Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Das Angerloch / Angerlloch / Angerer-Höhle.....


Okt. 2005


"...Unlesbarkeit dieser Welt. Alles doppelt..."   (Paul Celan)

"Was bedeutet dagegen unsere Wissenschaft? Bruchwerk!" (Musil, Mann ohne Eigenschaften, S. 569)


Schon einmal Schauhöhle gewesen, Skandalort, Winterschlafquartier der Fledermäuse - und potentielle Riesenhöhle. Seit fast 200 Jahren gibt es Aufzeichnungen darüber, daß diese Höhle im Osthang des Simetsberges beim Walchensee dem Menschen bekannt ist.

In C.W. Gümbels geognostischer Beschreibung Baierns aus dem Jahre 1861 schildert er seine Erfahrung mit dem Angerloch so: "Hier begegnen wir einer Höhlenbildung in dem sogenannten Angerloche, die nicht wegen ihrer Ausdehnung, sondern wegen der Seltenheit des Vorkommens von Höhlenbildungen in den Alpen erwähnt zu werden verdient. Ich versuchte dieselbe nach allen Richtungen zu durchforschen, so weit Strick und Leiter es möglich machten; indess fand sich ausser schwachen Spuren einer Tropfsteinbildung nichts, was zu weiteren Bemühungen angespornt hätte. Sie wird durch Klüfte und schmale Hohlräume, welche durch Auswaschungen der zwischen weisslichen Kalke gelagerten Schieferthonschichten entstanden, gebildet und besteht hauptsächlich aus engen, in vertikaler Richtung sich ausdehnenden Räumen." (S. 322f.)


Aus den Mittheilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins von 1888 Band 14, S. 133


Sie ist eine beliebte "wilde" Höhle, wurde und wird von vielen Menschen aufgesucht, die auch mal ein Höhlenerlebnis haben wollen, aber ohne Schauhöhlentamtam. So mancher, der sich heute "Höhlenforscher" nennt, hatte dort sein erstes wirkliches Höhlenerlebnis. Lange Zeit hindurch war die Höhle mit verfallenden Steiganlagen noch recht gut zugänglich (Die Eröffnungszeremonie für die Schauhöhle war (für unsere "lieben" Freunde in aller Welt, die dann unsere Emailaccounts knacken wollen, um über Mitleidmails an harte Währung zu kommen! / fand / am 24. September 1911 "in würdiger Weise" statt. Die Sektion der Münchner Naturfreunde hatte sich um den Ausbau 1910 gekümmert.) Inzwischen sind aber praktisch alle Hilfsmittel (bis auf Neue, die durchaus sinnvoll sind, um Höhlenunfälle zu vermeiden, die halt nie zu vermeiden sind, in letzter Konsequenz) wieder ausgebaut und zwei Tore am Eingang versperren den Zugang für fast die Hälfte des Jahres (aus "Fledermausschutzgründen"). Das soll die Übernutzung durch den Menschen einschränken. Haben die Vertreter der "Fledermausschutzthese" jemals "Beweise" (wie will ein Mensch das auch feststellen? An der Zahl der gefundenen Tiere?) daür geliefert, daß Ihre Weltsicht "richtig" war? Ich kenne nichts Derartiges. Aber gefragt wird ja inzwischen gar nicht mehr, weil zuviele "vested interests" damit verbunden sind.

Wer mehr fachliche Information über die Höhle haben will, der muß nur die Literaturquelle konsultieren. Da gibt es einen Plan und eine Beschreibung.

Höhlenkundlich ist die Höhle weiterhin sehr spannend, denn das System muß viel größer sein, als das, was wir bislang kennen. Die Hochwasser tritt aus dem Höhleneingang ein kleiner Fluß aus. Hat jemand bislang diesen Moment schon erlebt? Ich kenne niemand, der darüber berichtet hätte. Allerdings hinterläß so ein Naturereignis Spuren, auf die man auch einige Zeit danach noch stößt, nämlich z.B. in Form von Schaumbergen, die an der Wänden und utner der Decke hängen. Man ist vermutlich froh, wenn man dann nicht in der Höhle sich aufgehalten hat. 
So ein außergewöhnliches Hochwasserereignis war z.B. vom 22.-23.8.2005. Reiner und Beilner waren am 4.9. dort und berichten: "Es ließen sich immer noch vertrocknete Schaumreste in Nischen und an Wänden entdecken, die als Zeichen der Hochwasserstände vom 23.8.2005 gedeutet werden können. So wurden in den Deckenspalten der Christbaumhalle Schaumreste bis in Höhen von 4-5m beobachtet. Auch im Eingangsbereich des Volksbadsiphons konnten Reste von Schaumblasen in einer Höhe festgestellt werden, die bis knapp an die Überlaufschwelle des Kristallsiphons heransreicht." (Reiner, Beilner, Hochwasser 27)

All unsere Pumpversuche und Tauchvorstöße haben bislang den Durchbruch noch nicht gebracht, das war an vielen Stellen dieser Erde für lange Zeit so. Das ist aber kein Grund, die Hoffnung aufzugeben! Das Glück hat am Ende doh der Tüchtige!

Auf dem Weg zur Höhle
Dieser Weg war vom Hochwasser im Sommer
2005 vollkommen zerstört

Wasserklufthöhle

Ein neu vom Hochwasser 2005
geöffneter Eingang in die Höhle

Der einstmals von hohem Wald bedeckte
Berghang wird immer lichter
Blick aus der Umgebung des Angerloch-
Eingangs Richtung Benediktenwand
Das Höhlenbuch
2005 - deutscher Ingenieurgeist am Wirken

ein ursprünglich als Helmkarbidlampe gedachtes
Ding, angefügt an einen Autobremsschuh


Ausblicke aus den beiden Eingängen
Gitter am Eingang

Ein Baumrest im Eingangsbereich

Bodenbilder

Wandbilder
Alte Inschriften
 

Blicke zurück in die Forschungsgeschichte:

Dolfi und Elke Triller während der
Vermessung
 

mit Joachim Straupe

Auf der "Nitribit"

Spuren der Angerlochaktion
1974 Pumpversuch im Volksbad

Das Stromaggregat außerhalb der Höhle

Georg Kellerer beim Filmen

mit Reinhard Maier und Uschi Geisler bei Pumpaktion 1974, 
auch zu sehen die Pumpe und das Tonaufnahmegerät

1985 Andreas Giebelhausen, Reporter des Bayerischen Rundfunks, bei Interview in der Höhle

1982

Schaumberge an der Höhlenwand nach einem Hochwasser in der Höhle



1984

1985
August 2014

- back to the very roots

 
 
 
 
 
 
 
 
Eintragung der Höhle in der "Mineralogisch-petrographischen Karte 
der Bayerischen Alpen" von Chr. Schmitz, 1843

Auszug aus "„Sie“ am Seil" von Eva Gräfin Baudissin,  Schmidkunz Verlag, München 1914:
"..Das Auge lernt bald, den kleinen Lichtkreis der Laternen auszunützen, denn vom Tageslicht dringt kein Strahl in dies unheimliche Dunkel. Man hat auch nicht auf "Korpulente und Ungeübte" Rücksicht genommen, man muß klettern, sich strecken, über Dutzende von senkrecht stehenden Leitern, über große Blöcke, schmale Stege, die über einen Abzugskanal für das von den Wänden tropfende Wasser gelegt sind, dann wieder auf eisernen Stiften über schaurige Tiefen fort, an gähnenden Spalten vorüber und an düsterblickenden Wassertümpeln - kurzum eine echte rechte Hochtour machen man...." 


Literatur:

Baudissin, Eva Gräfin "Sie" am Seil, Verlag Walter Schmidkunz, Wien und München, 1914 https://www.gutenberg.org/files/66630/66630-h/66630-h.htm
Becker, Dr. Hans Karl Die Deutschen Höhlen, Frankfurt a.M. 1925 III. Teil
Cramer, Helmuth, zusammengestellt von Klaus Cramer Frühe zoologische Beobachtungen zur Speleofauna des Angerllochs, Der Schlaz 60-1990. 12
Cramer, Klaus Speleofauna des Angerlloches, Dere Schlaz 60-1990, S. 12
Deubner, C. Das Höhlen-Experiment, Der Schlaz 33-1981, S. 11ff.
Denzl, Günter Übrigens - wußtet Ihr, daß... die Münchner Naturfreunde einmal Höhlenbesitzer waren, Berg frei 1/96, S. 10f.
Gregor, K. Bussolenzug-Messung im Angerlloch, DER SCHLAZ 56-1988, S. 31ff.
Gümbel, C.W. Geognostische Beschreibung des bayerischen Alpengebirges und seines Vorlandes, hrsg. v. k. bayerischen Staatsministerium der Finanzen, Gotha 1861
Hansbauer, G. Chronologie des Angerllochverschlusses, DER SCHLAZ 60-1990, S. 8ff.
Heyse, Dieter Höhlenburch aus dem Angerloch, Der Schlaz 59-1989, 24-28
Heyse, Dieter Angerlloch, DER SCHLAZ 69-1993, S. 17ff.
Heyse, Dieter Offener Brief anläßlich der "Angerloch-Aktion" 
Heyse, H.D. Höhlenbuch aus dem Angerloch, DER SCHLAZ 59-1989, S. 24f.
Klumper, Cornelia Wie man sich als Anfänger bei einer "Eingehtour" fühlt oder. Wie "nervbar" sind meine Kumpel? Der Schlaz 71-1993, S. 36ff.
Konopac, Roland Das Angerloch-Rätsel, Der Schlaz 115-2009, S. 5ff.
Lindenmayr, Franz Angerlochverschluß, DER SCHLAZ 59-1989, S. 5ff.
Lindenmayr, Franz Carl Wilhelm von Gümbel und die Höhlen in den Bay. Alpen, Teil 1: Die Höhlen in der "Höhlenkarte von Bayern", in: Der Schlaz 133, Oktober 2021, S. 26-31
Lindenmayr, Franz Drei Erlebnisberichte vom Angerloch - der jüngste gerade 100 Jahre alt, Der Schlaz 136-2023, S. 12-17
Musil, Robert Der Mann ohne Eigenschaften, Rowohlt, Reinbeck 2006
ohne Verfasserangabe Angerer-Höhle, Touristische Mittheilungen, Mittheilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1888, Band 14, S. 133
Pfuhlstein, Bernhard von Neuland im Angerlloch, DER SCHLAZ 56-1988, S. 26ff.
Reiner, Harald Beobachtungen aus dem Angerlloch, DER SCHLAZ 62-1990, S. 47f.
Reiner, Harald, Beilner, T. Hochwasser im Estergebirge, Der Schlaz 106/107 - 2005, S.. 26ff.
Schmitz, Chr. Ueber die für die Fabriken und die Gewerbe, die Baukunst und den Handel dienlichen Mineralien des bayerischen Alpengebirges, 1843
Schwörer, Reinhold Bericht über die Höhlenbegehung des Angerl-Loch im Estergebirge, Der Schlaz 90-2002, S. 6f.
Süddeutsche Zeitung Edition Dunkle Höhlen und geheime Gänge, München 2010
Triller, A. Forschung in Höhlen - Gedanken zu einem vernachlässigten Thema, Der Schlaz 12-1974, S. 19
Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V. München, Schriftleitung Peter Hofmann Das Estergebirge - Eine Karstlandschaft in den Bayerischen Voralpen, München 1997
Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V. München (Hrsg.) Leben im Dunkel - Höhlentiere in den Alpen, Ein Projekt zur Biodiversität unterirdischer Lebensräume im Rahmen des Ökoplans Alpen 2020, Abh. Karst- u. Höhlenkunde 37, 1-64, München
Wandl, Stefan In der Unterwelt (1): Das Angerlloch am Walchensee - Die dunkle Welt der Mausohren und Hufeisennasen, Süddeutsche Zeitung 31. Juli 2009, Seite R6 Fürstenfeldbrucker SZ Nr. 174
Wimmer, Bernadette Einsatz von Lichtschranken und Fotofallen zur Untersuchung der Fledermaus-Aktivitäten am Angerlloch, Der Schlaz 118-2012, S. 49ff.
Wirschitz, Eduard Höhlenfahrt, Der Bergsteiger 10-1923, S. 111ff.

 

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