Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Am Aoimberg a neiche Hoin
Auch oberhalb des Grundlsees im Salzkammergut
häufen sich die Kalkmassen und bilden den Almberg als einen
winzig kleinen Teil des Toten Gebirges. In ihm liegt eine, wenn
man weiß, wo sie ist, schon vom Weg vom Grundlsee zum Appelhaus
sichtbare Höhle. Gemeint ist nicht das riesige, schon von weit
her wahrnehmbare Portal des "Almberglochs", sondern
etwas weiter rechts gelegen, eine kleinere Höhlenöffnung in
einer Region namens "Leit'n" im Gaißwinkelkar.
Man muß etwa 2 1/2 Stunden vom Grundlsee aus, anfangs auf einer
Forststraße, dann auf einem Bergpfad hinaufsteigen. Das letzte
Stück bis zur Höhle ist besonders mühsam, weil es über steile
Schutthalden bis zum gut sichtbaren Höhleneingang führt.
Den Hirten und Jägern, die sich hier in
früheren Zeiten sich ohne Zweifel auch hier schon herumgetrieben
haben, war der Eingang sicherlich schon bekannt. Die älteste
Inschrift von Höhlenbesuchern befindet sich im Kluftgang aus dem
Jahre 1904 und stammt von Geister, Gasperl und Hillbrand. Im
Speläologischen Jahrbuch 1926/1927 wurde sich schon erstmals
schriftlich erwähnt - als "Marienhöhle".
1959 begann eine neue Forschungsperiode mit der Neu- bzw.
Wiederentdeckung durch Josef Hillbrand und Johann Stöckl, die
400 m weit bis zur Entdeckerhalle vordrangen. 1960 verstärkte
sich das Interesse an der Höhle und es fanden mehrere Touren und
Expeditionen mit bis zu 11 Personen dorthin statt. 1961 geriet
die Höhle vollends in den Fokus der Höhlenforscher, wo gleich
14 Höhlenbefahrungen stattfanden.1964 fand ein besonders
erfolgreicher Vorstoß in das so genannte Dunkle statt,
durchgeführt von Alexander Wunsch und Jochen Hasenmayer, was
sich in einem Artikel in der HÖHLE niederschlug.
Dann war lange Pause? Ich setzteda mal ein Fragezeichen, denn es
gibt immer einen gewissen Anteil an "unrecorded tours",
und der Anteil ist eher ansteigend. Je restriktiver man die
Bedingungen für das Betreten einer natürlichen Erdöffnung
macht, desto weniger wird man wirklich erfahren über das
tatsächliche Passieren in ihr. Hier gibt es keinen
Restriktionen, weshalb dieser Anteil wohl gegen Null geht.
Jedenfalls wurde mein Interesse durch den Klassiker der
österreichischen Höhlenliteratur, das 1966 erschienene
Bändchen "Österreichische längste und tiefste
Höhlen", erregt. Die Beschreibung klang nach einer langen
horizontalen Höhle, und diesen Typ ziehe ich jeder Schachthöhle
vor.
Die persönlichen Beziehungen zwischen Nürnberger und Münchner
Höhlenforschern, insbesondere zwischen Wilfried Lorenz und mir,
hatten sich Ende der 70er Jahre immer mehr intensiviert. So
tauchte dann einfach die Idee auf, ins Tote Gebirge zu fahren und
dort einmal gemeinsam hinzufahren - und auch zu fotographieren.
Das war so, als wenn man einen Stein ins Wasser wirft. Der zieht
Kreise und immer mehr Leute fühlten sich davon angesprochen. So
waren wir auf einmal 12 Personen, die sich beim Staudenwirt
zwischen Bad Aussee und Grundlsee trafen. Es waren sogar drei
Damen mit dabei, Monika Lorenz, Doris Schneider und auch Norma,
die Frau, die damals noch den Namen "Holland" trug.
Als wir dann am nächsten Tag uns von Grundlsee den Berg hinauf
Richtung Almberg mühten, da waren auch sie zuerst einmal dabei,
als es aber ab ins Gelände ging, da zogen sie die
"Damentour" zum Appelhaus vor, so daß in den Annalen
der Entdeckung der Schneekegelhöhle sie nicht auftauchen. Ich
war da ja schon mal gewesen in der Gegend, "führte"
zuerst einmal und führte dann eben den Weg, ohne eine echte
Wegkenntnis zu haben, intuitiv halt. Und die war, ich gebe es zu,
auch von meinen Ängsten und Befürchtungen gespeist. Ich mag
keine lotrechten Stellen im Gebirge, da wo schon ein einziger
Fehltritt zur Katastrophe führen kann. So hatte ich die Idee,ob wir nicht
besser von "oben" zum Eingang absteigen könnten, als von unten. Wer wirklich die Situation
kennt, der weiß, daß das weit weg vom tatsächlichen
Sachverhalt liegt, aber ansonsten hätten auch wir nie oberhalb
des Höhlensystems herumgesucht, weil sie halt von unten her in
Wirklichkeit viel leichter und schneller zugänglich ist. Aber
gerade dieses scheinbare "Danebenliegen" war dann unser
Joker. Wir haben damals eine ganz neue Höhle gefunden, die sich
20 Jahre später dann als ein weiterer Zugang zum
Haupthöhlensystem herausgestellt hat, nachdem die damals noch
sperrenden Eisverschlüsse abgeschmolzen sind. So ein Erfolg
"heiligt" doch alle Mittel, oder?
1982 war ich dann tatsächlich in der
Almberghöhle. Wieder war ein gemischtes Team aus Nürnberger und
Münchner Höhlenforschern im Toten Gebirge unterwegs. Wir zogen
von Höhlenschaustück zu Höhlenschaustück und entdeckten auch
noch Neuland dazwischen. Von der Schwarzmooskogel-Eishöhle ging
es Richtung Appelhaus. Von dort Richtung Elmhöhle und dann
wieder zurück. Und beim Abstieg kampierten wir dann einen Nacht
im Eingang der Almberghöhle. Am nächsten Morgen schloß sich
eine kurze Tour in die Höhle an, die dann endete, als wir nicht
mehr weiter fanden. Irgendwo mußte es wohl weitergehen, aber wir
fanden die Fortsetzung an diesem Tage nicht. Dann schauten wir
auch noch ins Almbergloch und durchquerten das Bergstück in
diesem großen unterirdischen Tunnel. Irgendwo soll es ja für
kletterkräftige Leute sogar einen Weg nach oben, aber bei uns
war keiner dabei, der sich das antun wollte. Wir stiegen einfach
wieder friedlich zu Tale.
Das geht offenbar auch anderen so. Ich habe von einer Tour in die
Almberghöhle gehört, die Münchner Höhlenforscher später
unternommen haben. Sie erreichten zwar den "Eingang",
ich nehme mal an, daß er es tatsächlich gewesen ist, aber auch
sie blieben bald darauf in einem Hohlraum "stecken".
Sie konnten jedenfalls keine Fortsetzung ausmachen. So ein
Aufwand, eine weite Anreise, ein anstrengender Anstieg und dann
noch ein paar Metern Schluß. Das ist die Welt der Höhlen -
auch. Nicht nur große Vorstöße in klaffend offenes Neuland und
Aufreißen des unendlichen Dunkels, große Anstrengung und nichts
dahinter. Manchmal ganz nahe nur beisammen liegend.
Im Gebiet oberhalb der Höhle - Willi Munninger |
Am Almberg ist ein richtiges Nest an Höhlen, und das ist schon immer unübersehbar gewesen...
Die Schlüssellochhöhle am Aufstieg - immer wieder ein Labsal wegen des Wassers, das hier zutage tritt |
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Almbergloch - nach oben und unten geblickt |
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Literatur:
Auer, Alfred | Die bisherigen Ergebnisse der Forschungen in der Almberg-Eis- und Tropfsteinhöhle am Almberg bei Grundlsee (Steiermark), Die Höhle S. 4ff. |
Auer, Alfred | Die bedeutendsten Höhlen der Grundlseer Berge (Totes Gebirge) 1. Teil, Mitteilungen Obersteier 1/1983, S. 6ff. |
Auer, Alfred | Mitteilungen der Sektion Ausseerland, 1, 2, 1963, S. 8 |
Hasenmayer, Jochen, Wunsch, Alexander | Ein zweiter Eingang der Almberg-Eis-und Tropfsteinhöhle entdeckt, Die Höhle |
Lorenz, Wilfried | Das Almberg- Höhlensystem (AHS) im Toten Gebirge - FHKF-Forschung: Wie alles begann, Der Fränkische Höhlenspiegel 65-2023, S. 114 ff. |
Oberhummer, Wilfried | Marienhöhle am Almberg bei Grundlsee. Spel. Jahrbuch, VII./VIII. Jg., Heft 1/2, Wien 1926/27 |
Schneider, Thomas-Michael | Neues aus dem Almberg-Höhlensystem, Der Fränkische Höhlenspiegel 55-2008, S. 26ff. |
Schneider, Thomas-Michael | Almberg-Höhlensystem, Der Fränkische Höhlenspiegel 56 - 2009, S. 28ff. |
Schneider, Thomas-Michael | AHS 8479+ Neues über die Forschung im Almberg-Höhlensystem 2010/2011, Der Fränkische Höhlenspiegel 58-2011, S. 6ff. |
Schneider, Thomas-Michael | Das Almberg-Höhlensystem, in: Winkler, Robert, herausgegeben von, Die Höhlen des Toten Gebirges, Leykam-Verlag, Graz 2012 |
Schneider, Thomas-Michael | Neues aus dem Almberg-Höhlensystem, Der Fränkische Höhlenspiegel Heft 59, 2013, S. 6-11 |
Schneider, Thomas-Michael | Neues aus dem Almberg-Höhlensystem - ein Überblick über die laufenden Forschungsarbeiten, DIE HÖHLE 2013, S. 72ff. |
Schneider, Thomas-Michael | Almberg-Höhlensystem: Neuvermessung 2014 abgeschlossen, Der Fränkische Höhlenspiegel 60-2015, S. 6ff. |
Trimmel, Hubert, Gesamtredaktion | Österreichs längste und tiefste Höhlen, Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift "Die Höhle", Wien 1966 |
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