Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen in der Südtürkei

Türkische Riviera, Lykische Küste, Taurus

 


Abends im Hafen von Antalya / Altin-Besik-Höhle


Alanya

Manavgat

Taurus

Köprülü Canyon

Lycian Way - Der Lykische Wanderweg / Pfad aus der Sicht eines Höhlenforschers

Südlich von Antalya/Lykischeküste.htm

Nördlich von und um Antalya


Antalya - heute eine Stadt mit über 2 Millionen Einwohnern, eine Stadt mit einer Traumlage direkt am blauen glänzenden Mittelmeer, umrahmt von den bis zu 3.000 Höhe hinaufragenden Bergen des Taurus.

Antalya, eine Stadt deren Kern, der Kaleici heißt, sich um einen Hafen herum entwickelt hat, mit einer Stadtmauer, vielen Minaretten, verfallenden und gepflegten, gediegenen Häusern, heruntergekommenen und gepflegten, heute oft als moderne Hotelanlage mit Stil und Komfort betrieben. An der Altstadtmauer fährt eine richtige alte Straßenbahn vorbei, die aus der Partnerstadt Antalyas stammt, aus Nürnberg. Es gibt inzwischen auch noch eine zweite modernere Linie, die andere Teile der Stadt miteinander verbindet, aber keine so hohe Wertschätzung genießt. Mit dem Auto wird heute ein großer Teil des Verkehrs abgewickelt und der ist heftig. Mit großen Straßenbauten versucht man, den flüssiger zu bekommen, aber das ist nicht so einfach.

Die Wirtschaft brummt. Eisenchrombetriebe und Textilverarbeitung sind die "backbones" der örtlichen Industrie. Auch Agrarprodukte werden dort intensiv erzeugt. Das passende Klima soll bei bestimmten Sorten bis zu drei Ernten pro Jahr ermöglichen. Gemüse, Baumwolle, Erdnüsse und Sesam werden in großen Mengen erzeugt. Es gibt inzwischen einen Hafen und einen Flughafen.

Der ist auch wesentlicher Faktor für den Tourismusboom der Region. Riesige Hotelanlagen werden dort heute betrieben mit Belegungszahlen von 3.000 Personen gleichzeitig pro Haus. Und ein Haus reiht sich an das andere. Der scheinbar neueste Schrei sind Themenhotels. Da sieht man plötzlich am Meeresstrand einen Nachbau des Markusplatzes von Venedig neben dem Moskauer Kreml und der nächste Bau ist eine Kopie des Topkapipalasts in Istanbul. Dann kommt so was wie ein Versaillesverschnitt und dann nichts mehr. Momentan. Potemkinsche Dörfer, gebaut mit Kapital, das wohl dringend Investitionsmöglichkeiten sucht, die hohe Rendite abwirft, zumindest zufristig.

 
Juni 2023

Es gibt sogar eine Höhle in Antalya am Atatürkpark. Die horizontale Konakaltihöhle ist nur vom Wasser aus zuerreichen. Ihre Länge beträgt 60 m.

 


Meine Erfahrungen mit der Region begannen 2004:

Der Massentourismus machts möglich. Am 4. August 2004 flog ich mit Frau und Tochter Richtung Antalya an die Türkische Riviera. 10 Tage waren wir in einem fünfsternigen Luxusquartier untergebracht, dem Hotel Arum zwischen Side und Kumköy. Das ist nicht mein "Stil", da ich eher für Einfachheit und Askese bin, aber "das Leben ohne Kompromiß" ist in einer Familie nicht möglich. Und man muß auch die wirtschaftliche Seite sehen. So ein Hotel, das 800 Gäste aufnehmen kann, schafft immerhin 250 direkte Arbeitsplätze - vom Hoteldirektor bis zum Gärtner, vom Animateur bis zum Securitymann, vom fleißigen Zimmermädchen bis zum freundlichen Kellner. Das ist eine Art Schlaraffenland, wo für praktisch alles gesorgt ist: riesige Büffets, wo man sich überfressen könnte, weil sie eine vollkommen unnormale üppige Vielfalt bieten, den ganzen Tag durch Animationsprogramme von Boccia und Dartspiel bis zur Wassergymnastik (die ich am Ende richtig geschätzt habe! Ich gebs zu!), und jeden Abend ab 21.30 Uhr dann ein nächtliches Showprogramm (Kleopatra, Don Quichotte, Schneewittchen, die "Ledershow" usw. - geboten von einer Showtruppe, die aus Frauen und Männern stammt, die aus dem "Großen Osten" stammt, Armenien, Ukraine, Russland?), im Haus ein eigenes Ledergeschäft, eine Autovermietung, auch mal ein Gartenparty zur Abwechslung am Abend, einen täglich gereinigten Sandstrand zum Meer hin, eine sehr gepflegte und viel gegossene Gartenlandschaft mit Palmen und Blumenmeeren.


Man muß aber nur vor die Hoteltür treten, heraus aus den heruntergekühlten Räumen, und kann sofort noch eine ganz andere Türkei erleben. Mindestens 40 Grad Hitze draußen, ausgetrocknete kahle Flächen, Müll zuhauf, auf Arbeit wartende Taxifahrer, Massen von Geschäften, die im Grunde alle das Gleiche verkaufen - und darin viele Menschen, die auf einen Käufer warten und warten und warten: Schmuck, Textilien, Lederwaren, "Market", Ausflüge, Schmuck, Lederwaren, Textilien, Teppiche, Restaurants...... Hinter der Hauptstraße noch eine Reihe von kleineren Hotels, die aus der "Holzklasse", dann noch ein paar unvollendete Betonmehrstockwerksbauten, und dahinter niicht mehr viel.

Ich hatte eine Stunde zu Fuß am Sandstrand entlang zu laufen, dann war ich in Side, einer kleinen Stadt, die schon in der Antike bedeutend war. Schließlich führt eine lange, noch heute in Teilen erhaltene steinerne Wasserleitung hierher. Ein paar verfallene Steinbauten, ein Theater, die Agora, ein paar Tempel, künden noch heute von vergangener Pracht. Heute ist im Zentrum der Handel, der Bazar. Da versucht sich jeder über Wasser zu halten, Dir ein paar Shorts, einen Teppich, ein paar Sportschuhe zu verkaufen. Ein herrliches Cafe habe ich am Hafen entdeckt, irgendwie anders als die Touristenfallen. Eine entspannte Atmosphäre herrschte dort, wunderbare Musik kam aus den Lautsprechern, ein alter Steinkopf in einer Mauernische schaute einfach regungslos immer aus seinem Abstellregal.

In 20 km Entfernung dann erheben sich die Berge des Westlichen Taurus, wo eine ganz andere Welt liegt. Dahin verirrt sich kaum noch einer der Touristen. Auffälligerweise gibt es gar nicht so viele Mietwagenfirmen. Offenbar ist der Bedarf gar so groß, auf eigene Faust Ausflüge dort zu unternehmen. Das kommerzielle Angebot spricht Bände: Aqualand und Delphinland, Kamelsafari, Piratenfahrt, Rafting, Jeep-Safari, Manavgat-Bootsfahrt, 2 Tage Göreme oder Pamukkale, die "Blaue Fahrt" auf dem Segelboot nach Kemer, das kleine Kulturangebot: Aspendos, Perge, Antalya. Glücklicherweise nicht im Angebot "Seleukia", dieser deswegen noch wunderbar still inmitten eines Pinienwaldes auf dem Gipfel eines kleinen Berges liegende antike Ort.

Bislang spielen die "Höhlen" im touristischen Angebot nur eine geringe Rolle. Als einzige Schauhöhle wird die Damlatashöhle in Alanya häufiger besucht. Aber da entwickelt sich auch langsam mehr.

Auf die Tinaztepe-Schauhöhle bin ich auf dem Weg nach Konya gestoßen, auch die Altin-Besik-Höhle ist inzwischen von der Hauptstraße in den Taurus von der Straße aus schon angekündigt. Wer weiß schon, wie das in ein paar Jahren sein wird? Wenn die Schauhöhlenprojekte angenommen oder auch nicht werden. Wir haben hier bei uns genug Höhlen, die einstmals schon mal erschlossen waren, aber wieder aufgegeben worden sind, weil es sich einfach nicht "gerechnet" hat. Zuviele Investitionen und keine Erträge. Im Moment scheint man ja noch viel Hoffnung auf so etwas zu setzen, aber das muß alles nicht so weiter gehen. Die Nachhaltigkeit, die sustainability, ist die wirklich gegeben bei Löchern, die sich weit entfernt von den Schlagadern des modernen Tourismusgeschäfts befinden, die nur über lange und mühsame Bergstraßen erreichbar sind, und die am Ende mit der "Erschließung" der Höhle genau das totschlagen, was einstmals ihr eigentlicher Reiz war, ihre Unberührtheit, ihre Abgekoppeltheit vom üblichen Getriebe der Welt, ihre Nochnichtkommerialisiertheit, einfach die Tatsache, daß es sich da um einen "locus amoenus" handelt, einen schönen Ort, wo man eigentlich Raum und Zeit vergessen kann, insbesondere aber den Treibstoff, der leider unser ganze Welt inzwischen verhunzt, das Geld. Das spielt nämlich bei der Tatsache, daß es sich da um einen wunderbaren Ort handelt, in der Ursache gar keine Rolle. Erst dann, wenn man versucht daraus solches zu machen. Leider zerstört man damit das, was eigentlich seinen Wert ausmacht.

Kann man sich als "Höhlenforscher" für diese Gegend begeistern? Da muß man nur mal Toni Müller lesen: "Die Türkei ist für einen aktiven Höhlenforscher eines der interessantesten Gebiete der Welt! Und das nicht von ungefähr. Hunderte von zusammenhängenden Höhlenkilometern harren der Erforschung, Mit riesigen Einzugs-Gebieten..." So schön konnte es nur der Toni beschreiben....

Im Hotel nebenan in Side, der Sunrise Quest-Hotelanlage, entdeckte ich am letzten Tag beim Strandspaziergang etwas Seltsames. Zu Füßen des großen Baukomplexes schien es da einen "Höhleneingang" zu geben. Jedenfalls hatte da jemand versucht, so etwas in Beton zu formen. Ich wurde neugierig und ging hoch. Tatsächlich. Hier hatte ein höhlenbegeisterter Architekt zugeschlagen und die ganze Außenanlage als Grottenkomplex ausgebaut. Da gab es ein richtiges Grottenrestaurant, lauschige Felsnischen und eine richtige "CAVE BAR". Da konnte man im Badedress in einer richtigen "Höhle hinter dem Wasserfall" im lauwarmen Wasser und hinter einem hauchfeinen Wasservorhang sitzend seine Cocktails schlürfen und "watching the world go by" betreiben. Wo man nichts als richtiger "Höhlenforscher" heute seine Augen aufmachen muß, will man die ganze aktuelle Bandbreite des "Höhlenphänomens" mitbekommen!

Mehr darüber: /hrp/themen/grotten/sunrise/sunrise.htm

Antalya


 

Literatur allgemein:

Bussmann, Michael, Tröger, Gabriele Türkei, Michael-Müller-Verlag, 3. Auflage 2009
Henke, Georg Wanderungen in der Westtürkei, Bruckmann-Verlag, München 1994
Marek, Christian Geschichte Kleinasiens in der Antike, C.H.Beck-Verlag, München 2010

Literatur speleäologisch:

Aygen, Temucin TÜRKIYE MAGARALARI (TURKISH CAVES), 1984
Chabert, Claude Kocain, La "Grotte Enorme", Grottes et Gouffres, No 72, 1979, S. 21ff
Chabert, Claude Les plus grandes cavites turques, Grottes et Gouffres, S. 17ff.
Marks, Stephan Höhlen und Karst im Raum Antalya-Alanya, Südtürkei, in: Speläologisches Jahrbuch - Verein für Höhlenkunde in Westfalen 2010-2013, 129-142, Iserlohn 2015
Müller, Toni Türkei-Expedition 1974, Der Schlaz Heft 14 - 1975, S. 4ff.
Müller, Anton Bericht über Türkeiexkursion, DER SCHLAZ Heft 1, Mai 1970
Müller, Toni Türkei-Fahrt 1978, Der Schlaz 27-1979, S. 4ff
Müller, Toni Türkei-Fahrt 1978, Der Schlaz 28-1979, S. 24ff (Nachdruck von Nr. 27)
Ruggieri, Saro Central Western Taurus, The International Caver (13) 1995, S. 29ff.
Skuce, A., White, A.S., Worthington, S., Yonge, C. Sheffield and Leeds Universities' Expedition to the Taurus Mountains, Turkey 1976, Trans. British Cave Research Assoc. Vol.4, No. 4, pp.443-452 December 1977
Schmitt, Gerhard Höhlenforschung Türkei 1976-1983, Jahresbericht der Höhlenforschergruppe Rhein-Mai Heft 1984, 70-86, Frankfurt a.M. 1985
Schmitt, G.E. Ich war in der Unterwelt, Herder-Verlag, 1986
Schmitt, Gerhard F. Höhlen- und Karstforschungen im mitterlern türkischen Taurusgebirge, Höhlenforschergruppe Rhien-Main e.V. Frankfurt am Main 1994
Schmitt, Gerhard Türkeiexpedition 1976, Der Schlaz Heft 20-1976, S. 11ff
Spitzenberger, F. Höhlen in Westanatolien (Türkei), Die Höhle 24, 1, 23-30, Wien 1973

Links:

 


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