Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

"Kristallhöhlen - Faszinierende Einblicke in die Schatzkammern der Erde"

- eine Ausstellung an der ETH Zürich 2010/2011


Vom 22. November 2010 bis zum 31. Januar 2001 findet/fand an der ETH Zürich unter diesem ziemlich reißerischen Titel eine "Foto- und Informationsausstellung über Höhlenforschung" statt.

"Schatzkammern der Erde" - Höhlen sind jedenfalls viel mehr, Zufluchtsräume, Müllkippen, Sterbeorte zum Beispiel auch. Aber wer halt seinen Fokus nur auf das Schönste und Herausragendste richten will, warum auch nicht einmal. Dann blendet er halt den gesamten Schatten mal aus, in der Fotosprache, blitzt ihn einfach weg, und hat halt dann nur noch den "reinen Genuß". Alles easy, alles fun. Kümmern wir uns mal nicht darum, wer die Rechnung bezahlt.

"Mit spektakulärer 3-D Diashow und Aufnahmen von "La Salle – international team Photo 3-D" aus der Ausstellung "Earth's open heart"".

Am Montag, den 3. Januar 2011, bin ich mal hingegangen, um mir das anzuschauen. In der Öffentlichkeit Höhlen als "Schatzkammern" heutzutage noch anzupreisen, das widerspricht vielen Grundgedanken des Höhlenschutzes. Eine offene Höhle heute noch zu finden, das gelingt immer weniger. Betretungsverbote, Gitter, gar Tresortüren §schützen§? heute die unterirdischen Schatzkammern oder was davon noch übrig ist oder auch nicht. Und diesen Trend dann noch anheizen? Der Sucht der Medien nach "Sensationen" folgen? Auch noch die letzte unbeleuchtete verschlungene Erdfalte an die Oberfläche bringen?

Es war schon mal gar nicht einfach, die Ausstellung zu finden. Im Hauptgebäude der ETH flimmerte zwar über den Monitor die Ankündigung der Ausstellung, aber als ich die Dame am Kiosk danach fragte, da zeigte sie ganz offen, daß sie davon noch gar nichts gehört hatte. Ein Mann, den sie offenbar schon als höchst kompetent in solchen Sachen kannte, der wies mich direkt zur Sonneggstraße 5, wo sich die Ausstellung befände. Ich fand den Bau, den Eingang im Untergeschoß und landete in der großen Innenhalle. Hier mußte es wohl sein.

Allein war ich die ganze Zeit. Niemand anderer interessierte sich gerade für die Bilder an den Steinsäulen, die Stellwände, in einem halbwegs runden Kreis gestellt, die Schaukästen, den Bildschirm mit den unscharfen Bildern und den avantgardistischen Sitzreihen davor, dem Besucherbuch. Einer hatte sich schon vor mir eingetragen.

Im Zentrum der ganzen Schau stand im Grunde ein Kristallblock aus einem Bergwerk. Massig, riesig, grau. Wer sich diesen Block anschaut, der sieht halt, was gerade das Licht hergibt. Und das ist oft ziemlich ernüchterd. Ich nehme mal an, daß man mit besonderen Beleuchtungstechniken auch daraus was hervorholen könnte.

Das tun ja heutzutage die wirklich guten Höhlenfotographen. Die blitzen auf raffinierteste Weise von vorne, links, rechts, von oben, unten, vor allem aber von hinten! Für manchen scheint es gar nicht mehr ohne Gegenblitz zu gehen. Das wird dann richtig zur Manie. Schade.

Der Gipfelpunkt des Ästhetischen befand sich im Bildschirm des Großbildfernsehgeräts. Erst durch das Aufsetzen der 3-D-Brille bekam man mit, was die wirren Bilder auf dem Bildschirm eigentlich bedeuten sollten. Ich setzte mich auf die futuristisch gestalteten Sitzbänkchen und wartete, was da zum Vorschein kam. Aragonite, Aragonite, kleine Steinformen, die wie Spieße in die Luft ragen, und von einer sich bewegenden Kamera aufgenommen wurden, hier ist ein guter Anwendungsbereich für diese Technik. Dann habe ich noch den Besuch einer Lavahöhle angeschaut. Da war wieder der typische Guckkasteneffekt. Die großen Dinge werden hereingeholt auf das Format - und sehen dann genauso aus wie in einer Puppenstube. Perfekt ausgeleuchtet ist das alles, aber wenig lebendig.

Auf den Schautafeln vorgestellt wurden die Höhlengebiete der Erde mit einigen ihrer herausragenden Beispiele: Lechuguilla, Mammouth Cave, China, New Britanny.... Aber auch der engere regionale Raum: Die OGH stellte sich mit ihren Forschungsgebieten und Anliegen vor. Wer sich interessierte, dem wurden Namen und Adressen zur Verfügung gestellt.

Man befand sich ja im Raum der wissenschaftlichen Geologie. Deswegen war es höchst angebracht, nicht nur im Bildraum "Höhle" zu sein. Besonders spürbar war das an einem Exponat, wo tatsächlich stand, daß man es "berühren" dürfe! Touch it! Ein aufgeschnittener Tropfstein war da zu sehen, zu berühren! Wie "tief" gehen Sinnenseindrücke? War dieser kleine Moment, wo ich den "Stein" selber berührte, nicht viel "tiefer gehend", als die Betrachtung all der "Ikonen" der Unterwelt, die kaum mehr ein lebender Mensch selber aus "Naturschutzgründen" zu sehen bekommt?

Das Leitthema war ja "Kristallhöhlen". Dazu gab es aus der "Kristallhöhle Kobelwald" eine Vitrine voller Exponate und Erklärungen, was sehr gut dazu paßte. Hier war wirklich der "Kristall" das Thema. Aber die noch vor Jahrzehnten noch überhaupt nicht denkbaren Fortsetzungen, sprich NAICA, die kamen, enttäuschenderweise, kaum entsprechend deutlich vor.

Noch einen Schwerpunkt gab es: Den Tropfstein als Geschichtsgefäß. Die Klimageschichte Indiens läßt sich da über viele Jahrhunderttausende nachvollziehen, aber auch ein Erdbeben in Basel vor mehreren Jahrhunderten hat Spuren hinterlassen, die Wissenschaftler ziemlich gut nachweisen konnten.

Resümée: Keine Ausstellung, die man unbedingt gesehen haben sollte während des eigenen kurzen Erdenlebens. So etwas läßt sich an anderen Orten dieses Planeten sicherlich unschwierig wieder aufstellen. Aber wer gerade "Zeit" hat, der kann/konnte mal vorbeischauen, wenn er/sie gerade nichts Besseres zu tun gehabt hatte. So wie ich. Und nimmt halt auch ein paar unverwechselbare Eindrücke mit.

 
 

 

Links:

http://www.focusterra.ethz.ch/museum/special

http://www.kristalle.ch/strahlen/kristallhoehle_kobelwald.asp

http://www.drs.ch/lib/player/radio.php?audiourl=rtsp%3A%2F%2Fa804.v23910e.c23910.g.vr.akamaistream.net%2Fondemand%2F7%2F804%2F23910%2F4d0a34a2%2Faudio.drs.ch%2Fdrs1%2Fswisstipp%2F2010%2F12%2F101216_swisstipp.mp3&sg=10084141&sh=10162104&type=popup&skin=srdr


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