Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Rosaliengrotte am Hemmaberg, Kärnten, A


20 km südlich von Völkermarkt in Kärnten liegt der 842 m hohe Hemmaberg bei Glosbasnitz. Eine geteerte schmale Straße führt hinauf bis zu einem größeren Parkplatz, von wo aus es nur noch zu Fuß auf das Gipfelplateau des heiligen Bergs des Jauntals hinaufgeht. Neben einem Andenkenstand saßen am 8. Mai 2003 zwei ältere Damen und warteten auf Kunden. Besonders auffällig waren die vielen Plastikkanister, die offenbar was Besonderes enthielten. Ein Wegweiser markiert einen Wiesenweg, der, abzweigend vom Fahrweg auf den Gipfel, zu einem Wäldchen hinüberleitete. Immer wieder kamen mir Leute entgegen, die auch diese Kanister mit sich trugen. Was sollte das?

Des Rätsels Lösung lag auf der Nordseite des Berges, dort wo die Felsen begannen. Ein etwa 10 m breites und 20 m hohes Höhlenportal tat sich da auf einmal auf. Von oben schien die Mittagssonne durch ein großes Felsfenster mit einem Strahlenbündel herein. Zwei Männer taten ganz geschäftig. Da waren sie wieder die Kanister, die mit frischem Wasser aus der kräftigst sprudelnden Quelle gefüllt wurden. Eine Tafel machte den Besucher darauf aufmerksam, daß es hier rechtsdrehendes heilkräftiges Wasser gäbe. Besonders gut soll es bei Augenleiden helfen. An der rechten Wandseite führen Treppen ganz hinauf zur rötlichen Holzkapelle im Hintergrund der Höhle. Kleine Holzbänke laden zum Sitzen ein. Der Blick ist frei auf die Sandsteinfigur der schlafenden Rosalia, 1927 von dem Südtiroler Bildhauer Hans Planger geschaffen. Brennende Kerzen davor, viele Heiligenbilder an den Wänden, ein Opferstock natürlich auch. Ein Mann kam schnell herauf, blickte kurz auf die Heilige, zog den Geldbeutel, holte seine Gabe heraus, steckte sie hinein und eilte gleich wieder vor dannen.
Es ist nicht ganz einfach, aber wenn man es drauf anlegt, dann läßt sich die Statue auch umschreiten, angeblich ein alter Brauch dort. Und wer am Glockenstrick zieht und es mal richtig klingen läßt, dem soll das Glück und Segen bringen. Gleich beim Eingang stehen auf einem kleinen Fleck viele viele kleine Steinmännchen. Das ist ein Brauch, den es auch in der Umgebung des Saint-Baume-Höhle im Süden Frankreichs, dem bedeutendsten Magdalenenheiligtum überhaupt, gibt. Erinnert sei auch an die vielen richtig künstlerisch gestalteten Steinmännchen im Steinernen Saal, einer Höhle in Waldviertel. 
Sieht man sich etwas genauer um, dann kann man auch noch alte Freskenreste an der Höhlenwand entdecken. Sie stammen wohl noch von dem älteren Kirchenbau, der am 4. September 1681 eingeweiht worden war. Etwa 1000 Menschen kamen damals hier herauf, zusammen mit 23 Priestern. Es war der Dank dafür, daß die Gemeinden in der Umgebung von der Pest verschont geblieben waren, die damals herrschte. Man erinnerte sich der heiligen Rosalia, der Beschützerin vor der Pest. Als man die wiedergefundenen Gebeine der zwischen 1100 und 1160 in einer Höhle auf Sizilien gelebt habenden Frau nach Palermo brachte, wo gerade die Pest herrschte, soll diese tödliche Krankheit sofort verschwunden sein. 
Im Jahr 1669 bereits hatte der Superiore Andreas Olipetz eine "7 Schuh lange steinerne Statue der hl. Rosalie" anfertigen lassen, die man dann durch das Felsfenster von oben in die Höhle herabließ. 

Um diesen vielbesuchten Ort kreisen auch so manche Sage. Jede Jungfrau reinsten Herzens könne z.B. den Jungfernsprung wagen, d.h. von oben in den Schacht springen. Die Heilige würde sie schon beschützen und sie auffangen, genauso wie das einmal einem "wunderschönen Mädchen aus dem Jauntal" ergaben sei, die vor einem zu zudringlichen Liebhaber nur noch durch den Sturz in den Abgrund zu helfen wußte. 

Bei der Höhle beginnt heute der "Meditationsweg", der am Fuß der Felswände entlang in einem Bogen später ebenfalls aufs Gipfelgelände führt. Bei verschiedenen Stationen wird man eingeladen, mal Halt zu machen und über Verschiedenes nachzusinnen. Gleich die erste ist unter einem Felsdach und man kann darüber nachdenken, wie es ist, einmal "Halt" zu machen, einfach mal geschehen zu lassen und nicht dauernd selber anzuschieben.

Wer den Weg von der Höhle bergauf geht, der kommt am eingeschrankten Schachteinstieg vorbei und kann von oben hineinblicken in die Höhle. Der Weg führt weiter zu einer Aussichtskanzel mit prachtvollem Blick über die Kärntner Landschaft, an einer uralten Linde vorbei zu der spätgotischen Wallfahrtskirche der heiligen Hemma auf dem Berggipfel und den ausgegrabenen Ruinen von 5 Kirchen und einigen Nebengebäuden, einem der bedeutendsten frühchristlichen Pilgerzentren Österreichs. 

Am 27. Juni jeden Jahres wird es wohl sehr zugehen. Da ist "Hemmatag". 


Die Christen waren auch nicht die ersten, die Funde gehen zurück bis in die Keltenzeit. Ob damals auch schon die Höhle am Nordhang eine kultische Rolle gespielt hat?

Die Souvenir- und Wasserverkäufer beim Parkplatz
 
 
   
 
   
Die Quelle

Literatur:

Bouchal, Robert, Wirth, Josef Österreichs faszinierende Höhlenwelt, Pichler-Verlag, Wien 2000
Hüsler, Eugen E. Das Buch der mystischen Orte in den Alpen, Frederking & Thaler, München 2019
 Kusch, Heinrich und Ingrid Kulthöhlen in Europa, Verlag Styria, Graz Wien Köln 2001
Melchers Das Große Buch der Heiligen, Ludwig-Verlag, München 1999
Maierbrugger, Matthias Die Rosaliengrotte auf dem Hemmaberg, in: Die Kärntner Landsmannschaft H. 9. 1987, S. 3-9, Klagenfurt 1987

 

 

Links:

Hemmaberg - Forum Archaeologiae 19-VI-2001

Information_Uebersicht

Story of Santa Rosalia of Santo Stefano Quisquina, Sicily - Italy

Die Rosaliengrotte am Monte Pelegrino

 


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