hat, so die Meinung eines Facharchäologen.
Da ging es auch schon nicht gerade friedlich zu.
In Uli Paulus Roman "Der Schattengott" spielt diese Höhle auch eine Rolle.
Blick von der Brücke Richtung Burg Hasenstein mit dem Eingang |
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Eingang | |
Blick aus dem Innern der Höhle Am Boden Reste der Mauer |
Unser nächstes Ziel war die Höhlenburg
Rappenstein. Sie liegt in der Gemeinde Untervaz in der
Nähe von Chur. Am Ortsausgang weist ein Wegschild auf den
Rappenstein hin. Man kann dann noch einige hundert Meter auf
einer Fahrstraße noch bergaufwärts fahren. Dann kündet
endgültig ein Sperrschild vom Ende der bequemen Reise. Dort gibt
es eine kleine Abstelle, wo man das Auto stehen lassen kann. Ein
weiterer Wegweiser zeigt einem dann den Abzweiger von der
Straße. Es geht auf alten Wegen bergan bis zu einem Bauernhaus
mit Stall. Auch dort steht wieder ein Wegweiser, aber dessen
Weisung ist nicht so klar. Die große Bergwiese
"Castrinis" ist dort, und man muß sich dort erst
einmal zurechtfinden, ehe man wieder weiß, wo es weitergeht. Am
Waldrand tut sich wieder der alte Weg auf, ein weiterer Wegweiser
zeigt hinunter in die Schlucht des Cosenzbaches. Der Weg wurde
Anfang der 90er Jahre wohl wieder hergerichtet, genauso wie die
Mauern der Höhlenburg. Ein paar Jahre sind schon wieder ins Land
gegangen. Die Holzstufen verfaulen, große Pflanzen schießen in
die Höhe. Wir mußten uns den Weg schon wieder bahnen, um zur
Höhlenburg zu kommen. Der Bach ist zu überqueren. Kein Problem
bei dem niederen Wasserstand. Danach geht es wieder hoch. Ein
schmaler Steig führt bis unter die Felswand. Ein paar fixe
Lochhaken sind zwar auf dem Weiterweg da, aber müßten erst
aktiviert werden mit Karabinern und Seilen, damit sie ihren
Sicherungszweck erfüllen könnten.
Da steht man dann am Fuß der großen Mauer, die früher die
Außenseite der Höhlenburg gebildet haben. Im 13. Jahrhundert
kam man wohl nur schwierig hinein in diese Mischung aus Naturfels
und Mauerwerk. Heute ist im Fundament ein großes Loch, das einem
Einlaß in die inneren Teile gewährt. Über Felsstufen kletter
man hinauf, dann noch eine zweite Felsstufe, und dann steht man
im Innern der großen Höhlenburg. Eindrucksvoll ist einfach der
große Hohlraum drinnen, die wilden Felsen, die herumliegen, der
Blick auf die Außenmauer, die Echogeräusche des Cosenzbaches.
Mehr ist aber auch nicht zu sehen und zu hören.
Die Burgenforscher nehmen offenbar an, daß der Großteil der
inneren Burg heute unter Felsstürzen begraben ist. Da mag es
zwar viel noch geben, aber das ist heute alles unzugänglich. Ein
Detail noch: Man hat die verschiedenen Hölzer, die beim
Höhlenburgbau verwendet worden sind, wissenschaftlich untersucht
und herausgefunden, daß sie alle aus einer Zeit um 1250 n. Chr.
stammen. 750 Jahre heute alt, impressive.
Castriniswiese | |
Abstieg zur Cosenzschlucht | |
Vor der Höhlenburg | |
Einstieg in die Burg | |
Die Burg | |
Ein Blick aus der Ferne auf die wiederaufgebaute Außenmauer |
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Von innen nach außen |
August 2008
Ein kleines Zeitfenster hatte sich aufgetan. Ein
paar Tage vor meiner Australienreise. Carmina und Michael
Laentzsch hatten auch Zeit. Wir fuhren los und strebten Richtung
Ilanz in Graubünden. Die Karte zeigte dort einen Campingplatz,
was aber nicht stimmte. In Carrera, nicht weit davon entfernt,
fanden wir dann eine ausgezeichnete Unterkunft. Offenbar gibt es
eine große Nachfrage. Der Campingplatz war voll. Mountainbiker,
Kanufahrer, Familien.
Von dort aus strebten wir unseren Ziel zu: Drachenloch,
Vals,
Kropfenstein, Via Mala....
Am Vorderrhein zwischen Sagogn und Valendas | ||
Menhire bei Valera, der wichtigsten bronzezeitlichen Fundstätte der Schweiz | ||
Eine Gasse namens "Bärenloch" in Chur Reproduktion der Wandzeichnung der "Höhlungsburg" Fracstein im Rhätischen Museum in Chur |
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Höhlungsburg Kropfenstein zwischen Waltensburg und Brigels / Vorderrhein |
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Via Mala |
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Traversiner Steg, Via Mala | ||
Auf dem Weg zur Delegiertenversammlung der
Schweizer Höhlenforscherdachorganisation in Unteriberg im Kanton
Schwyz im April 2010 wollten wir noch zur Kristallhöhle
fahren. Ein sonniger Freitagnachmittag. Auf der großen Holztafel
an der Straßenverzweigung, die auf die Höhle aufmerksam macht
und Details nennt, hieß es, die Höhle sei während der Woche
bis um 16.30 Uhr geöffnet. Wir hatten 16.10 Uhr. Also schnell
noch hinauf. Eine schmale Teerstraße, dann einen geschotterten
Waldweg hinan bis zum "Tanzplatz". Kein anderes Auto
war noch zu sehen. Trotzdem, wir probierten es. Auf einem alten
Sträßlein ging es wieder leicht bergab. Man hatte kräftig
ausgeholzt, so daß Fernblicke bis zum Bodensee nun möglich
sind. Dann war da eine handwerklich gestaltete Holzpforte, die
einem den Stufenstieg zum Höhleneingang zeigte. Ein paar
Schritte noch...
Niemand war da, Leere herrschte unter dem rustikal gestalteten
Eingangsraum vor der Höhle. Eine Drehsperre vor dem mit einer
Eisentüre versperrten Höhleneingang. Auf dem Holztisch lag eine
in eine Folie eingeschweiste Information: Wer während der Woche
in die Höhle wolle, der müsse sich mindestens 48 Stunden vorher
bei .... anmelden. Keine Lösung für Spontanbesuche. Wir fuhren
weiter, zur Höhlenburg Wichenstein, deren großen Eingang wir
auf dem Weg zur Kristallhöhle links von der Straße schon von
weitem ausgemacht hatten.
Literatur:
Blanke, Huldrych | Wie es zur Entdeckung der spätantiken Kulthöhle in Zillis kam, S. 95ff. |
Liver, Alfred | Zillis, Höhle unter Hasenstein, Bericht über die Grabungskampagne 1994, im: Jahrburch 1994 der Historischen Gesellschaft von Graubünden |
Paulus, Uli | Der Schattengott, Emons Verlag 2012 |
Rageth, Jürg | Ein spätrömischer Kultplatz in einer Höhle bei Zillis GR, ZAK, Band 51, 1994, Heft 3 |
Rageth, Jürg | Heidnische Riten in der frühchristlichen Schweiz. EIn spätrömischer Kultplatz in einer Höhle bei Zillis, Kanton Graubünden, in: Antike Welt Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte, Mainz, 27. Jg., H. 5, 1996, S. 381-386 |
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