Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

7. "Karstsymposium" in Laichingen


Mit dem Ziel, über "Formenschatz, Genese und Alter des Karstes in Süddeutschland" zu diskutieren, wurde am 24. November 2007 zum 7. Male schon in Laichingen dieser Event veranstaltet. Wolfgang Ufrecht schulterte die Hauptlast der Veranstaltung und moderierte sie gekonnt.

Ein wirklich sehr nebliger Novembertag war es, der nun wirklich nicht nach draußen einlud. Der große Veranstaltungssaal im Gasthof Rössle, direkt an der Hauptstraße von der Autobahn her Richtung Urach gelegen, war der richtige Ort, um so einen Tag nachhaltig zu verbringen. Der Saal war bis zum Anschlag voll, mindestens 150 Leute waren da, als ich ein wenig verspätet, weil ich nicht gleich der richtigen Ort fand, eintraf.

Versäumt hatte ich schon den Vortrag von Marco Filipponi über die "speläogenetische Rolle der stratigraphischen Initialfugen" und den größten Teil von Andreas Hoydems Beitrag über die "Eberstadter Tropfsteinhöhle - eine präquartäre Riesenhöhle". Mit so anspruchsvollen Beiträgen ging es den ganzen Vor- und den halben Nachmittag hindurch weiter. Maximal eine halbe Stunde dauerte so ein Vortrag, der bis auf einen von sehr gut gestalteten Powerpointpräsentationen begleitet war (was haben wir eigentlich früher gemacht?) und dem eine kurze Frage- und Diskussionsrunde folgte.

Zwei Kaffeepausen und eine ausreichende Mittagspause unterbrachen den Zeitrahmen, und wer am Ende noch Lust hatte, der könnte abends noch eine Führung durchs Höhlenmuseum und die Laichinger Tiefenhöhle mitmachen. Das Ganze - eine sehr runde Sache.

Von wissenschaftlichen Einzelheiten aus den Vorträgen hier berichten zu wollen, das wäre vermessen für mich. Da war mal so locker vom Hocker von "klastischen Höhlensedimenten" die Rede, von "Miozän" und "Frühem Pleistozän", von "Numerischen Modellen" und so weiter. Wen die Inhalte der Vorträge interessieren, wenn er nicht selber dabei gewesen war, der kann sie ja im Laichinger Höhlenfreund nachlesen. Dort werden Zusammenfassungen abgedruckt werden.
Es waren aber auch für die "halbwegs gebildeten Laien" wie mich, sehr spannende Sachen dabei. Da gibt es eine schon lange bekannte "Höhle", viel gibt es von ihr ja schon lange nicht mehr, nur noch wenigste Reste - und doch. Wie viel da ein sachverständiges Auge doch noch herauslesen kann - eine ganze Klima- und Landschaftsgeschichte wurde da wieder lebendig! Unglaublich! Da bringt ein Lastwagen Alltagsschutt auf eine Deponie und man untersucht ihn, eher zufällig. Und entdeckt, daß er stark arsenhaltig ist, höchst giftig also, eigentlich. Besteht da vielleicht, unverkannt, eine große Gefahr für die Menschen aus dem Ort? Für mich war das wie eine spannende Kriminalgeschichte, wie da den oft winzigen Hinweisen nachgegangen worden ist und auf einmal vom einem Vulkan in Ortsnähe die Rede war, von Bangla Desh und vom Yellowstone - es ging gerade um Laichingen. Zum Schluß war dann noch von einem der faszinierensten Phänomene der Höhlenwelt die Rede - vom Wind. Bewegte Luft, eigentlich nichts Greifbares, allenfalls Spürbares. Norbert Neusser berichtete von den spannenden Forschungen in der Hessenhauhöhle, die wohl auch zum System der Blauhöhle gehört. Da bläst es gewaltig, mal rein, mal raus. Warum? Dafür gibt es Ideen als Erklärungsversuche - aber wirklich "wissen" tun wir Menschen noch wenig. Aber das ist halt das Spannende. Vordringen ins Unbekannte, Unerklärte, Unerklärliche. Mal denen zuzuschauen und zuzuhören, die sich an den Grenzen unseres heutigen "Wissens" wirklich abmühen, weiterzukommen - das war die Reise von München her leicht wert.

Und in unserer leider vollkommen kommerzialisierten Welt, wo selbst das Abstellen des Autos schon 5 € manchmal kostet oder das Aufhängen des Mantels 2, da ist das einfach höchst erwähnenswert - keiner mußte für die Teilnahme an der Tagung auch nur einen € bezahlen, wohl auch, weil die Vortragenden sie einfach gehalten haben, ohne ein Honorar dafür zu erhalten - früher hat man mal gesagt, sie haben es für Gottes Lohn getan, heute, wofür? Es gibt sie, glücklicherweise, noch diese Nischen. Höhlen sind ja die von der Natur dafür eigentlich vorgesehenen Orte dafür.

 

Spätherbstliches Wetter draußen
bei der Tiefenhöhle
Auf der Parkplatz vor dem "Rössle" in Laichingen
- die Fahrzeuge der Höfos
Wolfgang Ufrecht, der Hauptorganisator der Tagung,
bei der Anmoderation von Stefan Glasers Vortrag
Mehr und weniger bekannte Teilnehmer

Für mich paßt einfach zu dieser Veranstaltung ein anderer Begriff der "Höhle", der dort sicherlich überhaupt nicht vorgekommen ist, komplementär gewissermaßen: "Moderne Höhlen". Alle wollten möglichst genau dem nachgehen, was mal inzwischen ziemlich Versteinert ist, ganz pointiert formuliert: Warum ist dieser Stein rund und nicht etwas eckiger? Und wann ist das denn "ganz genau" passiert? Wer schon ein wenig mehr in den Wissenschaftsbetrieb hineingehört hat, der kennt die Spielchen. Und die Antworten.
Aber die Ergebnisse sind einfach überhaupt nicht unwichtig! Was bedeutet es für das "Leben", wenn sich unsere Erde erwärmt? Gerade hat ein Mensch den Friedensnobelpreis dafür bekommen, weil er dafür seit langem kämpft, daß dem Problem der "CO²-Problematik" mehr Gewicht geschenkt wird, Al Gore. Es ist schwierig, sehr schwierig, darüber mehr in Erfahrung zu bringen. Aber es geht. Viele kleine Schritte sind da notwendig. Aber sie werden getan und auf dieser Tagung sind ein paar Bausteinchen dafür zusammengetragen worden. Zum Beispiel: Wann war es "so richtig" warm auf dieser Erde und was für Folgen hat das gehabt? Die Antworten waren sehr bruchstückhaft.

Weitere Töne: "Warum sprudeln in diesem Wasser so viele Bläschen zu Tage?" Und, wie oben schon erwähnt, warum dreht regelmäßig der Luftstrom in so einem bis vor kurzem noch völlig unbeachtet gebliebenen Erdloch dauernd hin und her?

Hier waren nicht die Freaks, die zu HÖREPSY gehen. Aber auch sie spüren den kalten Wind, die unnachgiebige Härte der Steine, die schlüpfrige Enge der Spalten, hören das unterirdische gleichgültige Wasser und die kaum unterbrochenen Stillen. Wo können sich diese Eindrücke ausdrücken?

Es war immer schon so. In "Nischen"..........

Literatur:

   

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