Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Georg Ronge
1947-2021
Ein typisches Bild für den "Schorsch" - nichts konnte ihn
abschrecken, wenn es um "Neuland" ging
"Without daring there is not adventure." David Steindl-Rast, Gratefulness
"We shall not cease from exploration
And the end of all our exploring
Will be to arrive where we started
And know the place for the first time." T.S. Eliot
"Das Kühnste am Leben ist, dass es den Tod hasst." Elias Canetti
Zur Zeit kommt es ganz dick, zuerst der Roland Harnisch, jetzt der Georg Ronge. Und es wird weitergehen..... (Dabei heißt es bei Thea Dorn schon: "Kein Mensch sollte im Frühling sterben dürfen.)
"Heute hat uns die traurige Nachricht erreicht, dass unser lieber Höhlenfreund und Kamerad Georg Ronge letzte Nacht verstorben ist! Mir fehlen die Worte……….." Peter Forster
"Dienstagabend hatte Georg niedrigen Blutdruck, es fröstelte ihn und er bekam bei rasselndem Atem sehr schlecht Luft. Mittwoch um 9:30 Uhr kam er mit dem Notarzt in das Krankenhaus. Es ging ihm bereits sehr schlecht. Es wurde festgestellt, dass eine Herzklappe abgerissen war. Die Notoperation konnte sein Leben nicht mehr retten. Gegen 21:30 Uhr hörte Georg auf zu atmen. Seine Frau und seine Tochter konnten ihn die Zeit im Krankenhaus begleiten. " Roland Konopac
Der Georg war eine Ausnahmeerscheinung, in vieler Hinsicht. In seinem Alter rannte er vielen noch davon, z.B. mir. Wenn ich die Rucksäcke angeschaut habe, die er ohne jedes Murren getragen hat, dann konnte ich nur vor Neid erblaßen. Und das Tempo, das er vorgelegt hat, das packen viele Jungen nicht. Und die Alten auch nicht, z.B. ich.
Eines trieb ihn an, die Forschung. Und dafür sind noch immer die Höhlen eine Möglichkeit. Es wird zwar immer schwieriger, an noch unbekannt geblieben Orte unter dieser Erdkruste zu kommen, aber unmöglich ist es nicht. Und Georg hat es wiederholt geschafft - vor allem durch den Einsatz von Technik. Das war sein Feld. Geräte, Beleuchtung....
Ich kam mit ihm in den letzten Jahren immer wieder zusammen, weil ich ihm einige Hinweise geben konnte, wo man es noch einmal versuchen konnte, um vielleicht weiter zu kommen.
Drei Beispiele.
-
In den 70ern waren wir, zuerst einmal Christian und Klaus Deubner und ich, dann
auch noch andere, vor allem Wolfgang Siersch, im Stiergraben
im Hagengebirge unterwegs und erforschten dort den Höhlenpark um die
Lindwurmhöhle. Nachdem wir so ziemlich alles abgegrast hatten, verlegten sich
die Aktivitäten in andere Regionen.
2016 ging es für ein Wochenende wieder hinauf zum Seeleinsee und in die Höhlen
der Umgebung. Besonders spannend fand ich, den Lindwurmgang in der
Lindwurmhöhle noch einmal genauer anzuschauen. Nach unten zu scheint es
tatsächlich ziemlich zu sein, aber noch oben.... Georg ergriff gleich die
Gelegenheit und stieg hinauf unter die Decke, die dann doch keine war, weil es
immer höher ging. Spuren eines Ersteigungsversuchs waren noch da, vielleicht
ist das einmal Wolfgang Siersch gewesen, aber es ging noch weiter. Die
Überdeckung ist mindestens 100 bis 200 m Kalkstein. Da wäre noch allerhand
möglich. Irgendwann stieß auch Georg an den Rand seiner momentanen
Möglichkeiten und kam wieder herunter, aber es geht noch weiter...
- Im Allgäu bei einer unerforschten Quelle
- Das "letzte", nicht zu Ende geführte Projekt, das
Schusterloch. Georg hatte sich auch in die Forschungen im Lattengebirge
eingeschaltet und zum Beispiel eine Fahrtgenehmigung für die Forststraßen
organisiert, so daß es viel leichter wurde, in die Forschungsgebiete zu kommen.
Beim Gespräch über weitere Forschungsmöglichkeiten machte ich ihn auf die
Quellhöhlen am Fuß des Lattengebirges aufmerksam. In denen hatten Christian
und Klaus Deubnis und ich schon Anfang der 70er Jahre herumgesucht und wenig
gefunden. Besonders bei den 7-Quellen hatten wir uns abgemüht, eine
Quellöffnung freizulegen, waren aber gescheitert. Georg begann, diese Region
genau zu inspizieren und stieß natürlich auch auf die Spalten. Auch er kam
allerdings nicht recht weiter. Ein Loch schien noch mehr zu vesprechen. Er
mochte ja die Quellhöhlen, wo es etwas zum Auspumpen gab. Es hatte ja beste
Beziehungen zur Feuerwehr und die stellten ihm das Gerät und die Schläuche
immer wieder zur Verfügung. Wir wollten mal zur Höhle gehen und die
Verhältnisse abchecken. Immer wieder hab ich ihm beschrieben, wie man hinkommt,
aber am Ende lief es darauf hinaus, daß ich ihm den Eingang zeigen sollte. Wir
machten einen Termin Anfang 2020 aus - und dann kam Corona und die Sperren für
Touristen im Berchtesgadener Land. Wir verschoben das Projekt auf bessere Zeiten
- die nun nicht mehr kommen werden. Ob es jemals jemand mit dem Feuer und
Enthusiasmus von Georg wieder kommen wird, um auch dort weiterforschen zu
wollen? Ich zweifle daran.
Was ist der Tod? Ist er nur das Ende des "Lebens" oder auch der Anfang einer weiteren Existenzform? Die Religionen haben unterschiedlichste Antworten zu geben versucht - man kann sie glauben, sie mögen Trost spenden oder auch nicht. Mancher glaubt an die "Wiederauferstehung", aber für manchen wäre das nichts Erfreuliches. Endlich wäre man auf Distanz zu bestimmten Menschen gekommen und dann sähe man sie wieder - vielleicht sogar auf "ewig". Oder wartet da das ewige Hossianah-Singen auf uns? Oder das lodernde Höllenfeuer...und treffen wir dann da den Reinhold Messner wieder auf der Suche nach einem vom Menschen noch nicht betretenen Gebiet (siehe Josef Hader "Franz)? Oder den Georg...Schläuche schleppend für den nächsten Pumpversuch?
Ausgewählte Literatur:
Dorn, Thea (2021): Trost - Briefe an Max, Penguin, München
Ronge, Georg (1970): Fortschritte im Schwarzbachloch, Der Schlaz
1-1970
Ronge, Georg (1971): Wer anderen eine Höhle gräbt, fällt selbst hinein, Der
Schlaz 5-1971
Ronge, Georg (1975): Warum geht man gern in Höhlen, Der Schlaz 17-1975
Ronge, Georg (1976): Politik gehört nicht in die Höhle und erst recht nicht in
den Schlaz, Der Schlaz 18-1976
....
Ronge, Georg (2020): Der Jackelberg - ein tektonisches Chaos oder: Neue
Höhlenfunde, Corona sei Dank, Der Schlaz 131-2020, S. 7ff.
Ronge, Georg (2020): Ein künstlicher Stollen zwiscchen Neuhaus am Schliersee
und Josefstal, Der Schlaz 131-2020, S. 10ff.
Ronge, Georg (2020): Die Höhle in der Schluchtwand der Gamsgartenklamm, Der
Schlaz 131-2020, S. 14ff.
Steindl-Rast, David (1984): Gratefulness, the Heart of Prayer, Paulist Press,
New York/Marwah
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