Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Gassl-Tropfsteinhöhle bei Ebensee, Oberösterreich, A
In einem Flugblatt/Flyer über die Höhle heißt
es, sie sei "die schönste Tropfsteinhöhle der nördlichen
Kalkalpen". Das ließ mich aufhorchen. Am 30. Juni 2007
hatte ich mal Zeit und schaute hin. Ich ging den Weg, den die
meisten zurücklegen. Abbiegend von der Autobahn Salzburg-Wien
bei Regau in Richtung Traunsee, vorbei an der Prachtkulisse des
Traunsteins, dann nach Ebensee und dann auf einem
ausgeschilderten Sträßchen ins Rindbachtal. Es gibt eine Menge
Parkplätze, wo man sein Gefährt zurücklassen kann. Ab hier
geht es zu Fuß weiter, bzw. mit dem Mountainbike, was zur Zeit
sehr in Mode ist.
Der Steig führt über den Rindbachfall, ein Naturdenkmal, und
verläuft dann längere Zeit wieder auf der geschotterten
Fahrstraße, bis der Abzweiger ins Karbachtal kommt. Der Weg
führt immer wieder auf kleinen Brücklein über den Bach und
wieder zurück. Viele Stufen erleichtern das Steigen auf dem
urigen Weg. Schließlich kommt man wieder auf die Fahrstraße,
der man noch ein Stückchen folgt. Dann sieht man schon in der
Ferne im Hang des Gasselkogels eine rot-weiße Fahne im dichten
Wald. Dort ist die Hütte und die Höhle in 1225 m Seehöhe.
Kurz vor der Höhle begegnete ich auf einmal einem jungen Paar,
das ihren Schäferhund mit dabei hatte und ihre Mountainbikes. In
dem steilen Waldgelände waren sie sicherlich nicht zu
gebrauchen, sondern allenfalls mühsamst hinaufzuschleppen. Der
Mann versuchte es mit einem Witz: Seine Frau habe aus Angst
davor, daß man ihre Bikes stehlen könnte, durchgesetzt, sie mit
hinaufzunehmen. Der wirkliche Grund war ein anderer. Sie wollten
an der Höhle vorbei noch weiter nach oben steigen, weglos
vielleicht, und auf der anderen Seite wieder herunter. Laut Karte
sollte dann man wieder mal ein Forstweg weiter unten kommen, auf
dem wollten sie dann ihre Radrundwanderung fortsetzen. Mit
solchen Plänen im Kopf hatten die zwei dann keine Zeit mehr die
Höhle zu besuchen.
Obwohl mir unterwegs, außer den Radfahrern niemand begegnet war, saßen dann doch 4 andere Personen auf der Terrasse vor der Höhlenhütte. Der Höhlenführer war noch da und noch ein Mann und eine Frau. Lauter freundliche Leut. Ein Bier war schnell bestellt, gebracht und getrunken. Ich kaufe mir auch gleich noch die Eintrittskarte für 5 EURO und bald drauf konnte es schon losgehen. Die Frau war ganz besorgt, ob ich nicht noch einen Pullover anziehen wollte, denn es sie in der Höhle ziemlich kalt, aber mir war so warm, daß ich das nicht brauchte. War ohnehin nur in kurzen Hosen und Sandalen unterwegs.
In einem Nebengebäude steht das Elektroaggregat, das den Strom erzeugt, der für die elektrische Beleuchtung der Höhle gebraucht wird. Gleich hinter der Hütte geht es ein kleines Wegerl hinauf, unter einer Naturbrücke hindurch und schon steht man im großen Eingangsraum mit zwei Deckenfenstern, durch die das Tageslicht hereinkommt. Bergwärts schließt gleich ein massives Gitter den Weg ab. Der freundliche Führer begleitete uns mit seinen sachkundigen und auch oft humorvollen Anmerkungen durch die Höhle. Wir wurden gewarnt, daß die Stiegen in der Höhle zur Zeit nicht gut gereinigt seien, weil die Putzfrau gekündigt habe. Wer Lust auf diese Arbeit habe, könne sich ja bei der Hütte melden. Wahrscheinlich zahlen sie nicht gut genug. Und mit dem Fotographieren in der Höhle, das ist auch so ein Problem. Die Höhle sei Naturdenkmal, es sei "verboten". Und dann brachte er ein paar Argumente. Die Großgruppe von Japanern kam auch darin vor, die mit ihrem Blitzgewittern ansonsten sogar die Sehkraft des Guides gefährden könnten. Dabei kann man ja heute auch ohne Blitz in einer elektrisch beleuchteten Höhle ohne weiteres digitale Bilder machen, ohne daß auch nur irgend etwas mitbekommt, weil eben nur das vorhandene Licht benutzt wird.
Es geht zuerst einmal eine steile Holztreppe 15 m
heute hinunter bis zur Sohle des Knochenschachts. Es ist schon
erstaunlich, wie groß die Dimensionen bereits sind. Überall an
den Wänden sind kleinere Versinterungen. Es weiter bergab auf
diesen hölzernen Treppen, schaut auch mal nach oben, wo
Riesenfelsblöcke über einem verkeilt hängen und man mit mehr
oder weniger mulmigen Gefühl druntersteht. Durch die
"Gerade Kluft" kommt man in den "Olymp", eine
Halle, deren Deckenpartie 30 m oberhalb von einem endet. Wir
kamen am "Höhlenbach" vorbei, der mehr hörbar als
sichtbar gerade war, und dann habe man, so der Führer, auch
einen "Höhlenforelle" zu bieten. Er hatte eine
spezielle Beleuchtungsmethode. Erst wurden die Stationen mit der
Taschenlampe anleuchtet, so daß sie meist mehr nur erahnbar
waren, und dann wurde der große Strahler angedreht und alles war
im vollen Licht bestens sehbar.
Der Höhepunkt war bei der Kanzel erreicht. Dort war tatsächlich
eine für alpine Höhlen nur selten vorkommende Situation: eine
Tropfsteinpracht, die man sonst nur in südlicheren Regionen
erwartet, z.B. in Slowenien. Massive Decken- und Wandsinter sind
da zu sehen. Außerdem ist halt der Blick in einen schwarzen
Abgrund möglich, den "Pergarschacht". 1924 bezwangen
erstmals Forscher diese Stelle, in dem sie eine Seilwinde
einsetzten und den Grund in 90 m Tiefe erreichten, von wo aus
noch weitere schöne Räume betreten werden konnten. Auffällig
sind auch die vielen Stalaktitenstümpfe direkt oberhalb der
Plattform, auf der man alles anschaut. Waren hier
Höhlenplünderer schon aktiv gewesen? Das sei nicht der Fall
gewesen, erklärte der Führer, man habe die Gegenstücke dazu im
Bodensediment gefunden, als man die Plattform gebaut habe.
Möglich wäre es ja schon gewesen, daß das eine oder andere gute Stück mitgenommen worden ist. Denn die Höhle wurde zwar schon ziemlich schnell erschlossen für die Öffentlichkeit, und als Schauhöhle geführt, es gibt aber zwei Perioden, wo das nicht der Fall gewesen ist. 1939 wurde die Höhle von der SS beschlagnahmt. Und nach Kriegsende kamen die Amerikaner und nahmen sie unter ihre Fittiche. Auch zwischen 1963 und 1973 war sie wegen Personalmangels geschlossen, wurde aber danach wieder geöffnet durch den Verein für Höhlenkunde in Ebensee.
Wer ein bißchen genauer in den Schacht vor einem schaut, der sieht eine gewagte Konstruktion entlang der Schachtwände laufen, die an die alten Steiganlagen in der St.-Kanzian-Höhle in Slowenien erinnert. Das ist der Weg zu den neuen Teilen in der Höhle, die nur durch diese gewagte Schachtquerung erreicht werden konnten. 1984 hat sich da Klaus Hüttner verdient gemacht. Durch das "Schwarze Loch" geht es in den "Neuen Teil". Aus dem Flyer erfahren wir Besucher, daß das ein besonders tropfsteinreicher Teil sei, der "die größten, jemals in Österreich gefundenen Höhlenperlen" enthalte. Dort geht es auch noch weiter. Momentan habe die Höhle etwas mehr als 2 km Gesamtganglänge, aber das sei noch nicht alles. Der Gesamthöhenunterschied beträgt 104 m.
Wir 5 Höhlenbesucher bekamen dann wieder den Klassikevent vieler Höhlenführungen verabreicht - die absolute Dunkelheit. Licht aus. Schwarzschwärze. Und dann noch den Witz vom Führer: "Er ginge jetzt hinaus, um ein Bier zu trinken." Mein Kommentar: "Und wir folgen." Ich hatte eine TIKKA dabei, die bringt einen auf jeden Fall aus so einer Situation heraus, auch wenn der Führer nicht mehr mitmachen würde.
Eine schöne Tour war das. Am Eingang sagte er, wenn uns die Tour gefallen habe, dann sollten wir das doch auch anderen erzählen, wenn nicht, dann.... Mir hat sie ausgesprochen gut gefallen - nicht zuletzt, weil sie eben nicht so leicht erreichbar ist, weil man halt 2,5 Stunden selber laufen muß - meist.
Für die Fußlahmen gibt es, so der Prospekt, im
Juli und August, am Samstag jeweils um 9 und um 13 Uhr einen
Busverkehr, der einen bis auf 30 Minuten Entfernung zur Höhle
bringt. Das kostet extra 9 EUR0, aber für viele ist das heute ja
nix mehr.
Zugang | ||
Ein erster Blick | ||
Panorama vor der Hütte > Totes Gebirge |
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Die "Teufelskralle" |
Die "Höhlenforelle" |
|
Literatur:
Kuffner, Dr. Dietmar | Die Gassel-Tropfsteinhöhle |
Bouchal, Robert, Wirth, Josef | Österreichs faszinierende Höhlenwelt, Pichler-Verlag, Wien 2000 |
Fink, Peter, Zeindlinger, Emanuel, Mattes, Johannes | Höhlenforschung in der Gassel-Tropfsteinhöhle, Mitteilungen Landesverein für Höhlenkunde in Oberösterreich 2008, S. 16ff. |
Mattes, Johannes | Forschungswochenende in der Gassel-Tropfsteinhöhle des Vereins für Höhlenkunde Ebensee, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde in Oberösterreich 2007, S. 41ff. |
Fink, Peter, Kuffner, Dietmar, Mattes, Johannes | Höhlenforschung in der Gassel-Tropfsteinhöhle, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde in Oberösterreich 2009, S. 12ff. |
Kuffner, Dietmar | Neuforschungen in der Gassel-Tropfsteinhöhle, Die Höhle 59. Jg. (2008), Heft 1-4, S. 103-110 |
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