Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Teufelskirche im Sengsengebirge, Oberösterreich
Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen tot und sein Auge erloschen. Albert Einstein, Mein Weltbild
Die Teufelskirche öffnet sich im Hauptdolomit im Vorderen Rettenbachtal im Sengsengebirge, Oberösterreich, in 570 m Seehöhe. Der Sage nach ist der Teufel dort aus unbekannten Gründen durch die Höhlendecke ausgefahren und hat ein großes Loch hinterlassen. Warum? Das weiß keiner.
Die besuchenswerte Örtlichkeit liegt bei St. Pankraz und ist über eine einspurige Fahrstraße gut zu erreichen. Es sollte allerdings keiner entgegenkommen, denn dann wären allerhand Fahrmanöver erst notwendig, um aneinander vorbeizukommen. Bei einem Parkplatz kann man sein Fahrzeug stehen lassen und folgt dann dem markierten Wanderweg im Tal. Ein in die Jahre gekommenes Hinweisschild zeigt einem, wo man abbiegen muß und hinabsteigen sollte zum Bachbett. Man sieht schon das große Loch in der Felswand gegenüber.
Meist ist wohl das Bachbett trocken und man kann trockenen
Fußes die Karstquelle am, talwärts schauend, linken Talseite des Grabens
erreichen. Als wir anläßlich der Jahrestagung des VÖH in Spital im
September 2024 dort waren, schoß hier ein breiter Bach herunter. Nur über
einen kühnen Sprung konnte man hinüber gelangen, oder so wie ich, mit
einem Fuß einfach bis zum Knie eintauchen und dann hinüberschreiten. Ein
Fuß naß, einer trocken - egal. Untersuchungen haben ergeben, daß das
Wasser aus der Quelle eigentlich von der anderen Talseite kommt, und erst
einmal unter dem Bachbett hindurchfließt, ehe es an die Oberfläche tritt.
Nur bei extremem Hochwasser, das es bislang ca. alle 10 Jahre gegeben hat,
springen auch höherliegende Quellüberläufe auf der
Sengsengebirgsseite an und ein kleiner Fluß fließt dann extra unter dem
Torbogen eine kurze Strecke, bis er sich dann auch ins Tal des Vorderen
Rettenbachs ergießt.
Bei der Quelle wurde eine hydrographische Messstelle 1995 errichtet, die
seither Daten sammelt, die wirklich nicht alltäglich sind. Der niedrigste
gemessene Wert der Schüttung beträgt 20 l/s, der höchste bis zu 37.000
l/s. Bei Wasserständen unter 53 cm kommt es in der Quelle zu periodischen
Schüttungsschwankungen. Der Wasserstand hebt und senkt sich um 2 bis 3,5 cm
innerhalb kürzester Zeit und das, ja nach Wasserstand, mit einer Frequenz
zwischen 19 und 22 Perioden.
Das Phänomen wird mit dem Hebermodell erklärt, das heißt, "ein
Karsthohlraum wird regelmäßig durch den Zufluß des Wassers vollständig
gefüllt und danach durch einen siphonartigen Überlauf in einen
tieferliegenden Hohlraum oder zum Quellaustritt entleert" (Benischke
85, Völkl 81ff.), aber es bleiben noch Unsicherheiten.
Robert Seebacher ist zwischen den Blöcken bei der Quelle einmal schon bis
zu einem Wasser erfüllten Höhlengang vorgedrungen. Ob sich hier nicht auch
ein großes Höhlensystem verbirgt?
Von diesen staunenmachenden Vorgängen haben wir im September 2024 nichts mitbekommen. Es war kein schwankender Wasserstand zu beobachten, das Wasser floß und floß beständig aus dem Berg, der Fluß unter dem 16 m breiten und 12 m hohen Felsbogen war auch nicht da. Wir wanderten herum bis zur hinten aufragenden, feuchten schwarzen Felswand, drehten um, konnten durch die kleinen Extralöcher in der Felsbogendecke blicken, und zogen dann wieder von dannen.
Die seltsame Quelle | ||
Literatur:
Benischke, Ralf, Stadler, Hermann, Völkl, Gerhard | Karstquellen, in: Spötl, Christoph, Plan, Lukas, Christian, Erhard, Höhlen und Karst in Österreich, Linz 2016, S. 84f. |
Steinmaßl, Helmut | Sengsengebirge, in: Spötl, Christoph, Plan, Lukas, Christian, ErhardHöhlen und Karst in Österreich, Linz 2016 |
Völkl, Gerhard | EUREKA, Atlantis 1-4/2021, S. 81ff. |
Links:
https://www.outdooractive.com/de/poi/pyhrn-priel/teufelskirche-bei-st.-pankraz/802220350/
https://www.bergwelten.com/t/b/3754
https://www.geocaching.com/geocache/GC6V0XH
https://www.sagen.info/forum/media/teufelskirche.762/
https://www.land-oberoesterreich.gv.at/65444.htm
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