Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Friedhöflerquelle bei Ennetbürgen, Nidwalden


Eine "intermittierende Quelle"? Was ist das? Gibt es denn auf dieser Welt keinerlei Klarheit mehr? Weiß ist Weiß und Schwarz ist Schwarz. Aus einer Quelle fließt Wasser heraus und nicht hinein! Aus! Nun, diese Welt ist einfach viel vielfältiger, als es sich lange die Weltdeuter und Philosophen eingestehen wollten. Allerdings hätte man mit einer solchen Definition wiederum auch mißverstanden, was die Fachwelt damit meint. Es kommt dort zu plötzlichen Ausbrüchen des Quellwassers, aber nicht permanent. Die Quellen versiegen dann auch wieder und zurück bleibt ein luftgefüllter Hohlraum. In diesem Falle wird dann eine begehbare Höhle zugänglich. 

Die Friedhöfler-Höhle liegt im Bürgenberg (oder Bürgenstock), einem sehr geschichtsträchtigen Ort (siehe Piatti), und der besteht aus Kalkstein aus der Kreidezeit und dem Tertiär. Das Gestein um die Höhle bezeichnen die Fachleute als Seewer-Kalk. Ihr Einzugsgebiet umfaßt wohl nur den oberhalb gelegenen Berghang bis zum Mattgrat. 

Die Höhle selbst ist auf 100 m Länge bekannt bei einer Höhendifferenz von 15 m. Ein kleiner Gang von ca. 1 m Durchmesser sinkt langsam 6 m ab, steigt dann wieder auf Eingangsniveau und sinkt dann wieder 3 m ab bis zu einem fast immer vorhandenen Siphon. Dahinter steigt er wiederum auf eine Höhe von 9 m über dem Eingang. 

Diese Struktur ist wohl die Ursache für das erst einmal seltsam erscheinende Verhalten der Quelle/Höhle. Zwischen 0 und 30 l/s fließen für einige 10 Minuten, dann hört das auf, und beginnt dann wieder zu fließen. Zwei- bis sechsmal wiederholt sich dieser Zyklus bei genügend großem Niederschlag. 

Diese seltsame Geschehen in und um die Höhle ist schon lange bekannt. Bis ins Mittelalter können die Geschichten verfolgt werden, die man davon erzählt hat. 1598 wird der Name Friedhöfler erstmals erwähnt. Ein Berggeist wird für die Ursache gehalten, wer das Wasser der Höhle herausfordere und nicht an ihn glaube, der würde seinen Fluten nicht entrinnen können und unfehlbar in den See gespült.

Es gibt gute Literatur auch im Internet über die Höhle. Ausgestattet mit einer Karte, auf der die Höhle eingezeichnet ist, zog ich im August 2019 los, um wenigstens den Eingang zu finden. Das stellte sich als ziemlich schwierig und zeitaufwendig heraus. Ich war nach mehreren Fehlschlägen schon am Aufgeben, als ich in letzter Sekunde noch einen Blick auf eine unscheinbare Bergwiese warf, wo eigentlich nichts von einer Höhle zu sehen war. Wenn da immer wieder das Wasser an die Erdoberfläche kommen sollte, dann mußte irgendwo ein Bachbett sein. Ich sah immer wieder Teilstücke davon, auch ein wenig Wasser kam da eine Steinrinne herunter, aber nirgends war auch nur die Spur einer Höhle zu sehen. Besonders schwierig war die Suche, weil das Gelände äußerst dicht besiedelt ist und überall "Betreten verboten" oder "Privat"-Schilder mich auf der Suche behinderten. Sackgasse auf Sackgasse untersuchte ich, aber nirgends war Hoffnung. Bis auf zuletzt. Ein paar Stufen hinauf, dann Abbiegen nach links. Da war hinter einem Busch versteckt ein kleines Plateau und an der Felswand die vergitterte Öffnung. Daneben auch eine Tafel mit Erklärungen. Kabel war im Innern der Höhle zu sehen, da werden offenbar immer wieder Messungen vorgenommen. Ich war zufrieden, daß ich die schwierig zu findende Höhle dann doch noch gefunden hatte. Nach Höhlen Ausschau zu halten, das ist oft wie Schwammerlsuchen und für sich schon befriedigend! Die modernere Form dafür ist heute wohl Geocachen, aber das ist mir ein wenig zu oberflächlich. 

Jetzt kapiere ich erst richtig, was da auch falsch gelaufen ist. Ich habe eine Estavelle für eine "intermittierende Quelle" gehalten! 

  Das Gelände über der Höhle

Der Gelände um die Höhle 

 
     
Das Gelände um die Höhle

 

> der Eingang

Literatur:

Piatti, Barbara Es lächelt der See - Literarische Wanderungen in der Zentralschweiz, Rotpunktverlag, Zürich 2013
Sandfuchs, U. Der Friedhöfler - eine intermittierende Quelle, Stalactite 34 (2), 1984, S. 104-112

Links:

https://www.nidwalden.com/de/erleben/kunst-kultur/kirchen-wallfahrt-mystik/sagen-aus-unterwalden/

http://www.ennetbuergen.ch/de/ueberennetbuergen/sehenswuerdigkeiten/welcome.php?action=showobject&object_id=3798

Speläologisches aus der Schweiz


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