Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Erdstalltheorien


Warum wurden die "Erdställe" gebaut? Diese Frage wird seit Anbeginn der Wiederbegegnung von Menschen mit diesen unterirdischen Anlagen gestellt.

Zu Beginn sagte man gar nicht "Erdstall" dazu, eher "künstliche Höhle", "unterirdische Gänge", "labyrinthische Berggänge", "Höhlenlabyrinthe", "Hauslöcher", "lochy" usw..

Schon Karner ist der Meinung, daß sie "eine gemeinsame Idee repräsentieren" und man damit auf eine "eigenartige Zweckbestimmung" schließen könne, die allerdings "uns räthselhaft geworden" sei. Zwei Möglichkeiten werden schon von ihm diskutiert: Wohnstätte und Fluchtraum, aber die Erklärungen decken bei weitem nicht alles ab, was vorkommt. Schon 1903 schrieb er: "Es sind jene geheimnisvollen Anlagen, deren Zweck bis jetzt räthselhaft ist und vielleicht auch bleiben wird und welche nur die Annahme rechtfertigen, dass sie einem besonderen, vermuthlich religiösen Zwecke gedient haben."

Was wurden alles für mögliche Zwecke schon für Erdställe genannt? Die folgende Aufzählung stützt sich hauptsächlich auf den guten Übersichtsartikel von Edith Bednarik "Erdställe - Verstecke oder Kulträume?", ergänzt um einige weitere Anmerkungen.


Im Grunde fehlt doch nur noch die These, daß sie Orte der Sinnlosigkeit sind, die Lindenmayrsche Versuchsthese, der Absurdität des Lebens. Längst hat ja schon etwa Albert Camus mit seinem "Mythos von Sisyphos" dem Thema Absurdität ein Denkmal gesetzt, gehen viele Stücke Thomas Bernhards in diese Richtung. Wenn man auf ein unterirdisches Bauwerk stößt, das für einen bestimmten Zweck geschaffen worden ist, dann findet man den doch heraus in 99% der Fälle, es ist dann ein Keller, ein Tunnel, ein Grab, ein Bunker oder sonst etwas. Bei den "Unterirdischen Gängen", die lange Zeit nur noch als "Erdställe" qualifiziert worden sind, klappt das nicht. Was soll z.B. ein Rundgang für einen Zweck haben - manche haben die "Meisterleistung" vollbracht dabei an ein Davonlaufen vor dem Feinnd zu denken! Am Sympatischten war für ich noch die These von den Meditationsorten, aber nicht alle passen dazu.


Literatur:

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Bednarik, Edith Erdställe - Verstecke oder Kulträume? in: Drei Farben - Magie.Zauber.Geheimnis - Bedeutung der Farbe über Jahrtausende, hrsg. vom Urgeschichtsmuseum Asparn/Zaya, Neue Folge 497 2011
Bednarik, Edith Über das Rätsel der Erdställe, in: Der Erdstall 42-2016, 88-96
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Schwarzfischer, Karl Zur Frage der Schrazellöcher oder Erdställe. Weiner heimatkundliche Arbeiten 12, Weiden 1968
Schwarzfischer, Karl Erdställe als Kultstätten? Hinweise aus Volksglauben und Namensforschung, Sonderdruck aus der Reihe DER ERDSTALL - Jahresheft des Arbeitskreises für Erdstallforschung, Roding (1993) Nr. 19
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Thiersch, Prof. A. Künstliche Höhlen in Oberbayern, in: BAUB II, 1879, S. 170
Weichenberger, Josef Die Erdställe - Kultstätten oder Zufluchtsanlagen, Der Erdstall 21-1995, S. 53ff.
Weichenberger, Josef Der Erdstall als Zufluchtsanlage, Der Erdstall 17-1991, S. 88ff.
Weichenberger, Josef Der Erdstall als Zweckbau!?, Der Erdstall 41-2015, S.71

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