Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Fakirhöhle am Wendelstein


"Aus den Augen, aus dem Sinn" heißt ein deutsches Sprichwort. Man denke bloß nicht, das gelte heute nicht mehr. Was tun wir denn mit dem Atommüll, der anfällt, bei uns und anderswo? Hinein in die Erde, z.B. einen Salzstock. Da liegt er sicherlich sicher, so zumindest die "Fachleute", oder etwa nicht? Wie war doch der unvergängliche Untertitel einer Karikatur, die das inzwischen ja schon wieder völlig vergessene "Wackersdorf" in der Oberpfalz betraf: "Vergessen Sie nicht, sie sind schließlich "Gutachter" nicht "Schlechtachter". Also hinweg mit dem Dreck.

Das ist uralter Usus, und unsere Archäologen wären manchmal arm dran, hätten die Menschen schon immer so ordentlich ihr Zeug aufgeräumt, wie das in Idealszenarien auch heute, oder gerade wieder heute, propagiert wird - bis hin zum Recycling, zu den modernen "Geizhälsen" usw.. Ein klassisches Beispiel für den Müllhaufen vor der Türe in einer Höhle gibt es an der Südflanke des Wendelsteins in den Bayerischen Alpen. Man müßte mal eine Gesamtenergiebilanz aufmachen, ob nicht ein solches Vorgehen vielleicht doch gescheiter wäre, als das, was heute oft passiert, daß wir nämlich aus den hochentwickelten Industrieländern den Dreck möglichst weit wegbringen lassen, z.B. in den Libanon, nach Usbekistan oder sonst wohin. Zahlen tuts wahrscheinlich die EU!

Damals aber, als es den vielen Leuten noch nicht so gut ging, da warfen sie den Abfall halt dahin, wohin er sie im Augenblick am wenigsten störte, z.B. in eine Felsenhöhle in der Hütte, wofür sich ohnehin keiner mehr interessierte. Speleäologisch entdeckt wurde die Fakirhöhle am 27. November 1982 zufällig, als ich mit Kurt Zucher auf dem Weg zur Rettungsübung des Vereins für Höhlenkunde in München in der Wendelsteinhöhle war. Eine dunkle Stelle in einer Felswand etwas abseits vom Weg sah höhlenverdächtig aus, wir gingen hin und wurden gleich richtig frustriert. Alles war zugeschüttet mit Müll. Nur ein ganz kleiner Spalt an der Decke war noch frei. Ob es dahinter noch weitergehen würde. Keiner war bereit da nachzuschauen. So opferte ich mich und ließ mich bei dem kühnen Vorstoß auch gleich photographieren. Das war ziemlich unangenehm, weil Glasscherben, offene Blechdosen und alles mögliche andere Zeug den Boden bildeten, über den ich bäuchlings mich bewegen mußte. Glücklicherweise gings nicht weiter und die Bilder sind auch gleich etwas beim ersten Male geworden, weshalb der Versuch nicht wiederholt zu werden braucht.

Die Frage ist nur, sollte man nicht so ein Objekt nicht auch als Dokument unserer heutigen Geisteshaltung unter Kulturgutschutz stellen und deshalb alle Veränderungen daran wenigstens vorläufig unterlassen, ehe die Archäologen eines Tages auch hier ihre "wissenschaftlichen Untersuchungen" einmal anstellen können? Selbst solche unterirdischen Müllhaufen haben heute nur noch eine kurze Halbwertszeit! So ist der ebenfalls klassische Müllhaufen in der Höhle hinter dem Klösterl im Donaudurchbruch bei Weltenburg auch längst schon wieder verschwunden! Heute ist alles ausgeräumt, kein Fuzerl Müll ist mehr da, wie ausgeblasen alles, kein Mensch käme mehr auf die Idee, daß hier einmal kubikmeterweise Kulturschutt eingelagert war.

Auch alte Bergwerke sind vor den Höhlensäuberern nicht mehr sicher! Der VHM etwa unternahm in den 90er in einer großen Aktion die Reinigung eines alten Stollens ebenfalls im Wendelsteingebiet und entfernte zentnerweise den Dreck wieder nach draußen, was aber am Ende nur möglich war, weil uns das THW draußen tatkräftig unterstützte. Unsere eigenen Kräfte, die ja zum Großteil nur aus unseren Händen bestanden, hätten dazu nie ausgereicht.

Unten an der Alpenstraße warteten große Container
auf den Müll aus dem Bergwerk

Das THW leistete mit seinen technischen Möglichkeiten
hoch willkommene Hilfe

Die Umgebung des Arzmooses


Etwa in Bildmitte sind die Eingänge in das Bergwerk

Beim Abtransport des Mülls in Aluminiumwannen

Eine alte Dose mit origineller Aufschrift:

"...löscht Männer-Durst!"

Ein Ladung Müll aus dem Bergwerk-

mit den Händen dem Berg wieder entrungen

   

 
   
Die Fakirhöhle im "Entdeckungszustand" durch uns
   
In der Höhle hinter dem Klösterl

inzwischen ein Foto mit historischem Wert

im Bild: Ulrike Munninger

 

 

 

Literatur:

Lindenmayr, Franz Die Erstbefahrung der Fakirhöhle am Wendelstein, DER SCHLAZ, Heft 39, Februar 1983, S. 16ff.

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