Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft und Höhlen am Rauschberg, Bayerische Alpen
Blick vom Dürrnbachhorn auf Rauschberg,
2010 / Im Polterschacht 1983
Der Polterschacht am Rauschberg
Der Rauschberg hat seinen Namen nicht von irgendwelchen Alkoholräuschen. Mit "Rauschen" wurden die schwersten Gesteinsteile bezeichnet, die als erste zu Boden sanken, wenn das aus dem Berg gewonnene Gestein gewachsen wurde. Gesucht hat man am Rauschberg nach Blei und Galmei.
Der Rauschberg ist der Hausberg von Ruhpolding und für jeden mittels der 1953 erbauten Seilbahn leicht zu erreichen. Von der Bergstation sind es nur noch ein paar Schritte nach oben und man steht auf dem 1.645 m hohen Gipfel des Vorderen Rauschbergs. Unter guten Sichtbedingungen hat man von hier einen überwältigenden Panoramablick. Nach Norden zeigt sich der Chiemsee und das umgebende Land wohl bis hinauf zum Bayerischen Wald. Westlich und weiter ist der Blick frei auf Hochgern, Hochfelln, den Wilden Kaiser, das Dürrnbachhorn, das Sonntagshorn, ganz in der Ferne im Süden sogar Großglockner und Großvenediger, die Reiteralm, Watzmann, Lattengebirge, Untersberg, Hochstaufen.
Auf einem gut ausgebauten und viel benutzten Pfad geht es in
Nähe der Kammlinie ostwärts, vorbei am Rauschberghaus, an einigen Holzhütten mit
Erläuterungen zu Erscheinungen am Weg über Biologie, Geologie, Geschichte usw..
Manchmal sind sie ja wirklich aufklärend, wie z.B. die "Kandelaberbäume"
entstehen oder was "Rauhwacke" ist.
Schließlich zweigt an einer Scharte ein schmaler Weg nach links steil nach unten
ab. Das ist der Weg in die Roßgasse, eine der steilsten Skiabfahrten in
Oberbayern. Von hier geht es wieder aufwärts auf einem sehr begangenen Steigerl
hinauf auf den Hinteren Rauschberg mit seinen 1.671m. Von hier geht es nicht
mehr weiter. Alles endet hier in einem Steilabbruch nach Norden und
Latschenfeldern, die undurchdringlich sind im Osten und Süden. So muß man alles
wieder zurücklaufen. Wer weiter ostwärts will, der muß an der Abzweigung zur
Roßgasse nach unten auf einem ausgetretenden Steigerl ca. 100 m hinunter zum
Fahrweg. Er führt nahezu horizontal weiter bis zum Kienbergsattel. Hier gibt es
Wegverzweigung. Entweder steigt man wieder bergauf und kommt so zum Streicher
und Zenokopf oder steigt talwärts auf einer steilen Fahrstraße wieder zu Tal,
hinunter zur Schmelz oder vielleicht auch weiter auf dem Rundweg zurück zur
Seilbahnstation (angegebene Wanderzeit 3 Stunden).
Heute ist von dem einstmaligen Bergwerksbetrieb, der intensiv über mehrere Jahrhunderte auf der Nordseite des Rauschbergs los war, praktisch nichts mehr zu sehen. Lediglich der Name "Schmelz" erinnert noch daran. Über 350 Jahre hatten hier viele Menschen ihr Auskommen damit, in den Blei- und Galmeibergwerken zu arbeiten. Die ersten Schürfrechte wurden schon 1585 von Herzog Wilhelm vergeben, während des 30jährigen Krieges wurde der Abbaubetrieb begonnen. Es ging immer auf und ab mit dem Betrieb, Kriege beeinflußten massiv das Geschehen, letztlich fand man keine rentierlichen Abbaugebiete mehr, so daß 1924 der Betrieb eingestellt wurde. Insgesamt wurden 72 Stollen in den Berg getrieben, wobei viele nur Suchstollen waren, weil man nie ganz sicher sein konnte, wo sich die Erzvorkommen im Berg befinden. Wer mehr über diese Bergwerke erfahren will, der kann in einem über 200 Jahre alten Buch nachlesen: "Beschreibung der Gebirge von Baiern und der oberen Pfalz" von Mathias Flurl, erschienen 1792.
Taubensee und Blick auf die Seilbahnstrecke Richtung Bergstation |
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Gipfel des Vorderen Rauschbergs | |
Blick vom Vorderen Rauschberg Richtung Osten / Hinterer Rauschberg |
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Rauhwacke |
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Roßgasse |
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Blick vom Gipfel des Hinteren Rauschbergs Richtung Osten / Streicher, Zenokopf |
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Doline am Weg |
Hinterer Rauschberg von Norden |
Rauschbergmodell in der Seilbahnstation |
In der 1982 erschienenen Münchner Höhlengeschichte wurde der damalige Stand des Höhlenkatasters der Bayerischen Alpen veröffentlicht. Bei der Katastergruppe 1348 Sulzburg-Teisenberg, die auch den Rauschberg umfaßt, war kein einziges Höhlenobjekt angeführt. Das heißt nicht, daß bis dahin noch nie ein Mensch mit einer Höhle dort zusammengekommen war, aber es hatte eben bis dahin noch keinerlei Niederschlag in der im allgemeinen doch sehr guten Zusammenstellung gefunden.
Dabei gibt es schon eine lange Geschichte, die bis in den mittelalterlichen Bergbau zurückreicht. Die Bergleute waren bei ihren mühsamen Vorstößen in den Berg immer wieder auf natürliche Hohlräume gestoßen, die sogar einen eigenen Namen bekamen, "Kracken" hießen sie. Auch das Vorkommen des Erzes hängt wohl mit den Naturhohlräumen zusammen. Daß so viel Erz an bestimmten Stellen vorkommt, wird heute damit erklärt, daß im Wettersteinkalk sich früh schon große Hohlräume gebildet hatten, die dann später von erzhaltigen Gewässern wieder gefüllt wurden, wo sie sich konzentrierten. Fanden die Bergleute solche Felskammern, die sog. "Hauwerke", dann hatten sie das große Los gezogen und hatten für Jahre Arbeit. Falls nicht, galt es an anderer Stelle zu suchen "bis endlich ein glücklicher Zufall den Bergmann wieder auf Erzanbrüche führte" (Flurl, S. 157). Flurl beschrieb die Situation 1792 so: "Sie sind weder Gänge, noch ordentliche Flöze, und nicht einmal ordentliche Lager." (Flurl, S. 157)
1864 erzählt Ludwig Steub in seinen "Wanderungen":
Widmen wir nun auch eine beiläufigen Blick dem düstern Rauschenberg, der hier
zur rechten Seite aufsteigt. Dieser soll in seinem Innern fast so hohl sein, wie
ein leeres Schneckenhaus von lauter Gängen, Stollen und Schachten, welche der
Fleiß und die Geldgier früherer Zeiten hinein getrieben." (Steub 32)
Inzwischen sind die meisten Bergwerkseingänge verstürzt oder zugesprengt.
1982 begann mit einer Tour, ausgelöst durch einen Hinweis von Karl Henn, in den Polterschacht, eine neue Ära. Mit einem Schlag war klar, daß es in diesem Gebirgsstock gewaltige Naturhöhlen geben mußte, die aber erst mal gefunden werden wollten. Der Polterschacht hat keinen natürlichen Eingang, sondern ein Zugang war erst möglich, nachdem die Bergleute vor vielen Jahren in diesem Gebiet einen Suchstollen angelegt hatten und bei seinem Vortrieb auf den großen Naturschacht stießen. 199 m geht es in die Tiefe mit mehreren tiefen Schächten, 14 m in die Höhe, in einem alten Zubringersystem, das verstürzt endet.
Auf Grund eines Hinweises eines Einheimischen begann die Suche nach einem angeblich 400 Meter tiefen Direktschachts auf der Südseite des Rauschbergs. In den 80er Jahren beschäftigte sich eine kleine Gruppe Münchner Höhlenforscher mit der Suche danach, aber leider blieb bislang das erträumte positive Suchergebnis aus. Vielleicht gibt es ihn ja gar nicht. Immerhin wurden im Zuge dieser Arbeiten 4 Kleinschächte gefunden, erforscht und vermessen.
Ein großer Schacht am Rauschberg ist auch zu erwähnen, der Schneegrubenschacht. Er ist heute mit einem massiven Stahlgitter verschlossen, daß hoffentlich nie mehr wieder ein Mensch darin ums Leben kommt. Dies ist tatsächlich schon passiert, als ein Skifahrer hineinstürzte.
Fast verschütteter Einstieg in ein altes Bergwerk
Der Rauschberg aus dem Flugzeug am Morgen, etwas verfremdet, September 2011 |
Literatur:
Berger, Reiner | Das Ende vom Mamimiliansstollen...? Der Schlaz 831997, S. 27ff. |
Berger, Reiner | Warum in die Ferne schweifen, das Gute liegt doch so nahe..., DER SCHLAZ 104 - 2004, S. 12f. |
Doben, Klaus | Geologische Karte von Bayern 1:25000 Erläuterungen zum Blatt Nr. 8242 Inzell, München 1973 |
Flurl, Mathias | Beschreibung der Gebirge von Baiern und der oberen Pfalz, München
1792 https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/U3EYGZ24LJXUIXCD7BD3DEHTF2EUSY73 |
Gümbel, C.W. | Geognostische Beschreibung des bayerischen Alpengebirges und seines Vorlandes, hrsg. v. k. bayerischen Staatsministerium der Finanzen, Gotha 1861 |
HSCH | Inzell findet zurück zu seinen Wurzeln, Inzeller Gemeindeanzeiger Nr. 35, 30.8.1997, S. 7ff. |
Läntzsch, Michael | Bergbau am Rauschberg, Der Schlaz 82-1996, S. 50-52 |
Lindenmayr, Franz | Carl Wilhelm von Gümbel und die Höhlen in den Bay. Alpen, Teil 2: Was in der "1861-er Höhlenkarte" nicht vorkommt, aber in seinem übrigen Werk erwähnt wird", Der Schlaz 134-2022, S. 41ff. |
Lindenmayr, Franz | Ein 400-m-Direktschacht bei uns? DER SCHLAZ 56-1988, S. 10ff. |
Pohlenz, Steffen | Vermessung des Maximilianstollens am Rauschberg, Der Schlaz 79-1996, S. 24f. |
Schmidbauer, Werner | Gipfeltreffen 3 - Gespräche in den Bergen, ARISTON, München 2008 |
Schwenkmeier, Willi | Wie der Berg zu seinem Namen kam, in: ALPINWELT - Das Bergmagazin für München und Oberland, 1/2011, S.8ff. |
Steub, Ludwig | Wanderungen im bayerischen Gebirge, 2. vermehrte Auflage, München 1864 |
Triller, Dolfi | Der Polterschacht, in: Münchner Höhlengeschichte II, München 2004, herausgegeben vom Verein für Höhlenkunde in München |
Triller, Dolfi | Schacht im Rauschberg bei Rupolding - unser erster Vorstoß im "Schneegrubenschacht" am 28.8.82, DER SCHLAZ 38, Oktober 1982, S. 7f. |
Triller, Dolfi | Schneegrubenschacht 1348/1 Rauschberg bei Ruhpolding, DER SCHLAZ 39, Februar 1983, S. 22f. |
Verein für Höhlenkunde in München | Münchner Höhlengeschichte, München 1982 |
Wolf, Andreas | Schluckaufschacht/Rauschberg, DER SCHLAZ 61-1990, S. 11ff. |
Zagler, Werner | Die Jäger des verborgenen Schachtes 3, DER SCHLAZ 62-1990, S. 41ff |
Zagler, Werner | Die Jäger des verborgenen Schachtes 2, DER SCHLAZ 60-1990, S. 37ff. |
Zagler, Werner | Die Jäger des verborgenen Schachtes, DER SCHLAZ 59-1989, S. 21ff. |
Zagler, Werner | Forschungen am Rauschberg / Ruhpolding 1348, in: Münchner Höhlengeschichte II, München 2004, herausgegeben vom Verein für Höhlenkunde in München |
Links:
Rauschberg-Bahn Ruhpolding * Wandern und Erholung für Jedermann.
Münchener Mineralienfreunde e.V. Der Bergbau am Rauschberg bei Inzell
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