Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen am Watzmann


Die Eiskapelle


Der Watzmann, maximal 2713 m hoch, das Wahrzeichen des Berchtesgadener Alpen, hat, so der kurze Kommentar im Salzburger Höhlenbuch Band 2, "dem Höhlenforscher wenig zu bieten". In Band 6 heißt es: "Der Watzmann ist das höhlenärmste Gebiet unter den großen Gebirgsstöclen des Berchtesgadener Raums."

 Allerdings tauchen in den Erzählungen Einheimischer immer wieder Hinweise auf Tropfsteinhöhlen im Raum Königssee-Watzmann auf, die "so schön sind, daß man sich niemanden etwas davon zu sagen traut". Verständlich, angesichts des Verhaltens vieler Menschen, die in der Natur etwas sehen, was es vor allem auszubeuten gilt, um selber reich zu werden und den anderen das übrig läßt, was nicht so einfach an sich zu reißen war. 

Es heißt, der erste Besteiger des Watzmanns sei Valentin Stanic gewesen. In Begleitung von fünf Begleitern bricht er auf, geht am Ende aber alleine zum Gipfel. Diese Worte sind von ihm noch überliefert: "Diesen sicher noch von keinem menschlichen Fusse betretenen Spitz entschloss ich mich zu ersteigen. Siegesgewohnt wollte ich auch dieses stolze Horn entkränzen." Ob er wirklich der erste Mensch am Gipfel war? 

Ein guter Spiegel der höhlenkundlichen Entwicklung im Watzmanngebiet ist das Salzburger Höhlenbuch. In Band 2, 1977, waren es gerade 4 Objekte, die Aufnahme gefunden hatten, in Band 6, 1996, 11. Viel mehr sind es inzwischen wohl auch nicht geworden.

Es gibt eine Ausnahme: die Eiskapelle. Die hat einen Bekanntheitsgrad, der nicht zu überbieten ist - außer lange Zeit bei den Höhlenforschern. Die wollen immer etwas "Neues" finden, und davon gibt es hier nicht viel zu holen. Außer man ist Wissenschaftler und sammelt Daten - und die werden reichlich geliefert, da sich da dauernd etwas ändert. Oder ein speläologisches Objekt hat ästhetische Qualitäten - dann stürzen sich alle drauf und morgen sieht alles schon wieder alles anders aus. Das trifft genau den "Zahn unserer Zeit" - und deshalb hat sie jetzt auch eine "Katasternummer", das Zeichen , daß nur auch die Höhlenforscher in unserem Zeitalter angekommen sind.

Nur eine bekannte Kalksteinhöhle hat bislang einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht, der Prodingerschacht. Im östlichen Watzmannkar in der Nähe des 3. Watzmannkinds öffnet sich der 6x8 m messende Schachtmund. Von da geht es 70 m senkrecht zum schneeerfüllten Schachtgrund. 1926 ist ein Skifahrer namens Prodinger hineingestürzt und konnte lebend wieder geborgen werden. Wir kennen sogar den Namen des Retters: Aschenbrenner. 1949 wiederholte sich der Grundvorgang, eine Skifahrer stürzte in den Schacht, hatte aber nicht so viel Glück. Er konnte nur noch tot geborgen werden. Inzwischen hat man über dem Schacht ein Gitter angebracht.

So ein Sturz in einen Schacht ist kein Einzelereignis. Inzwischen gibt es schon viele ähnliche Ereignisse: Hölloch, Rauschber, Untersberg, Totes Gebirge..... Die Berge sind kein Kinderspielplatz, keine Eventarena ohne Risiko, sondern ganz schnell kann aus Spaß tödlicher Ernst werden...

In einem Werk von A. Eisenberger aus dem Jahre 1837 kann man schon lesen: "...Gebrannte Wand, die ihren Namen von einem im Jahre 1767 Statt gefundenen Waldbrand geschöpft hat, auch die Teufelsmühle genannt wird, da in einer dortselbst befindlichen Höhle, zu der man vom Ufer aus, in einer halben Stunde mühevoll gelangen kann, ein immerwährend unterirdisches Getöse zu hören vermeint, aus welcher Höhle auch nach lang bestandener ungünstiger Witterung ein wilder Bach entspringt, und der auch so wieder allmählig zu versiegen beginnt...." Das ist der Stoff, der Höhlenforscher von ihren Couchen herunterholt. Im SHB 6 steht einiges darüber. 

In der alten Literatur ist auch noch von einem "Rentamtsmannloch" lesen, das unter diesem Namen heute wieder vergessen zu sein. Hiernach gilt es wieder zu forschen! Wissen ist wohl doch keine Einbahnstraße, daß es nämlich immer mehr wird. Nein, so manches wird auch wieder vergessen, verlegt, verbrannt und weggesperrt. Und dann wiedergefunden, nachgedruckt, kopiert.... 

Im Königssee wurde inzwischen der "Trichter" untersucht, eine der starken Karstquellen, die bei der Kreuzlwand in 10 m Tiefe liegt. Nach starken Niederschlägen quellen große Wassermassen hier aus dem Berg und es ist eine "großflächige Kräuselung an der Seeoberfläche" (Wolf 192) zu erkennen. Wie viel wissen wir Menschen denn eigentlich wirklich von der Welt im Innern der Berge? Herzlich wenig. Und vielleicht ist das auch gut so.


Aus: Hartwig, 1846, Führer durch die Südbayerischen Hochlande: "..und weiter hin wird die gebrannte Wand erreicht, von einem früher stattgefundenen Waldbrande so genannt, welche die vom Ufer aus in einer mühevollen halben Stunde zu erreichende, T e u f e l s m ü h l e genannte Höhle liegt, in welcher man ein immerwährendes unterirdisches Getöse zu hören glaubt..."


Der Watzmann, von allen Seiten gesehen...

Der bekannteste Blick mit der Kirche von Bartholomä  
     

Von der Straße zwischen Berchtesgaden nach Königssee  

Von der Straße Wachterl - Hintersee 2018

Oktober 2019

An der Straße Reichenhall - Berchtesgaden


Literatur:

Eisenberger, A. Der uneignenützige und sichere Wegweiser für Reisende in Berchtesgaden, Berchtesgaden 1837
Fengler, Klaus, Thoma-Bergar, Kathrin Abenteuer Watzmann - Naturwunder, Mythos, Schicksalsberg, Bruckmann, München 2021
Hartwig Führer durch die Südbayerischen Hochlande, 1846
Klappacher, Walter, Knapczyk, Harald, Gesamtredaktion Salzburger Höhlenbuch Band 2, Salzburg 1977
Klappacher, Walter, Gesamtredaktion Salzburger Höhlenbuch Band 6, Salzburg 1996
Roeper, Malte "Dieses stolze Horn entkränzen", DAV panorama 3/2106
Wolf, Andreas Der Trichter im Königssee, Münchner Höhlengeschichte II, München  2004, S. 192

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