Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Erdmännliloch, Bachs, Kanton Zürich, CH
Wegen ihrer Bedeutung als "Flucht- oder Rodungsburg", die sie zumindest für den Basler Burgenforscher Werner Meyer im Hochmittelalter gehabt hat, wurde diese im Grunde ganz kleine Höhle schon als "eine der wichtigsten Höhlen des Kantons Zürich" bezeichnet.
Die speläologischen Fakten sind bescheiden. Der schon von weitem sichtbare, rauchgeschwärzte Eingang in 520 m Höhe über dem Meer in der Hohfluh ist gut 10 m breit und einige Meter hoch. An ihn schließt sich ein Hohlraum von maximal 7,30 m Tiefe an, an die sich zwei ausgeprägte Nischen anschließen. Mehr ist da nicht. Geologisch gesehen ist die Höhle im "Jüngeren, tieferen Deckenschotter" ausgebildet, des Ablagerung im Altpleistozän in der Mindeleiszeit vor 420.000 bis 480.000 Jahren geschehen ist. Die Höhlenentstehung erfolgte dann durch Erosion in der nächsten Interglazial, das mit 240.000 bis 480.000 Jahren angegeben wird.
Der Mensch ist sicherlich seit Anbeginn mit der Höhle in
Berührung gekommen, nachweisen läßt sich das allerdings nicht mehr. Schon 1840
grub der Bachser Pfarrvikar Jakob Tobler in ihr, aber nur einige unbestimmbare
Scherben kamen zu Tage. 1850 erfolgte eine weitere Sondiergrabung, 1878
schließlich beauftrage die Antiquarische Gesellschaft zwei Bachser Bauern,
Weidmann und Schütz, nach Spuren der Vergangenheit zu graben. Alles, was sie
gefunden hätten, wären alte Ofenkacheln gewesen.
Was noch heute vorhanden ist, das ist die Reste einer dicken Bolleinsteinmauer,
die im südlichen Bereich eine Zugangsöffnung hatte. Die Durchschnittswandstärke
liegt zwischen 120 cm und 160 cm. Nur im nordwestlichen Bereich und im Süden
finden sich noch letzte Reste.
In der Kaverne fand sich im September 2011 eine große Feuerstelle, viel Stroh
auf dem Boden und in einer rückwärtigen Nische einiges sehr benütztes Mobiliar,
z.B. zwei Sessel. Die Höhle gerade bewohnt gewesen zu sein, aber der Inhaber war
gerade nicht da. Auf einer Felsbank an der Wand befanden sich allerhand
Krimskrams, der an eine Art Kultnische erinnerte.
Im Wald davor war gerade eine Gruppe junger Leute bei der
Naturschutzarbeit. Offenbar wird daran gearbeitet, den Hang vor der Höhle zu
pflegen, damit nicht alles wieder zuwächst.
Sehr erwähnenswert sind die Sagen, die um die Höhle kreisen. Eine davon kreist
um die Erdmännchen oder auch Lampohren. Sie hatten diesen Namen bekommen, weil
ihre großen Ohren kaum unter ihren Mützen noch Platz fanden. Bei den Leuten im
Tal seien sie sehr beliebt gewesen, weil sie immer dann mithalfen, wenn denen
die Arbeit zu viel wurde. Über Nacht hätten sie die Wiesen gemäht, das Korn
geschnitten, die Äcker gepflügt und das Vieh geputzt.
Besonders dem Talmüller seien sie zugetan gewesen. Dieser habe es ihnen aber
überhaupt nicht gedankt, ganz im Gegenteil. Er habe über sie gelacht und sie
verspottet und es mal übertrieben. Um herauszufinden, was für Füße sie unter
ihren langen Röcken hätten, streute er rund ums Haus Mehl. Die Erdmännchen
hätten den Plan durchschaut und hätten noch in derselben Nacht das Tal
verlassen. Steckt da so etwas wie ein wahrer Kern in der Geschichte? War die
Höhle vielleicht eine Art "Armenhaus", wo die Menschen am Rande der Gesellschaft
Zuflucht gefunden hatten und einfach jede Gelegenheit nutzten, um am Arbeit zu
kommen, wenn eine da war? Und wenn nicht, dann mußten sie halt schauen, wo und
wie sie weiterleben konnten?
Die Höhle selber aufzusuchen ist jederzeit möglich, weil sie nicht versperrt ist, warum auch? Man muß sie nur finden. Sie liegt im zürcherischen Bachstal, einem Nebental des Rheins bei Kaiserstuhl. Hinweisschilder und Markierungen gibt es keine, jedenfalls habe ich keine 2011 entdecken können. Irgendwo in der Mitte zwischen Bachs und Fisibach gibt es eine Parkmöglichkeit. Dann gilt es, den Hang des Sanzenberges zu erklimmen, der 400 m nordwestlich des Gehöftes Talmühle liegt. Von unter herkommend, sieht man zuerst einmal gar nichts. Erst im oberen Talschnitt zeigt sich zwischen den Bäumen dann die 20 bis 30 m hohe Nagelfluhwand der Hochfluh, in der unübersehbar das schwarze Höhlenmaul sofort auffällt. Steil geht es hinan.
Literatur:
Knab, Oliver | Erdmännliloch, Höhlenpost Nr. 131, April 2008, Seite 21ff. |
Renata Windler | Grottenburg Hohfluh. In: Roland Böhmer et alt. (Hg.). Vom Grabhügel zur Ökosiedlung: Zürcher Baugeschichten [Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. 74]. Zürich 2007 |
Lukas Högl | Burgen im Fels (Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Bd. 12). Olten 1986 |
Hermann Fietz | Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Bd. II: Die Bezirke Bülach, Dielsdorf, Hinwil, Horgen und Meilen. Basel 19 |
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