Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Tagung 2017

des Arbeitskreises für Erdstallforschung e.V.



"Lauter nette Leut" - Kommentar einer ernstmaligen Besucherin des Treffens aus Oberösterreich


Der Gasthof Knott in der Gemeinde Tiefenbach, Landkreis Passau war vom 22. bis zum 24. September 2017 der Austragungsort der alljährlichen Jahrestagung des Arbeitskreises für Erdstallforschung. Es war einmal wieder gut, daß man sich wieder einmal in andere Gebiete, die voller Erdställe stecken, aufmachte, aber das brachte auch gewisse logistische und andere Probleme mit sich.

Wahrscheinlich war es gar nicht so einfach, ein geeignetes "Lokal" zu finden. Offenbar ist es "in", dort zu sein, den Wirt freut es sicherlich, aber all die vielen Interessen unter einen "Hut" zu bringen - das geht vielleicht im "Himmel", an den ja wohl manche/viele? in der Umgebung von Passau noch immer glauben, aber hier auf unserer schon sehr geschundenen Erde? 

Freitag abend ab 19.30 Uhr sollte die Veranstaltung anfangen. Wer zur "Arbeitskreisleitung" gehört, der mußte schon früher da sein. Da tagte der Vorstand. Langsam füllte sich die Gaststube, an deren Eingangstür ein Schild prangte: "hier wird mit Liebe gekocht". Tatsächlich war das Essen gut und reichlich und preiswert im Vergleich zu München. Fremde Gäste wurden in die Nebenräume umgeleitet. Uns stand der Gastraum zur Verfügung, in dem eine gute alte Projektionsleinwand aufgestellt wurde, wo wir dann die Beamerprojektionen sehen konnten.

Gegen 20 Uhr begann Birgit mit dem Jahresrückblick des Vereins. Mit rot gefärbtem Haar und schwarz gedresst präsentierte sie die Leistungen der Vereinsleitung. Nach der tiefen Krise, nichtzuletzt hervorgerufen durch den plötzlichen Rücktritt ihres Vorgängers, der mittendrin im Jahr die Zügel hinwarf und seinen eigenen Verein gründete, scheint es wieder richtig gut weiterzugehen. Neue Leute sind hinzugekommen und bringen neuen Schwung, Sachkompetenz und Begeisterung mit. Das zeigt sich auch mit der Einführung eines Frühjahrstreffens, das diesmal das erste Mal im nordöstlichen Bayern bei Aschaffenburg stattfand, in der "Diaspora", wie es Heike Gems-Müller freundlich formulierte (Sie berichtete dann noch von einer Infoveranstaltung in Nierstein, Landkreis Mainz-Bingen). Es soll in Zukunft regelmäßig an einem anderen Ort stattfinden, vor allem dort wo man selten hinkommt und es nur wenige Erdställe und ähnliche unterirdische Anlagen gibt. Das Ziel für das nächste Jahr ist schon ausgespechtet: Julbach.
Viel Zeit und Energie ging auch in das geplante Erdstallforschungszentrum in Neukirchen-Balbini, wo die Arbeiten weiitergingen. Ferner gab es dann noch Tätigkeitsrückblicke über die Fortschritte in den deutschen und österreichischen Regionen. Peter Forster berichete ausführlich über ein Grabungsprojekt im Maisacher Raum, wo sich plötzlich ein Loch in der Erde aufgetan hatte und man dann im Laufe der anschließenden Grabung auf eine Tiertränke aus der nachnapoleonischen Zeit stieß.
Ein ganz gewichtiger Punkt am Ende dieses Abends war der Hinweis, daß vor kurzem Edith Bednarik gestorben ist. Sie hinterläßt eine Lücke, die nicht zu schließen ist. 


Edith Benarik 2003 in Strahl

Der Samstagmorgen war für ein umfangreiches Vortragsprogramm reserviert. Birgit Symader und Michaela Helmbrecht referierten über das Erdstallforschungszentrum in Neukirchen Balbini, Dr. Martin Straßburger über den Erdstall Ayiing und die dortigen Sicherungsmaßnahmen und in einem weiteren Referat von einer neu gefundenen "Unterirdischen Anlage bei Mösingen / Lkr. Freyung-Grafenau", die inzwischen schon wieder verfüllt ist. Besonders der Beitrag über Aying war aufzuschlußreich, weil wir da von etwas mitbekamen, was einem ja sonst vollkommen unbekannt geblieben wäre. Da wurden z.B. über 200.000 Euro für die "Sicherung" des Erdstalls ausgegeben. Man hätte ihn ja z.B. auch einfach wieder zuschütten können, sobald ie "Archäologische Bestandaufnahme" stattgefunden hatte. Aber da gab es wohl viel guten Willen und auch schon einen gewissen Druck der Öffentlichkeit, daß man sich hier besonders angestrengt hat. Wir erfuhren etwas mehr von den komplexen Randbedingungen, die dort herrschten und die dann zum Ausbau eines großen Teil der unterirdischen Anlage mit massiven Stahlstreben, mit "Geotextil" und Randverfüllugnen geschah. Irrtümlicherweise, aber auch sehr aufschlußreich, stand in der Vorankündigung, man habe da einen "Besuchererdstall" geschaffen. Davon kann in keiner Weise die Rede sein. Das "Denkmal" unter dem Pfarrsaal ist ziemlich unzugänglich.
Zwischendrin hatte uns Birgit über die Folgen des Denkmalschutzgesetzes vergattert und was das für die Erdstallforschung heißt. "Denkmalschutzgesetz", da ratterte es bei mir und machte eine kurze Bemerkung dazu. In München war nämlich wenige Wochen vorher etwas passiert, was man angesichts des Schutzszenarios, das da vorher vor uns entworfen worden war, gar nicht für möglich hält. Da war einfach ein Haus in München-Giesing, das unter Denkmalschutz steht, einfach weggerissen worden! Einfach so. "Die Kleinen hängt man..."
Das Giesinger Haus 2017

Das Mittagessen konnten wir im Gastgarten einnehmen, ein Genuß in der herbstlich angehauchten Sonne. 'Um 13.30 Uhr sollte es mit dem Bus zu einer Exkursion losgehen, was ja allein aus ökologischen Gründen gut war. Wir waren ja gut 30 Personen, die paßten gut in so ein Gefährt. Es ging nach Kapfham, wo es einen klassichen Erdstall gibt, der 1993 von Manfred Stolper vermessen worden ist. Er liegt im Keller eines Wohnhauses. Durch ein enges Loch in der dicken Außenmauer des Hauses geht es 2 Meter schräg nach unten. Danach befindet man sich unmittelbar im Erdstall, der horizontal in zwei Richtungen führt. Nach rechts ist er gleich in einer Verschüttung zu Ende, nach links geht es in eine Kammer mit einer Endnische. Hier ist es aber noch nicht zu Ende, sondern man kann sich eine der typischen Erdstallröhren hinablassen, genau ausgemessen von Stolpe. Es sind 1,46 m bei einem Durchmesser von 55 cm. Wie hat man bloß diese Formen gebaut'? Unten kommt ein weiterer Gang, dann wieder ein röhrenförmiger aufsteigender Gang, der in einen nächste Kammer führt. Das ist alles nichts für Menschen mit Platzangst. Die können hier auf Erden schon Höllenqualen erleiden. Birgit hatte als Vorgabe für 5 Minuten für jeden gegeben. Wer zu zweit unterwegs war, der hatte 10 Minuten. Tatsächlich war das viel zu kurz für die, die sich tatsächlich auf die unterirdische Felsentaucherei einließen. Die kamen dann erschöpft, gezeichnet, angeschmutzt und angetörnt wieder zu Tage. Viele blieben lieber draußen oder gaben sich mit einem Blick auf die viereckige Maueröffnung im Keller zufrieden.
Noch ein Objekt besuchten wir, keinen Erdstall, aber eine "unterirdische Anlage". Die Ausrüstung ist dieselbe: Schlaz, Helm, Schuhe. Einen Namen des Anwesens kann ich nicht angebebn, nördlich von Passau... WEnn man mit dem Bus unterwegs ist und überall hingefahren wird, braucht man keine geographischen Details zu wissen. Der Bus fuhr vor, wir liefen ein paar Meter bergauf, links herum um einen Holzstadel, eine Steinplatte wurde beiseite geschoben, ein Loch tat sich auf. Wer Lust hatte, der ging? hinein. Gehen ist der falsche Ausdruck. Die meisten, die da hinein wollten, schoben sich mit den Füssen voraus in den sehr niederen Stollen, konnten später aufstehen und in einem Wassergang einige Meter unter der Erdoberfläche sich vorwärts bewegen. Der Gang stoppt abrupt, es bleibt nur noch der Rückweg und am Ende das Zurückkriechen.
Viele blieben lieber draußen, genossen den schönen Herbstnachmittag in der Sonne (Sogar die Geschichte von Diogenes und Alexander dem Großen paßte hierher: Was kann ich für dich tun? Geh mir aus der Sonne.), gingen hinauf zu einem Burgstall oder begaben sich zu einem künftigen Forschungsprojekt: einem verschütteten  Stollen in der Nähe, der ausgeräumt werden könnte.

Die Sonne senkte sich zum Horizont, es wurde Zeit, zurückzukehren, abendzuessen und dann dem Vortragsprogramm zu folgen. Wir waren nicht allein im Hause. Der "Knoltt" brummte. Tagesgäste, Hotelgäste bis zum Anschlag (als wir uns Monate vorher schon angemeldet hatten, schien die Welt noch in Ordnung. Plötzlich hieß es, das Haus sei voll, es gäbe ein Ersatzquartier 1 km entfernt, 10 Euro teurer. Das verschreckte manchen.), eine Musikveranstaltung im Nebensaal, von der wir auch ein wenig mitbekamen. Trotzdem: Es lohnte sich, dabei gewesen zu sein beim Abendprogramm: Wir hörten und sahen was von "Heidenhöhlen und Knabenlöchern im Bodenseeraum" von Ralf Keller und von Martin Müller etwas über den "Gang mit Schlußkammer im Lößboden von Großostheim". 

Sonntag war Wahltag in Deutschland. Die Ergebnisse waren für die erfolgsgewohnte CSU in Bayern katastrophal - man landete weit weg von der gewohnten Mehrheit. Davon bekamen wir morgens noch nichts mit. Alles lief wie gewohnt: Gutes Frühstück im Gastsaal, dann Weiterrücken um ein paar Meter in den Vortragsraum. Manfred Moser hatte noch immer seinen Secondhandbuchladen zu Gunsten des Arbeitskreises ausgebreitet und die meisten Bücher gingen wohl an neue Besitzer weiter - eine gute Idee. 4 Vorträge standen auf dem Vortragsprogramm: Ich erzählte etwas über Höhlenkirchen in Südwestrussland, Otto Cichocki aus Wien hielt gleich zwei Vorträge, einmal über einen neuen Erdstall in Wien/Erdberg und dann über naturwissenschaftliche Datierungsmethoden in der Archäologie und Dr. Helen Wider aus der Schweiz referierte über den Stand der Forschungen in unterirdischen Anlagen dort - ein buntes, hochkarätiges Programm.

Danach war die Luft raus, es ging zum Mittagessen, nach Hause oder man blieb noch, um nachzuarbeiten. Eine der "Neuerungen", die man vor hat, ist gleich nach Ende der Veranstaltung einen Bericht darüber zu schreiben und ins Internet zu setzen. 

 

Am Morgen beim "Knott"
Im Vortragssaal
Beim Mittagsessen
Vor dem Bus
Nähe Erdstall
Bei der "unterirdischen Anlage"
Teil-gruppenbild

 


Literatur:

Hinzpeter, Uwe Rückblick auf die Jahrestagung 2017 in Jacking bei Passau, in: Der Erdstall 44-2018, S. 113-116

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