Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Gullborgarhraun,
Snaefellsjäkull, Island
Wahrscheinlich ist es gut, einen Platzhalter für eine bestimmte Eigenschaft in der Öffentlichkeit zu haben, dann fragen die meisten Menschen nicht mehr weiter nach, ob nicht vielleicht etwas ganz anderes eher den wirklichen Verhältnissen entspricht. Und was einmal irgendwo geschrieben steht, das steht da und wird für "wahr" empfunden, jedenfalls von all den unkritischen Menschen, die denen das einmal vermittelt worden ist im Elternhaus oder den Schulen.
Wenn ich mich im Internet umsehe oder in der Reiseführerliteratur, dann heißt es dauernd, daß die Gullborgahellar die "schönste Tropfsteinhöhle Islands" sei. Einer schreibt es vom andern ab und so glauben es wohl die meisten. Die "Schönheit" konzentriert sich auf ein kleines Stück Höhle am befahrbaren Ende des großen Lavatunnels, das zur eine Kette abgesperrt ist und damit das Gebiet zeigt, das vom Höhlenbesucher nicht mehr betreten werden darf - aus Naturschutzgründen. Photos davon gibt es auch schon im Internet.
Auf die Höhle macht schon an der Straße ein großes Schild aufmerksam. Offenbar ist die Höhle sehr bekannt und recht besucht. Ein ausgetrampelter Pfad zieht sich durch die urtümliche Vulksnlavalandschaft. Allmählich steigt das Gelände an und dort, wo es nicht mehr mehr höher geht, dort befinden sich die wichtigsten Eingänge in die Höhle. Zuerst stößt man auf das Portal in die Vegghellir. Sie wird bereits in den Sagas erwähnt und offenbar schon seit Jahrhunderten bekannt gewesen, aber das Wissen, wo sie lag, ging wieder verloren. 1957 wurde sie wiederentdeckt, erforscht und vermessen. Dabei entdeckte man ca. 100 m hinter dem Eingang eine Mauer, die man Menschen quer durch den Gang errichtet worden war. Zu welchem Zweck dies geschehen ist, das gab zu einigen Spekulationen Anlaß, ohne daß man wirklich stichhaltige Anhaltspunkte gefunden hatte. Irgendjemand beschrieb sie als "Wikingermauer", aber die Steine können ja nicht aufschreihen und sagen, was sie wirklich erlebt haben. 320 m Länge hat man vermessen.
Auf der Oberfläche ein paar Meter weitergegangen: da ist der große Eingangseinbruch in die Gullborghöhle nicht zu übersehen. Daß man auch weiß, daß man sein Ziel erreicht hat, steht gleich ein großes Schild da, das einem alles erzählt, was wichtig ist. Horizontal geht es dahin, anfangs ziemlich mühselig über viele Felsbrocken sich in einem Tunnel fortbewegend. Dann hört mit einem Schlag der unbequeme Teil zuerst einmal auf. Man kam nämlich auf einem Lavastrom herein, der, nachdem sie der erste Tunnel schon geformt hatte, später den Ursprungsgang teilweise wieder aufgefüllt hat. So steht man an einer Stelle, die die zweistufige Entwicklung auf klassische Weise zeigt. Gleich darauf verzweigt sich der Gang in zwei sehr ansehnliche Tunnels, die nach gut 100 m wieder zusammenführen. Danach geht es wieder in einer Röhre kurz weiter, dann kommt die Sperre, hinter nur noch der kurze geschützte Teil und das Höhlenende kommt. Es heißt, sich umzuwenden und dem Ausgang zuzustreben.
Hat man viel Zeit zur Verfügung, dann könnte man noch auf dem nahem Vulkangipfel zustreben und dabei noch auf die Eingänge weiterer Höhlen stoßen. Das Gebiet ist reich gesegnet mit unterirdischen Objekten.
Literatur:
Fritsch, E., Eichbauer, E. | Islands Höhlenwelt, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde Oberösterreich, 1/1986, S.5-34 |
Hróarsson, Björn | Hraunhellar á íslandi, 2. Auflage 1991, Rejkjavik 1990 |
Links:
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