Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Der Cannstätter Schacht am Untersberg 1339/183, D
"There yawned under me, like the pit, the enormous, awful
notion of what I was doing.."
G.K.Chesterton, The Complete Father Brown
Bad Cannstatt ist ein Vorort von Stuttgart. Weit weg von München. "Keiner" kennt diesen Ort. Von München aus. Oder? Aber aus diesem Ort kommen die Ersterforscher dieser Höhle. 1981 gefunden und bis 1984 Hauptziel der Forschungen des Cannstätter Höhlenvereins auf der bayerischen Seite des Untersbergs. In der Erinnerung war diese Gruppe oft sehr "bärbeißig" gegenüber allen Höhlenforschern, die nicht aus diesem Ort kamen, besonders als sie auf "Münchner" trafen. Aber da könnte sich allmählich eine allmähliche Aufweichung dieser "harten" Haltung anbahnen, zumal wir in Zeiten leben, wo die "Heimat" ihre Menschen nicht mehr zuverlässig ernährt. Alles "weicht" sich heute immer mehr auf, allein schon, wenn es regnet, was runter vom Himmel geht und "Ortstafeln" einfach hinweggeschwemmt werden und alles, was scheinbar "fest verbunden mit der Erde" einst "Sicherheit" garantierte, heute nur noch "Untergang" heißen könnte, wenn das Wasser schon bis in den 1. Stock reicht. Der Sommer 2002 ist in vieler Hinsicht, hoffentlich, der Beginn eines "Neuen Denkens".
Am 10. August 2002 stehe ich tatsächlich auch
mal am dreifachen Eingang dieser Höhle am Fuße des Grubenkopfs,
die vor 20 Jahren mal Furore gemacht hat, aber um die es sehr,
sehr still wieder geworden war. Ein bißchen über 200 m Tiefe
hatte man erreicht. Daß die Hoffnungen groß waren, das ist
höchst verständlich. Heftiger Luftzug, große abwärts
führende Gänge, ein schmales Ende. Aber nachdem wohl alle
Bemühungen vergeblich waren, hat man sich andere Höhlen
gesucht, um tiefer in den Untersberg vorzudringen. Und man hat
einiges gefunden. Allerdings sprechen ein paar Zeilen aus dem
Salzburger Höhlenbuch Band 6 für sich: "Auf bayerischem
Gebiet ... Eine Unzahl kleinerer Höhlen wurden von den
Cannstätter Kameraden im bayrischen Teil des Untersbergs
erkundet, wobei die Dokumentation ebenso wie bei den Münchner
Forschern entweder dürftig oder aus verschiedenen Gründen nicht
greifbar." (Wohl der Aufschrei eines Katasterwarts).
Ich fühle mich gefordert am dreifachen Eingang. Soll ich da
reinsteigen? Warum eigentlich soll ich mein Leben da riskieren?
Um mir etwas zu "beweisen"? Nein, aber ich tue es
trotzdem. Der Wunsch in mir, ein paar schöne Fotos zu machen,
obsiegt. Ein "33 Meter-Schacht" am Anfang, da habe ich
1966 an der Kampenwand im Goldloch einen 30m-Schacht auf der
Strickleiter bewältigt, gerade noch. Ich geh rein und komme
erschöpft wieder raus. Wie schnell geht der Alterungsprozeß vor
sich? Langsam? Eine gerne gebrauchte Metapher. Sprunghaft - eher
für meine Erfahrung zutreffend. Du denkst, es geht noch, und
dann hängst nur noch wie ein müder Mehlsack am Seil und bist
froh, wenn du den nächsten Schub nach oben schaffst.
Es gibt zwei Grundtypen der "Höhlenforscher" - die
Vertikalisten, unter denen es Menschen gibt, denen kein Schacht
zu tief sein kann, gewissermaßen die Spinnen unter uns, und die
"Horizontalisten", gewissermaßen die Maulwürfe, die
sich in der Ebene am wohlsten fühlen.
Ulrich, Marcus und Johann sind noch viel weiter "rein"
gegangen, sie tragen die "Forschung" vorwärts. Ich
schaue da gerne nur noch zu. Es bläst am extrem enge Ende
noch recht heftig. Vielleicht müssen mal wieder die Frauen ran.
Die eignen sich für Engstellen besonders gut, siehe das
"G".
Auch die drei Kameraden kommen mal zurück. Genießen den Komfort
des Störhauses. Nahrung, Getränkeversorgung, Dachübermkopf.
Am Rande eines 33-Meter-Schachtes | |
Barfuß durch den Eisseee |
Von den während der Tour entstandenen 6x6-Fotos gibt es hier nur einen schwachen Abglanz davon. Auf die Leinwand projeziert und mit der Pixelcamera abfotographiert, dann bildbearbeitet... Wer die Originale mal im Originalglanz sehen will, der mußte schon z.B. beim Höhlenfotographentreffen HÖPHO 2003 dabei sein.
Ein Blick in den Schacht hoch |
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Marcus beim Aufstieg | |
Die Hurgelschräge | |
In der Hütte wurden Pläne gezeichnet und umgezeichnet....... Exaktheit, so gut wie es halt den Umständen nach möglich ist. Who cares? Aber die Lasertechnik ermöglicht schier Unglaubliches. In einem Raum der Höhle ging es 80 m nach oben. Keiner ist da rauf geklettert. Der Laserstrahl hat das für uns gemacht.
Literatur:
Arbeitsgemeinschaft für Höhlenforschung Bad Cannstatt e.V., Redaktion Fred Kösling | Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift "Der Lehmpfuhl" Sonderheft 1, Stuttgart 1988 |
Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg, Gesamtredaktion Walter Klappacher | Salzburger Höhlenbuch Band 6, Salzburg 1996 |
Meyer, Ulrich | Neue Höhlen am Untersberg 1339, Münchner Höhlengeschichte, hrsg. vom Verein für Höhlenkunde in München, 2004, S. 257ff. |
Müller, R. | Cannstätter Schacht, ATLANTIS 1-1983, S. 15f. |
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