Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Mixnitzer Drachenhöhle, A


Will man heute (2019) zur Drachenhöhle bei Mixnitz wandern, dann machen einen große Schilder darauf aufmerksam, daß man die Höhle nur mit "Genehmigung" betreten dürfe. Ein paar Orte sind angegeben, wo man sich diese "Genehmigung" holen könne. Wer in die Höhle wolle, der brauche dazu einen "Führer", der natürlich nur dann der "richtige" ist, wenn er auch die Höhlenführerprüfung erfolgreich abgelegt hat.

Hier spiegelt sich unser momentanes Verhältnis zur "Höhle" wie in einem Brennglas. Als ich in den 60er Jahren einmal dort gewesen bin, damals noch mit meiner Mutter, die damals noch so fit war, den weiten steilen anstrengenden Weg auch durch das Steilstück mitzumachen, da war das noch kein Thema. Ein Wegweiser zeigte den Weg, jeder konnte ihm folgen, und, sofern er es körperlich packte, kam zumindest am Eingang an. Den ersten hundert Metern in der Höhle zu folgen, das ist kein Thema, denn soweit dringt das Tageslicht hinein. Später braucht man ein eigenes Licht..
Dem Menschen war die Höhle offenbar schon immer bekannt. Die archäologischen Untersuchungen der Höhlensedimente erbrachten schon Funde aus dem Altpaläolithikum und lieferten Hinweise auf Besuche der Höhle seit dieser Zeit. Der 15. Juni 1387 war in der Geschichte dieser Höhle ein besonderes Datum. Eine Inschrift bezeugt den Besuch der Höhle durch Pfarrer Otto aus Bruck an der Mur. Im 17. und 18. Jahrhundert kamen die "Beindlstierer" jedes Jahr, um dort die massenhaft vorhandenen Knochen aufzusammeln und teuer als Heilmittel an Apotheken weiterzuverkaufen. 
In großem Maßstab passierte der "Raub" der Höhleninhalte zwischen 1920 und 1923, wo man aus wirtschaftlichen Gründen, Österreich litt unter den Folgen des verlorenen 1. Weltkrieges, unbedingt Dünger brauchte, um die mageren Ernten der Bauern zu verbessern, um Hungersnöten zu vermeiden. Man kennt genau die Mengen: Aus 404 Tonnen Knochen wurden 157 Tonnen fossiles Material gewonnen. Damit wurde ein Ort genutzt, andere sagen vielleicht "geplündert", wo man vermutet , über 30.000 "Individuen", einzelne Höhlenbären, verreckt, verstorben, "das Zeitliche gesegnet", oder was sonst alles sagen, sind. Hütten hatte man am Eingang errichtet, wo sich die Arbeiter aufhalten konnten, eine frühe Arbeitsbeschaffungsmaßnahme war das, eine Seilbahn wurde errichtet, um die großen Mengen herunter zu bringen, sicherlich war auch eine eigenen Bahnstation notwendig, um das Material wegzubringen. 

Heute sieht man dort nichts mehr von dieser Episode. Alles ist weggeräumt. Nur noch viele Schilder prangen an der Wand. "Naturdenkmal", eine Informationstafel über Fledermausschutz, alte verwitternde Namenszüge....

Ein kritischer Punkt war sicherlich erreicht, als Unbekannte hergingen, und die alten Inschriften übersprayten. Wie soll man so ein Natur- und Kulturdenkmal schützen? Sollte sich ein Gemeinwesen es sich leisten, einen ständig bezahlten Bewacher der Höhle zu bezahlen? Viel Geld ausgeben, um den Zugang effektiv zu kontrollieren? Wäre es nicht billiger, gleich einen geregelten Führungsbetrieb einzuführen? Etwa so wie bei der Odelsteinhöhle? Was tun, wenn sich das nicht "rechnen" würde? Wenn nicht genug Besucher kommen würden? Oder überläßt man weiterhin alles der "unsichtbaren Hand", dieser nebulösen Größe aus der Markttheorie von Adam Smith, oder "Gottes Willen", wenn man an den Christengott glaubt? Bei uns in Bayern steht das Recht auf den Genuß der Naturschönheiten schon in der Verfassung. Da drückt sich ein tiefes Vertrauen in die Bürger aus, daß sie sorgsam damit umgehen. Offenbar ist das nicht immer gerechtfertigt, aber allen grundsätzlich zu mißtrauen? Wieder stehen wir auf der Schneide eines Messers. 

Vielleicht werden uns solche Themen bald nur noch lächerlich vorkommen, da sich unser Klima ändert. Vielleicht werden dann auch wieder mehr Bären in der Gegend sein...


1968 In der Drachenhöhle
1975
2019

 


 

Literatur:

Abel-Kyrle Die Drachenhöhle bei Mixnitz, VII und VIII, Bd. der Speläologischen Monographien, Wien 1931
Bednarik, Edith Neuforschungen in der Drachenhöhle bei Mixnitz Kat.-Nr. 2839/1, S. 42ff.
Bouchal, Robert Österreichs faszinierende Höhlenwelt, Pichler Verlag, Wien 2000
Ehrenberg, Kurt Die Grabungen in der Mixnitzer Drachenhöhle und ihre Bedeutung für die Speläologie im Rückblick nach 50 Jahren, Die Höhle 4-1970, S. 149ff.
Faber, Peter Die Drachenhöhle bei Mixnitz, ihre Erforschung und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Speläologie - ein Literaturbericht, Mitt. Landesverein f. Höhlenkunde i.d. Stmk., 11, 2, Graz 1982, S. 71ff.
Kahsiovsky, Ludwig, Reif, Dieter Fortsetzung der Forschungen im Windloch der Drachenhöhle, Mixnitz, Stmk., Mitt. Landesver. f. Höhlenkunde i.d. Stmk, 11, 2, 1982, S. 93ff.
Kusch, Heinrich und Ingrid Höhlen der Steiermark, Steirische Verlagsgesellschaft, Graz 1998
Saar, Dr. Rudolf Der Röthelstein bei Mixnitz (Steiermark) und seine speläologischen Erscheinungen, S. 161ff.
Sartorius, F. Die Mixnitzer-Höhle am Drachentaurn in Steyermark, in: Naturwunder des Oesterreichischen Kaiserthumes, Erster Theil, Wien, 1807, S. 77-92, wiederveröffentlicht in den Höhlenkundlichen Mitteilungen für Niederösterreich und Wien, Heft 9-1987, S. 176f.
Spötl, Christoph, Plan, Lukas, Christan, Erhard Höhlen und Karst in Österreich, Linz 2016
Vohnicky, Oskar Streifzüge in das Gebiet des protolithischen Höhlenbärenjägers, Speläologisches Jahrbuch, 15-17, 1936, 65-72

 

 

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