Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Expedition in die Finsternis / Expédition dans les Ténèbres

- ein Film von Bernd Kliebhan


"Das Eigentliche wohnt in den Tiefen der Erde." Eduard Martel

„Time flies“ heißt der erste Teil eines alten englischen Sprichworts. Es spricht einen wichtigen Aspekt des Lebens an, besonders in unserer Zeit, wo sich alles immer schneller zu verändern scheint. Allein an einem Aspekt wird das sehr deutlich auch in der Höhlenforschung. Wir leben ja schon in der zweiten SCURION-Generation heute. Vor Jahren liefen wir noch mit Helmkarbidlicht und elektrischer Zusatzbeleuchtung herum. Vorher hatten wir alle Handkarbidlampen, noch vorher gab es nur Wachskerzenbeleuchtung oder Kienspäne, wobei man das Beleuchtungsmittel manchmal zwischen den Zähnen hatte, wenn es ganz unangenehm wurde - so wie bei der Ersterforschung des Gouffre de Padirac 1889.

Bernd Kliebhans Film beginnt mit Szenen von Naturdetails, Wasser strömt, ein Spinnennetz im Gegenlicht, dann sieht man eine Gruppe von Höhlenforschern im Portal der Bramabiau, einer Flusshöhle in den Causses in Frankreich, auftauchen und sich in einem Höhlentunnel bewegen. Sie tragen alle die Standardausrüstung der Höhlenforscher des Jahres 1994, den roten Schlaz, die Gummistiefel, den Helm aus Hartplastik und eine Karbidlampe daran. Die wirkt heute, 2013, schon wieder wie aus einer weit entfernten Zeit. 1888, als man ersten den Durchstieg vom oberen zum unteren Eingang der Höhle, die nach dem Brüllen des Hochwassers im Frühjahr, das die Menschen an wütende Stiere erinnerte, erstmals wagte, ging man noch mit Kerzen. Eduard Alfred Martel war ihr Anführer und damit begann die Höhlenforscherkarriere dieses aus Paris stammenden Mannes mit dem Beruf des Rechtsanwalts.

Der für den Hessischen Rundfunk und ARTE gedrehte Film folgt dem Leben dieses heute als „Vater der französischen Speläologie“ und „Ersten internationalen Höhlenforscher“ bezeichneten Mannes an viele Orte: Zuerst geht es in das bis dahin ziemlich unbekannt gebliebene „Herzstück“ Frankreichs, das Departement Lozère, mit den Causses und den Schluchten des Tarn und anderer Flüsse. Mit einer heute fossil wirkenden Technik, einer großen Mannschaft und viel Mut werden hauptsächlich die vertikalen Löcher im Erdboden erkundet, die vorher entweder nur ignoriert wurden oder als Eingänge zur Hölle gefürchtet waren. Besonders der Gouffre de Padirac stellte sich als Highlight der Unterwelt heraus und wurde umgehend touristisch erschlossen. Martel verdiente mit damit, war er doch an der Betriebsgesellschaft beteiligt. Die Forschungserfolge machten Martel bekannt, er bereiste in den folgenden Jahren viele Länder Europas, oft auf Einladung der Regierungen, so geht er nach Griechenland und Russland.

Um 1900 war er ein "Star" in Paris, als "l'homme de gouffre" überall bekannt und überall eingeladen. Auf der Weltausstellung in Paris präsentierte man Exponate der Höhlenforschung an repräsentativer Stelle. Er hielt Vorträge, schrieb so erfolgreiche Bücher, dass jede Bücherei in Frankreich, die etwas auf sich hielt, mindestens ein Exemplar von ihm haben wollte, gründete die noch heute renommierte Zeitschrift SPELUNCA, regte zur Beschäftigung mit der Höhlenforschung auch in anderen Ländern an – und hörte nach dem 1. Weltkrieg mit der aktiven Höhlenforschung wieder auf. Heute ist er nicht mehr sehr bekannt. Sein Ruhm ist verblaßt. Nur noch ganz wenige Spezialisten wissen um sein Leben und seine Leistungen. 

Der Betrachter des Films erfährt das alles in Form von zahlreichen Interviews mit Fachleuten aus der Höhlenforschung, rauschhaft schönen zeitgenössischen Filmaufnahmen aus der Höhlenwelt und von den Landschaften darüber (u.a. Gaping Gill in Yorkshire, Cueva del Drach auf Mallorca), die alte Zeit wird vorgestellt mittels der noch gezeichneten und aquarellierten Bilder des Ausnahmehöhlenkünstlers Rudeaux, alter Photos und nachgestellten Filmmaterials von Martin Figére, alles untermalt von der hermetischen Musik von Erik Satie.

Man kann sich den mehrfach preisgekrönten Film, unter anderem beim Festival Montagna Trento 1996 und beim ESPELEO CINEMA 94 in Barcelona, immer wieder anschauen, unter anderem vielleicht auch einmal in seiner französischen Version. Dann stimmen einfach dann auch Klang und Bilder noch besser zusammen.

Der Höhlenfilmklassiker ist für sozialverträgliche 19 Euros + Versandkosten unter bernd(at)kliebhan@de erhältlich, wo es auch weitere Informationen zu Martel gibt.

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