Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Gemeinschaftstour in die Wolfsegger Burghöhle, 2006


Nördlich von Regensburg im Gebiet zwischen Naab und Regen liegt eine kleine Ortschaft mit einer Burg auf einem Felsen in der Mitte, Wolfsegg. In diesem Felsen verbirgt sich eine erstaunlich Höhle, eben die Burghöhle. Normalerweise ist sie aus gutem Grunde versperrt und ein Besuch ist deshalb nicht möglich. Zu besonderen Gelegenheiten wird sie jedoch aufgesperrt heute. Das können Kindertage sein, wo die Kleinen dann in den ersten horizontalen Teil der Burghöhle hineinkönnen und sehen, was dort ist. Dann ist das quadratische Gittertor in Tiefe geschlossen. Man kann zwischen den Stäben in die Tiefe lugen und in einen großen Schacht hinunterschauen, der elektrisch erleuchtet ist, aber dann nicht zugänglich ist.

Gelegentlich kann man auch eine speläologische Führung mit dem Verwaltern der Burg vereinbaren, wo es dann möglich ist, auch in den Schacht und noch tiefer vorzudringen.

So eine Gelegenheit war mal, nach bald 2 Jahren Vorarbeit, für eine Gruppe von Höhlenforschern. Andreas Schenkel hatte mich angeschrieben, nachdem er meine Webseite gelesen hatte. Ich erzählte von der Möglichkeit ein bißchen im Verein für Höhlenkunde in München und ein paar rührten sich. Gleichzeitig kam auch die Gelegenheit, einmal die Laierhöhle auf der Schwäbischen Alb zu sehen. Nach dem sehr erfolgreichen Unternehmen dorthin, war klar, die die, die dort mitgewesen waren, auch wieder mitfahren konnten. Sonst noch jemand? Da schwanke ich immer. Wenn die Gruppe zu groß wird, dann fasert alles aus, die Leute kennen sich nicht mehr, man bleibt sich anonym, selbst ein flüchtigster Kontakt zwischen den Menschen kommt nicht mehr zu stande. Fotographieren, ernsthaftes, ist praktisch nicht mehr möglich, eine "Kontrolle" über das, was geschieht, ist praktisch nicht möglich. Kleine Gruppen sind mir viel viel lieber. Da klappt es oft einfach perfekt. Da bleibt man aber halt meist "unter sich", Neues, Überraschendes passiert sehr selten, und auch die "Jungen", unsere eigentliche Zukunft, die bleiben dabei oft ausgeschlossen, finden kaum Zugang zu den "Alten", den "Gralshütern".

Es gibt ein altes Sprichwort: "Willst du Gott zum Lachen bringen, mach einen Plan!" So mancher hochgekommende Organisatorling kann über diesen Satz überhaupt nicht lachen, besonders wenn ihn einer nicht in den Papierkorb des Vergessens gekippt hat, sondern ihn sich bewußt macht. Auch ich hatte einen "Plan", ein Blatt Papier mit all den Namen, die ich benachrichtigt hatte, und all den Antworten drauf. Als ich hier in München am Ende zu dritt im Auto losreiste, da hatte ich noch keine Ahnung davon, wieviele am Ende am Parkplatz vor der Höhle ihre Hälse recken würden, als es darum ging, zu ermitteln, wer Mitglied unserer "Gruppe" sein wollte. Die Geschichte hatte offenbar eine solche Eigendynamik entwickelt, daß da wie die Schwammerl im Wald plötzlich lauter unbekannte "Pilzköpfe" ihr edles Haupt aus dem "Menschenmoos" heraushoben. Die meisten kannte ich nicht! Aber jetzt zu sagen: Dich kenn ich nicht, Du kommst nicht mit, Du warst auch gar nicht eingeladen! Da gäb es sicherlich Leute, die sowas tun, Leute, die heute gesellschaftlich noch "oben" stehen, öfters schon sehr wackelig, die öffentliche Hierarchieleitern steil in die Höhe geklettert sind (what goes up must come down).
Schriftliche Voranmeldung, 2 Wochen vorher spätestens eingegangen, Bewilligung vorbehalten, Stellungnahme eines "Bürgen", Abschluß einer entsprechenden Versicherung, Vorweisen eines "Höhlenpasses", Bezahlung einer "Organisationsgebühr" von 50 € und so weiter und so fort - das blühende Bürokratisierungsmodell ohne Erfolgsgarantie, aber maximaler Absicherung vor irgendwelcher Verantwortung der Leute an den Schaltknüppeln oder Stricknadeln.

Am Ende wurde nicht lage gefragt. Alle unterschrieben die Haftungsausschlußerklärung für den Grundstuckseigentümer, daß eine Befahrung eben auf eigenes Risiko erfolge und eben nicht auf deren. Warum ist das nicht so eine Selbstverständlichkeit, daß man das extra noch einmal erklären muß? Wir leben schon in einem komischen Land.
Der Schlüssel wurde im Schloß gedreht, die Türe ging auf, der Weg in die Burghöhle war frei.

Die Höhle wurde zum größten Teil von uns allen besucht, was dank der vielen Einbauten auch Ungeübteren ganz gut möglich ist. Im tiefsten Teil stürzten sich die jungen "Tiger" in den Endgang voller Baaz und kamen erwartungsgemäß braungebacken wieder heraus.

Am Ende gab es leider ein kleines unschönes Geplänkel, als zwei aus der Gruppe sich über einen Hinweis von Andreas hinwegsetzten und einen kleinen Höhlenteil aufsuchten, den er vor ganzer Mannschaft für "off limits" erklärt hatte. Manche verstehen leider dezente Hinweise nicht, so daß es da zu einer ärgerlichen Friktion kam. Schade. Das ist eines der schwierigen Probleme, wenn man "Leute" mitnimmt in eine schöne Höhle. Wenn nicht alle die gleichen Werte teilen, und sich auch z.B. bei bestimmten Stellen auch wirklich bändigen können und achtsam sind, dann passen sie nicht zur "Gruppe" und ich werde es mir dreimal überlegen, ob ich sie jemals wieder mitnehmen werde.

Alle erreichten heil wieder das Tageslicht, es gab noch ein kleines Gruppenfoto mit den verlehmten Gestalten und am Ende erfolgte der Ausklang in einem prachtvollen Biergarten am Ufer der Naab bei Kallmünz. Eine runde Tour.

Am Parkplatz unterhalb der Burg
Aufstieg mit Schleifsäcken
Briefing im Burghof
Andreas bei der Führung im
Höhlenmuseum

Bei der Anprobe der mittelalterlichen
Requisiten und der Prüfung auf ihre eventuelle
Höhlentauglichkeit

Gespräch im Burghof

Vor der Höhle

Nach der Höhle
 

Speläostilleben
 
Ausklang in einem Biergarten an der Naab

 Literatur:

Görlitz, Yamun, Wolfsegghöhle, DER SCHLAZ 109-2006, S. 50f.

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