Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Im Gebiet von Leitahraun/Island
Südlich von Reykjavik liegt die Halbinsel Reykjanes. Vor 5.000 Jahren gab es dort einen starken Vulkanausbruch, der zur Bildung des Lavafeldes von Leitahraun führte. Weiß man, wie alt die Lava ist, kann man gleich auch das Alter eventuell darin liegender Höhlen bestimmen: In diesem Fall sind es eben auch 5.000 Jahre. Daß es auch dort Lavahöhlen geben könnte, war klar. Es kann viele geben, die öfters nicht einmal einen Meter unter der Oberfläche liegen, aber wenn kein Zugang bekannt ist, dann bleiben sie eben verborgen.
Eine war schon immer bekannt, die Raufarholshellir (Split Mound Cave) direkt neben der Straße Reykjavik - Porlakshövn. Diese überquert interessanterweise die Höhle, wobei die Decke nicht einmal 12 m Dicke mehr aufweist. Noch hält sie. Ein kleiner Parkplatz ist da, eine Hinweistafel und das war es schon. Z.B. gibt es keinerlei Absicherungsmaßnahmen, daß irgend jemand in die 4 Eingangslöcher fallen könnte, wenn er zu nah rangeht. Das ist in Island offenbar kein Problem. Bei uns und in vielen anderen Ländern, wo die Juristen längst das Zepter übernommen haben, wäre so etwas schon aus "Haftungsgründen" anders.
Man steigt in die nicht zu übersehende Lavasenke hinab und ist so schon auf dem Höhlenniveau. Nun spaziert man in einem weiten Tunnel einfach so dahin. Wegen der starken Besuchs hat man die Begehung der ersten Meter mit einem Steinweg bereits erleichtert. Sie ist sehr reizvoll, weil von oben durch die Tagschächte viel Licht hereinkommt. Schließlich geht es nur noch "wild" weiter. Selbst im Sommer in dem daran anschließenden Teil noch Eis vorhanden. Viele viele Eisfiguren schmücken ihn. Die Gesamtganglänge beträgt 1.350 m, die auch die paar Seitengänge umfaßt, und ein Gesamthöhenunterschied von 32 m wurde ermittelt. Die Ganghöhe beträgt meist um die 10 m, die Breite zwischen 10 und 30 m. Ein Raum zählt zu den größten ganz Islands.
Allgemein wird geraten, sehr vorsichtig in den tieferen Teilen der Höhle zu sein, da die Begehung recht mühsam und rutschgefährlich ist. Die großen Trekkinganbieter haben sie alle im Programm und geben die Dauer der Befahrung mit ca. 4 Stunden an.
Fritsch hat einmal die Forschungsgeschichte dieser Höhlen untersucht. Es ist schon sehr bemerkenswert, was er z.B. in Bezug auf die Ermittlung der Gesamtganglänge festgestellt hat. Auf der ersten Höhlenskizze stammt aus dem Jahre 1932 von S. Hjelmquist und nennt 850 m. 1954 2300 m sind es in der Arbeit des Geodätischen Institutes, die der Höhle den Namen Eldborgarhraunshella gegeben haben nach dem Namen des Lavafeldes, in dem es liegt. 1957 untersucht Corbel die Höhle und kommt auf eine Länge von 3.200 m, womit er sie zur längsten Lavahöhle der Welt kürt. Die spanische Höhlenforschergruppe GES aus Barcelona kommt auf 1080 m, da alle Nebenstrecken weggelassen werden. Schließlich kommt die englische Gruppe SMMC auf 1.350 m, der heute überall genannte Wert. Es bestand immer schon der Verdacht, daß man mit den heute bekannten Teilen noch nicht alles entdeckt hat, was zum Höhlensystem gehört. Verdächtige Luftlöcher in der Schneeoberfläche im Winter in der Nähe der Höhle lassen vermuten, daß es noch unbekannte Fortsetzungen geben könnte.
Im Jahre1992 soll erstmals eine Höhlenforscherin, Gudmundur Brynjar, auf eine weitere bedeutende Höhle in diesem Lavafeld gestoßen sein. Schon nach wenigen Metern ging es nicht mehr weiter, so daß der Eingang wieder in Vergessenheit geriet. Am 7. Mai 2005 hatte Björn Hroarsson Glück. Er fand den Einbruchskessel in der weiten flachen Lavaebene, suchte nach Fortsetzungen, rückte ein paar Steine beiseite und konnte an einer Stelle durch eine enge Öffnung nach unten hindurchrutschen. Nur noch ein paar Schritte und der Weg in einen großen Lavatunnel war offen. Fast einen Kilometer kann man fast horizontal sich darin fortbewegen. Marschieren kann man das meist nicht nennen, denn der Grund besteht, wie meist in den Lavahöhlen üblich, aus Haufen erstarrter Lavablöcke. Ein ewiges Herumgetanze und das Gleichgewicht wieder durch Balancieren zu finden ist das, wobei man dauernd sehr aufpassen muß, um nicht hinzufallen oder irgendwo hineinzurutschen. Die ganze Aufmerksamkeit muß man dem Weg schenken, und um etwas zu sehen, bleibt man am besten stehen. Es gibt viel zum Schauen: Eisfiguren, unterschiedlichste Farbtöne der Lava, Fließformen, Gangprofile. Am Ende bricht die Sohle des Bodens in die Tiefe ab. Ein Schacht von 17 m Tiefe schließt den Tunnel ab. Unten ist leider zu. Die Fließlava hat alles zugemacht.
Die Höhle ist zur Zeit (2015) für die Öffentlichkeit geschlossen, da gerade ein großes Forschungsprogramm läuft, das das Risiko des Herunterfallens von Steinblöcken in den Höhlengängen untersuchen soll.
Literatur:
Hróarsson, Björn | Hraunhellar á íslandi, 2. Auflage 1991, Rejkjavik 1990 |
Fritsch, E., Eichbauer, E. | Islands Höhlenwelt, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde Oberösterreich, 1/1986, S.5-34 |
Links:
38.
Raufarhólshellir- Lava cave | Iceland Geosurvey
Lavahöhle Raufarholshellir im Lavafeld Leitahraun | Lavahöhlenwanderung Island
Landschaft und Höhlen in Island
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