Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

"A World Cave Stone Circle"


English version

Auf der DOCUMENTA 1992 in Kassel fiel mir das Buch "Walking in Circles" über die Arbeit von Richard Long, einem der wichtigsten zeitgenössischen britischen Künstler, in die Hand.

     

Ein Beispiel für moderne Steinkreise - Longs Arbeit auf der Zugspitze Frühjahr 1998


Ein Steinkreis von Richard Long im Chambord, der bedeutensten Loire-Schloß

Ich war fasziniert und begann bereits auf der Rückfahrt nach München im Heidenloch in Unterfranken selber einen ersten Steinkreis und einige Steinlinien zu schaffen. Nach dem Photographieren dieser Gebilde wurden die Steine wieder so verteilt, daß hinterher nichts mehr auf diesen kurzzeitigen Einzug von "Ordnung" in die "wilde Natur" hindeutete. Auch in den folgenden Jahren machte ich ähnliches in anderen Höhlen.

   
Grotte de Cayre Creyt, Ardèche,F   Heidenloch, Bayern, D   Brandungshöhle bei Abroath, SCO

 

Beim UIS-Weltkongreß 1997 in La-Chaux-de Fonds war dann für kurze Zeit ein kleiner Steinkreis in der Ausstellung "SpeleoArt" im Kantonalen Gymnasium zu sehen gewesen.

Er fußte auf Ideen für eine Höhleninstallation, die mir nach der Ausstellung "GAIA'S CAVE / GENIUS LOKI" Anfang Juni 1997 gekommen waren. Ich schrieb die Organisatoren von SPELEMEDIA, SpeleoArt und dem UIS-Kongreß in La-Chaux-de-Fonds in der Schweiz an und fragte, ob Interesse und Unterstützung für das Projekt vorhanden war. Sie bekamen von mir folgendes Schreiben (auszugsweise hier wiedergegeben): "......

 

Richard Long, a great British sculptor from Bristol, has been building stone circles all over the world for many a years.

Why can't we built one, at least, a unique stone circle, in La-Chaux-de-Fonds during SPELEOMEDIA?

Do what he has written down in "A MOVED LINE IN JAPAN - 1983"

PICKING UP CARRYING PLACING

ONE THING (THIS TIME A HANDSIZED STONE) TO ANOTHER

and close the circle.

PICK UP THE STONE AGAIN CARRY IT BACK PLACE IT AGAIN IN THE SAME CAVE

What would fit better to SPELEOMEDIA than that?

........ "Ich muß zugeben, die Grundidee finde ich faszinierend. Für kurze Zeit "Höhlensteine" von unserem gesamten Globus, von Oberbayern bis nur Nullaborebene, von Kentucky bis nach Tadschikistan, auf einmal vereinigt zu finden - und dann wieder auseinander - jeweils wieder in den Höhlen, aus denen sie gekommen sind, möglichst jeweils wieder an dem Platz, von dem sie gekommen sind. "

In letzter Sekunde jagte Peter Hofmann noch eine Emailnachricht durchs Internet - aber bewegt hat das leider auch nicht mehr viel. Carolina Brook half sehr bei der tatsächlichen Realisierung der Installation. Es wurde ein Platz gefunden im Rahmen der Höhlenkunstausstellung, die Pappe beigebracht und das alles zu Füßen des Stammvaters der modernen Speläologie, Eduard Martel, dessen Bildnis darüber hing.

 

Das Ergebnis von La-Chaux-de-Fonds:

     

Der Stein, den ich mitgebracht hatte, stammte aus dem Fuchsloch bei Schalding. Schalding liegt in der Nähe des Tegernsees in Oberbayern, D. Er lag nur für kurze Zeit im Kreise anderer Steine, weil ich ihn bei der Heimfahrt wieder mitgenommen und inzwischen auch schon wieder ins Fuchsloch zurückgebracht habe.

Beim Zurücklegen des Steins ins Fuchsloch / September 1997 Der "Stein" Der Stein, der eine "Bildungsreise" nach La-Chaux-de-Fonds in der Schweiz gemacht hat, zurückgekehrt in seine Urhöhle / September 1997

 

Interessant waren die Reaktionen anderer Höhlenforscher auf meine Intitiative. Carolina Brook hatte einen Sinterbrocken aus der Kingsdale Mastercave in Yorkshire mitgebracht, durfte ihn aber nicht zeigen. Die Organisatoren des Kongresses meinten, daß das gegen Höhlenschutzgrundsätze verstoßen würde. Kevin Downey aus Kalifornien schlug vor, doch die Steine auszutauschen - einen Höhlenstein aus Bayern nach Kalifornien und umgekehrt. So war es nicht gedacht gewesen und wurde auch nicht von uns so praktiziert.

Vielleicht wird diese Idee irgendwann wieder aufgegriffen und bei anderer Gelegenheit noch einmal versucht. Kern der Idee ist für mich das gemeinschaftsbildende Ritual und der bewußte, sorgfältige Umgang mit einem kleinen Stück Natur, einem einfachen Stein.

Ein neuer Höhlensteinkreis, den es auch schon nicht mehr gibt - in der Fantaxospiliara auf Kreta / September 1998

Einen Steinkreis zu bauen, das ist eine Idee, die auch heute noch Menschen findet, die fasziniert von ihr sind. Man muß dazu ja nicht immer Steine nehmen, die ausgerechnet aus einer Höhle stammen.

Auf den Homepages des Stone Circle Webrings finden sich sicher noch mehr Beispiele.

Ein Link dazu:



Ein Teil der Steine für den Höhlensteinkreis im Leinenbeutel beim Abholen aus der Höhle, 16. Mai 2004

Ab dem 19. Mai 2004 durfte es wieder soweit sein. Ein neuer Höhlensteinkreis entstand. Diesmal nicht mit der ambitionierten Idee verknüpft gleich mit dem ganzen Erdkreis verbunden zu sein. Sondern die Steine stammten aus einer Höhle, von mir dort eine Woche vorher im Rucksack und zwei Tragetaschen hergeschleppt. Am Ende war ich kräftemäßig fertig. Ich fuhr sie nach Aschau, lagerte sie unter einem Baum in der Nähe des Rathauses, holte sie am Mittwoch nachmittag dort herein in das Gebäude und begann mit meiner Konstruktion dieses Steinkreises.

Die erste und ganz entscheidende Frage war, wohin? Da bot sich einfach der Raum, rechts vom Haupteingang, einfach an. Glatte, spiegelnde Steine bildeten den Untergrund. Links und rechts waren gute Hängeflächen für hängende Kunstwerke. Ich probierte es mal. Links hing dann Carolina Brooks "White Rabbits", rechts erst einmal nichts. Später, als ich den Steinkreis schon gestaltet hatte und gerade nicht da war, weil ich eine Führung zu anthropospeläologisch bemerkenswerten Orten im Chiemgau macht, okupierte (kein Wunder, daß ich unsicher wurde, wie man in der deutschen Sprache mit ihrer langsam völlig unseligen "Rechtschreibung" nicht mehr weiß, wie man was denn schreiben "solle" - mein DUDEN kennt das Wort noch überhaupt nicht!) Sophie Hochrein die Fläche, hängte ihre riesigen Bergmannsunterhosen an die Seite

und in meinen Steinkreis ihren "roten Teppich" und, das war wirklich die Höhe, zwei heftig klebende weiße Beschreibungszettel mit den Daten ihres "Kunstwerks". Aus meinem Steinkreis war der Rahmen für ihre Kunst geworden. Als ich das später den Besuchern der Ausstellung erzählte, da lachten die Leute nur noch. Das war so, als wenn ich hergegangen wäre und hätte mit dem Pinsel eines ihrer "Kunstwerke" vervollständigt. Seltsam, das Gefühl für Grenzen. Wo darf/sollte ich eine überschreiten, wo ist es angebracht, sie einzuhalten?

Als ich zurückkam, da nahm ich ihren "Teppich" und legte ihn auf einen Ort, der noch "frei" war und kratzte mühsamst den Leim ihres Beschreibungsschildes vom Boden. Der Auslöser unsers "Skandals".......


Wolfgang Siersch im Steinkreis, das "Merkholz für die Höhle" von Roland Brummer präsentierend


Beim Abbau des Steinkreises kam mir die Idee, dieses Bild zu machen -
der Beginn eines neues "Kunstwerks"? Das Dunkel außen und der Stein innen? Davon lebt die "Kunst" - daß sie unser "normales" Sehen durcheinander bringt. Sonst ist sie ja einfach nur "fad".


Die Quelle der Steine

Das Ende der ganzen Aktion war erst am 1. Juni 2005. Da habe ich die Steine wieder zurückgebracht an den Ort, wo sie herstammten. Das war aufwendig und anstrengend, aber macht für mich Sinn. Jetzt liegen sie wieder alle dort, genauso wie all die anderen Steine, von denen sich sie äußerlich durch nichts unterscheiden.

Die Steine am Morgen, ausgebreitet in meinem Gröbenzeller Keller
Die Steine, verpackt in 2 Rucksäcke und eine Tragetasche
Die Steine, noch verpackt in die Säcke, an ihrem Ausgangsort
Zurück in der Höhle, ungeordnet
Als Kreis
 

 


Zum Abschluß ein Zitat aus dem Buch von Michael Vetter "Die Psychologie der Seinserfahrung":

"Ob der Stein glücklich ist,

wenn ich ihn in die Nähe eines anderes lege?

Er ist so einsam...

Oder ob es die Würde des Steins verletzt,

oder ihn in seiner Ruhe stört,

die er so liebt,

wenn ich ihn aufhebe

und an einen anderen Platz niederlege?

(Ich weiß, das sind MEINE Überlegungen,

sie entsprechen MEINEM Körper,

nicht dem des Steins.

Aber daß ich sie anstelle, entspricht

der wesentlichen Einheit

dieser vielgliedrigen Seele.

Ich werde dem Stein meine Hand auf den Rücken legen

und seine Stille und meine Liebe mit ihm teilen.)


 

 

 


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