Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Um Roßkopfsteig und Petrusquelle, Altmühltal

Zwischen Riedenburg und Dietfurt liegt im Altmühltal auf der Südseite des Flusses der kleine Ort Deising. Auf einer großen Brücke kann man heute den Main-Donau-Kanal überqueren. Wer gut aufpaßt, dem fällt vielleicht der kleine Bach auf, der früher wohl nur in einer Furt durchquert worden ist und über den heute natürlich auch eine kleine Brücke führt. Folgt man dem Bach aufwärts, so gelangt man an einen dieser herrlichen Quelltümpel, von denen es einige im Altmühltal gibt (Mühlbach, Blautopf bei Neuessing..). Dort ist die Deisinger Petrusquelle, d


eren durchschnittliche Schüttung 550 l/s beträgt. Oberhalb der Quelle steht die Petruskirche, die zwar heute "renoviert" ist, aber damit all ihre Würdigkeit wieder verloren hat, weil nur noch ihre äußere Form noch für ihr Alter spricht oder halt auch nicht. Die Vergänglichkeit ist halt ziemlich schnell auch heutzutage.

Von Klaus Vater hatte ich den ersten Hinweis bekommen. Er erzählte mir auf unseren "Rentnertreffen" im ZWINGERECK in München von der neuen Großhöhle im Altmühltal. Ich hatte da noch gar nichts davon mitbekommen (Jetzt muß ich zugeben, daß da schon vorher ein "Wink" da gewesen war, aber den hatte ich damals noch nicht  verstanden). In den "Verbandsmittelungen" habe darüber was gestanden. Es dauerte fast ein Jahr, bevor ich die mal in die Hand bekommen habe. "Daising", "Petrusquelle". Ich hab mal auf der Karte nachgeschaut, die ich von der Gegend hatte und entdeckte schnell den blauen Fleck, der wohl den Ausgangspunkt markierte. Irgendwo in der Umgebung war wohl auch der Eingang zu der neu entdeckten Höhle. Irgendwo hatten die Akteure ihre Spuren hinterlassen. Ob ich den Eingang finden würde? Im Text des Artikels stand, daß der Eingang wegen Querelen mit dem Grundbesitzer der Eingang wieder zugeschüttet worden sei. War wohl keine alltägliche Aufgabe. Mal sehen.

6. Januar 2007

Ich bin mal mit Willi und Doris Adelung hingefahren. Es war ein trüber Januarsamstag. Vom Winter war gar nichts zu merken. Starker Rückreiseverkehr auf der Autobahn. Bei Denkendorf verließen wir den Highway und bogen Richtung Riedenburg ab. Kurz vor dem Altmühltal zweigte noch einmal eine Straße ab - Richtung "Meihern". Ob die nach "Deising" führte? In die Gegend hatten wir früher ja noch nie geschaut. Ein Blick auf die Karte bestätigte uns, daß wir auf dem richtigen Straßerl waren. Das Ortsschild machte dann alles klar. Und als der geteerte Fahrweg über ein kleines Bächlein führte, bremste ich sofort. Da waren wir richtig. Wir erkundeten nun zu Fuß das Terrain. Der Petrusquellteich war schnell gefunden. Laute dicke Fische (Forellen?) tummelten sich darin. Hinterm Teich stieg der Hang an bis zu einer Verebnung auf der die alte Kirche steht. Ein paar Einfamilienhäuser, Garagen, Gärten, von einem Höhleneingang war da überhaupt nichts zu sehen. Wir folgen erst einmal der Teerstraße bis zu einem großen hölzernen Stadel, an dem eine nicht zu übersehende Tafel angebracht ist, die auf die drei Wanderwege in der Umgebung aufmerksam machte. Von einer Höhle war auch da nichts vermerkt.

Wenigstens eine Wanderung wollten wir noch unternehmen, wenn schon der speläologische Teil so schnell und schmählich an ein Ende gekommen schien. Wir gingen zurück und holten das Auto, das einen guten Parkplatz vor dem Holzstadel bekam. Sollte das wirklich alles gewesen sein? Ich war nicht zufrieden. Wo konnte bloß dieses "blöde" Loch sein? Hinter dem Stadel erstreckte sich eine große weite Fläche, die ziemlich abrupt in den relativ steil aufragenden Hang hinauf zur Hochfläche überging. Ohne wirklich was zu sehen, ging ich einfach auf den Hang zu. Altes landwirtschaftliches Gerät war da abgestellt, ein Stapel Brennholz war da, ich ging immer weiter, ständig mit dem Gefühl im Bauch, daß das alles herzlich sinnlos war. Und dann fiel mir auf einmal was auf. Die Homogenität des Übergangs von der Fläche vor dem Hang und dem Hang selber war an einer Stelle unterbrochen. Je näher ich kam, desto deutlicher wurde es: Da war so etwas wie ein Trockenbachbett, da direkt bis zu einer Stelle führte, die an einer Felswand endete, die deutliche Kalkschichten auswies. Sollte es da sein? Es gab keine andere Stelle. Ein Höhleneingang war da nirgends mehr auszumachen. Alles schien wieder aufgefüllt worden zu sein, aber alle Spuren konnten doch nicht gelöscht werden. Es wurde auf einmal ganz deutlich. Hier war tatsächlich der Mündungsbereich einer bedeutenden Karstquelle, die dieses große Naturamphitheater geschaffen hatte. Das war kein Zufall, sondern tief in die Erde gegrabene Naturgeschichte. Auch wenn da kein Hineinkommen momentan war, mich hat es fasziniert, besonders weil kein Taferl darüber informiert hat, was ich da gerade sehe, sondern weil dieser Moment da Ergebnis eines erfolgreichen mentalen Puzzlespiels, zusammen mit Ausdauer, Intuition und etwas Glück war. Ich machte noch ein paar Bilder, und dann ging es los auf den Rosskopfsteig. Daß es diesen gibt, das ist auch ein Ergebnis der EU. Die steckt nämlich immer wieder Gelder in solche landschaftsbezogenen Projekte, auf die man langsam überall im EU-Gebiet stoßen kann, sei es nun in Kalabrien oder in den Burren - mit mehr oder weniger Sinn verbunden.

Gelbrote Taferl an den Bäumen markieren den Steig, der als Höhepunkt am Kühberg erst einen prachtvollen Blick ins Altmühltal hinab bietet und später auf einer herrlichen Magerrasenwiese mit vielen Wacholderbüschen ("zu den fünf größten Jura-Hochflächenweiden in Bayern gehörend") und dem Eselssteig (dort wurde das Wasser der Petrusquelle auf dem Rücken von Eseln hinauf in die Fluchtburg auf der Hochfläche gebracht) aufwartet. Willi entdeckte auf dem Wanderweg einen beweglichen (sehr langsamen) Pilz! Der bewegt sich in seinem Schleimgeflecht dahin, wohin es ihn zieht und senkt nicht einfach seine Wurzeln ins Erdreich. Auch so ein kleines Naturstaunobjekt.
Im Internet wird auch noch mit einer "Jura-Höhle" ein bißchen geworben, die nur bei den geführten Wanderungen gezeigt werde. Sie habe auch unseren Vorfahren aus Behausung gedient und "allerlei Tieren einen wertvollen Unterschlupf geboten". Wir haben jedenfalls von dieser Höhle nichts mitgekommen. Beschildert war sie nicht und so auffällig ist sie auch nicht. An einer Stelle war eine Metallstange etwas unmotiviert in den Erdboden gesteckt. Ob es dort den steilen Hang hinunter geht zu den Felsen, wo sich der Eingang öffnet?

Jedenfalls war die ganze Wanderung ein Genuß, insbesondere weil wir niemanden sonst getroffen haben. Und selbst die Autos schienen vom Erdboden verschwunden gewesen zu sein. Nur ganz wenige Exemplare verbreiteten ihren Lärm, als wir durch Altmühlmünster spazierten, die Kirche besuchten, in der noch ein wohl von Weihnachten übrig gebliebenes Panorama von Jerusalem im Altarraum prangte.

In Deising gibt es auch einen dieser neu geschaffenen Gastrotempel mit viel Holz außen herum und wohl auch innen drin, aber da niemand anders davor parkte, fuhren wir weiter nach Riedenburg, um unseren wohl erworbenen Hunger zu stillen. Ob es dort die Fische aus der Karstquelle gibt?

8. Oktober 2016

Petrusquelle / 8. Oktober 2016
Petrusquellbezirk vom Flügelsberg aus / 8. Oktober 2016
Vom Flügelsberg Richtung Deising/Petrusquellbezirk geschaut
Der Wanderpilz
Der Eselssteig
 2015
   
   

Es lohnt sich, die Internetlinks zur Petrusquelle zu studieren. Ich hatte keine Ahnung davon, als ich dort war. So vieles wird dadurch klar und verständlich. Was alles kann man doch  n i c h t  wissen, obwohl es doch längst schon irgendwo steht, man nur nichts davon weiß.

Anfang Februar 2007 war ich nochmal in der Gegend. Es gibt nämlich von Deising auch einen markierten Wanderweg zum Rappenfelsen und den hatte ich noch nicht besucht. Es geht immer am Waldrand leicht ansteigend und dann auch mal wieder hinterführend dahin, so daß immer wieder reizvolle Blicke auf die andere Talseite, z.B. Richtung Flügelfelsen, möglich sind. Am Ende steigt dann der Weg an und mündet direkt auf dem kleinen Felsplateau. Von da ist ein Panoramablick möglich hinüber nach Dietfurt und nicht zuletzt Richtung Mühlbach. In diesen Felsen haben die fränkischen Höhlenforscher schon einige kleinere Höhlen erfaßt, unter anderem die Bruckleitennische und das Bruckleitenfelstor. Ich ging auf halber Hanghöhe wieder zurück und untersuchte die kleinen Felsen, die herausschauten. An einer Stelle war sogar ein röhrenförmiges Felsgangerl, das innen so verstürzt aussah, daß es schon wieder verdächtig war. Hatte da jemand den Versuch gemacht, eine Fortsetzung zuzuschlichten? Ich holte, soweit es einigermaßen ging, wieder die Steine heraus, aber das letzte Wort ist da noch nicht zwingend gesprochen. Besonders berührend waren die tiefen Reifenspuren im Wald, wohl verursacht von den modernen Holzerntemaschinen, mit denen Boden vollkommen aufgerissen und zerstört wird! Da wird den Wanderern ans Herz gelegt, doch auf den markierten Wegen zu bleiben, und dann passiert so etwas! Das sieht dann natürlich auch keiner und regt vielleicht drüber auf.

Noch einen Ausflug hab ich von Deising aus gemacht. Wenn man mal weiß, wo die Petrushöhle ihren Eingang hat, dann kennt man auch das Gebiet, das darüber liegt. Wie sah es aus? Gab es vielleicht irgendwelche Karstformen an der Oberfläche. Ich folgte dem Tal hinter der Quelle weiter nach oben bis auf die Oberfläche und machte dort einen ausgiebigen Spaziergang. Das sind die optischen Ergebnisse davon:

Es dauerte bis zum April 2015, bis ich das nächste Mal in diese Gegend kam, dabei war Peter Timer vom Ingolstädter Höhlenverein. Mit seiner hervorragenden Gebietskenntnis fanden wir schnell an den südlichen Altmühltalhängen die verschiedenen Höhlen, die es in den prachtvollen Felszonen am oberen Rand gibt. Die meisten Höhlen sind längst bekannt, teilweise schon vermessen, und nun auch mit einer Markierungsplakette versehen.

 
     
> Unbekannte haben hier eine schräge Holzrampe errichtet, 2015
     
   
     
 
     
 
     
 
     
 

Mit der Bezeichnung I 176 wird heute der "Wolfsblutschacht" im fränkischen Höhlenkataster geführt. Die speläometrischen Grunddaten sind eindrucksvoll: 1.130 m Länge und 85 m Tiefe. Im Oktober 2004 begann die Höhlenerforschung, nachdem Manfred Walter von einem Einheimischen einen Tip bekommen hatte. Beim Bau einer neuen Oberflächenentwässerung für Wolfsbuch war ein Baggerfahrer beim Ausschachtungsarbeiten auf einen vorher unbekannt gewesenen Höhleneingang gestoßen. Damit begann eine mehrjährige, sehr mühsame Forschungsarbeit über die auf der Webseite "Wasserhöhlenforschung.de" ausführlich berichtet wird.

Mich interessierte die Umgebung des Eingangs und deshalb fuhr ich im September 2019 selber einmal hin. Auf dem Weg nach Wolfsbuch fiel mir schon eine prachtvolle Doline unterwegs auf. Hat das schon jemand jemals gegraben? Grundlos entsteht so etwas nicht.

In Wolfsbuch die Stelle zu finden, wo sich die Oberflächenentwässerung befindet und wo der Eingang in die Höhle liegt, das war nicht schwierig. Schließlich liegt sie außerhalb des Ortes, umzäunt, und leicht eingesenkt in die Juraoberfläche. Viel ist nicht zu sehen, aber das hatte ich ja gar nicht erwartet. Und wenn ich mir den Befahrungsbericht durchlese, dann muß ich da wirklich nicht selber hinein in dieses "Loch". 


Literatur:

Walter, Manfred (Quelle) Petrusquellhöhle - Zweites Wasserhöhlensystem im Altmühltal entdeckt! Mitteilungen des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher Nr. 3/2006, S. 96

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