Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen um Köprölü-Canyon und Umgebung, Türkei


Ein deutschsprachiger Reiseführer nennt sie "wildromantisch". Köprölü, auch Köprülü, bezeichnet die 14 km lange Schlucht, an einer Stelle gar 400 m (andere schreiben 100 m) tief, des Flusses Köprü in der Provinz Antalya. Die Berge der Umgebung erreichen 2.500 m Höhe. Das Gebiet ist inzwischen zum Nationalpark erklärt worden, der 360 km² umfaßt. Höhepunkte sind zwei alte römische Brücken, eine über den Köprü selber und eine führt über den Kocadere.

Von der Antalya-Side-Straße biegt man nach Serik nach Norden ab und folgt einer landschaftlich äußerst reizvollen Straße Richtung Beskonak. Eine isolierte querverlaufende Bergkette wird durchquert, die in viele spitzgipflige Formationen zerlegt ist. Überall gibt es Kiefern-, Zedern- und Zypressenwälder. Höhepunkt ist natürlich der türkisgrüne Fluß, der sich dahinschlängelt.

Er ist voll im Griff der Tourismusindustrie. Überall gibt es am Flußrand kleine Raftingunternehmen, die in Gummibooten die Leute bis zu 12 km der Fluß hinabfahren lassen. Ungefährlich ist das nicht, es sind schon einige Menschen dabei ertrunken. Aber meistens geht es halt gut, macht Spaß und man will schließlich was erleben. Bis zu 4.000 Menschen am Tag schleust man hier durch, so daß der Canyon zu den meistgefahrenen Europas inzwischen gehört.

 

Bei der Römerbrücke über den Köprü führt auf der rechten Seite, flußabwärts gesehen, ein Steiglein flußaufwärts. Folgt man ihm, so soll man sehr reizvolle Einblicke in die Schlucht haben und auch bei einer Tropfsteinhöhle vorbeikommen.

Dort zweigt auf nach links die Straße hinauf nach Selge ab. Dieser besondere Ort liegt in 1.050 m Seehöhe. Der Weg hinauf ist kurvenreich und faszinierend. Die Landschaft bekommt einen Charakter, der man nur ganz selten woanders auf diesem Planeten so sieht. Man erreicht eine Konglomeratlandschaft, ganz einfach gesagt, sind das Orte, wo das Gestein zuerst einmal aus lauter zusammengebackenen Kieselsteinen besteht. Die wurden dann aber durch besondere geologische Vorgänge und das Wetter weiterverformt. Heute wandelt man in einem Bezirk, der an die bizarren Felslandschaften im Südwesten der USA oder ein Kleingöreme erinnert, halt auf konglomeratisch. Türmchen an Türmchen.

Kommt man noch höher, dann ändert sich wieder der Landschaftseindruck. Man erreicht grüne Wiesenflächen, dann weite Hügellandschaften und in der Ferne sind schneebedeckte hohe Berge zu sehen.

Auf einmal gibt es auch wieder vereinzelte Häuser, Frauen stehen an der Straße. Sie machen Zeichen und am Ende erfährt man von ihnen, daß der Weg nicht mehr viel weiterführen würde. Man solle sein Auto hier besser stehenlassen. Dann wird man in ein typisches Gespräch verwickelt. Wo kommt du her? Wie heißt du? Usw. Im Hintergrund bekommt man sofort das Gefühl, die wollen einem was verkaufen. Jede Frau sucht sich eine Person und "beackert" ihn.

 

Eigentlich wollten ja wohl die meisten "Selge", die große antike Stadt, die zu ihrer Blütezeit um 300 bis 400 n. Chr. 20.000 Einwohner zählte, sehen. Auf diesem Gebiet haben sich heute ehemalige Halbnomaden niedergelassen und leben in dem Dorf Altinkaya Köyü. Von was? Die Frage kommt einem einfach. Von den Touristen? Man muß, noch, glücklicherweise, keinen Eintritt bezahlen. Das macht diesen Ort wirklich wunderbar. Laßt ihn so! Einmal irgendwo kein Kassenhäuschen sehen, bevor man eingetreten ist in die "heiligen Bezirke". Da steht einfach so zwischen den Wohnhäusern ein steinernes Theater mit 45 Sitzreihen und einem "million-dollar-view" auf die Bergwelt und die türkische Küste. Kein Fremdenführer erklärt einem selber oder fremden Menschen gerade Geschichte und Baustruktur des Bauwerks, sondern man ist glücklicherweise ziemlich allein, kann sich hinsetzenn und einfach lauschen. Das füllt keine Geldbörsen und sichert Lebensunterhalte, aber befriedigt halt tiefste menschliche Bedürfnisse, nach Stille, Zu-sich-Kommen, die Gedanken-schweifen-Lassen. Das Schlimme ist, daß gerade solche Orte heute sehr gesucht sind. Und es genügen schon wenige andere Menschen, um den Zauber so eines Ortes schnellstens wieder zum Verschwinden zu bringen.

Mit einem geschulten Blick für Speläologisches fiel mir beim Rückweg gleich rechts neben dem Weg der Trichter auf. Eine kleine Ebene in der Mitte des Ortes ohne Abfluß, ohne oberirdischen. Schaut man genau hin, dann gibt es einen, aber der ist für uns Menschen leider verschlämmt, momentan. Wohin wohl das Wasser strömt, wenn es zuerst vom Himmel kommt und dann auf die Erde trifft? Sie kommen im Tal am Rande des Köprü aus ganz starken Quellen wieder zum Vorschein.

Die Annahme, daß es da große Höhlensysteme dazwischen gibt, ist nicht aus der Luft gegriffen. Einige Dutzend Kilometer weiter haben französische Höhlenforscher in den 80er Jahren schon kilometerlange Höhlen gefunden. Es gibt sie, bloß kommt heute noch keiner hinein. Das deutlichste Zeichen sind die starken Karstquellen. Da quillt das Wasser aus dem Berg, daß es schon kleine Hügel auf der Wasseroberfläche bildet. Leicht ist die Aufgabe nicht, diese Höhlen einmal zu finden...

Ist man wieder zurück zu den Ebenen entlang der Küste gekommen, dann lohnt sich auch ein Ausflug nach Aspendos, das auf der rechten Flußseite des Köprü liegt. Das Gestein im Untergrund auch Konglomerat, das dann entsprechend an den Flanken ausgehöhlt ist.

Literatur:

Bussmann, Michael, Tröger, Gabriele Türkei, Michael-Müller-Verlag, 3. Auflage 2009
Schmitt, Gerhard E. Höhlen- und Karstforschungen im mittleren türkischen Taurusgebirge, Höhlenforschergruppe Rhein-Main e.V. Frankfurt 1994

Links:

http://www.antalya-ws.com/english/nparks/koprulu.asp

http://www.antalya-rafting.net/koprulu-canyon.asp

http://www.turkeytravelplanner.com/go/med/koprulukanyon/

Landschaft und Höhlen östlich und südwestlich von Antalya


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