Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Höhlen im Ries / Bayern
Ostalb, Landschaft und Höhlen der
Hexenküche im Kaufertsberg bei Lierheim
"Noch bis in die1960er Jahre machte man Vulkanismus für
die Entstehung des Nördlinger Ries in der Schwäbisch-Fränkischen Alb
verantwortlich. Heute gilt die Formation mit 26 Kilometer Durchmesser als einer
der am besten erhaltenen Impact-Krater der Welt, wo sich die meisten mit einem
Einschlag verbundenen geologischen Phänomene studieren lassen. Er entstand vor
14,8 Milliarden Jahren." Süddeutsche Zeitung Nr.36, 13./14. Februar 2021,
S. 34 Wissen
Fällt jemand etwas auf?
Westlich von Nördlingen am Rande des "Ries", dort wo sich vor Jahrmillionen eine glücklicherweise seltene Katastrophe abgespielt hat (der Stand der Wissenschaft ist, daß es vor rund 14,7 Millionen Jahren war), ein Riesenmeteorit schlug da knallvoll in die Erde ein und veränderte mit einem Schlag alles, da liegt in einer noch immer sehr friedlichen und schönen Gegend, das "Himmelreich" mit den beiden Ofnethöhlen. Gut sieht es allerdings nur aus der Perspektive von West nach Ost aus. Schaut man sich den Ort genauer an, dann haben große Steinbrüche rundum schon sehr an dem Hügel genagt, so daß es ein bißchen nach Kulisse und Restgröße aussieht.
Bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten hatte ich die Möglichkeit, Höhlen im Ries zu besuchen. Sie seien hier vorgestellt:
12. November 2000
Ein bißchen frustriert sind wir noch von einer vergeblichen
Höhlensuche nach der Hexenküche im Kaufertsberg
bei Lierheim. Fünf erwachsene Menschen hatten dort 1 Stunde das
recht übersichtliche Gelände durchkämmt nach dem in Gisela
Graichens "Kultplatzbuch" beschriebenen Objekt.
Eigentlich klang es ja einfach: "Am Fuß der Kuppe in
Richtung Süden um die Anhöhe herumgehen. Bei der kleinen
Baumgruppe liegt der Eingang." Das las sich einfach, führte
uns aber nicht zum Höhleneingang. "The ups and downs of
life...."
Am Kaufertsberg
PS: Am 18. März 2018, auf dem Rückweg vom Höhlenphotographentreffen 2018 auf dem Hesselberg, versuchte ich es noch einmal. Diesmal half mir MAPS.ME, das einfach herunterladbare Kartenprogramm auf dem Smartphone. Ein Einzeichnung mit den genauen Lagedaten machte es zum Kinderspiel. Sofort war die Stelle gefunden, wobei ich diesmal im frisch gefallenen Schnee herumtappte, der alles mit einem zauberhaft weißem Belag verändert hatte.
Bei den Ofnethöhlen passiert einem so etwas nicht, weil sie
schon von weitem zu sehen sind, besonders die obere Höhle. Ein
schwarzes Loch gähnt im Jurahang knapp unterhalb der Hangkante,
einen richtigen Parkplatz gibt es da, eine ausgetretenen Pfad,
der bergwärts führt, zwei Erklärungstafeln und zwei
Papierkörbe. Besser kann man eine "wilde Höhle" fast
nicht erschließen. Gleich neben dem Parkplatz sind die
Grundmauern eines römischen Gutshofs zu sehen.
Sucht nicht nach den Spuren der Alten,
sondern sucht nach dem,
was die Alten suchten
(Basho 1644-1694)
22. April 2001
Diesmal sind nur noch Willi Adelung und ich unterwegs, um die
"Rieshöhlen" endlich einmal selber zu erleben. Der
Schock, nur eine von drei Höhlen wirklich gesehen zu haben,
wirkte nach. Im Grunde standen uns ja hervorrragende Werkzeuge
längst zur Verfügung, wir hatten halt noch nicht richtigen
Gebrauch gemacht davon. Das Schöne daran war, daß wir bei
diesem Mal gleich zwei weitere Höhlen auch noch gesucht und
gefunden haben: die "Höhle in der Hölle (M15)"
und die Kammerlochhöhle, alle auf der CD des
Bayerischen Landesvermessungsamts schlummernd, aber halt von uns
vorher noch nicht entdeckt. Als wir gegen 1 Uhr in der Talmühle
bei Ederheim zu einem schmackhaften Mittagsmale einkehrten,
hatten wir unsere "Mission" beendet. Alles, was wir bis
dahin gesucht hatten, war gefunden, fotographiert und erlebt
worden.
Ein paar Erinnerungsspuren....
Hexenküche Foto W. Adelung |
Mühlberghöhle (M1a) und das Mühlbergfelstor (M1b)
Hungerberghöhle
Januar 2003
Wichteleshöhle bei Sulzdorf
9.
Februar 2003
Weinheckenhöhle bei Holstein
Im östlichen Wörnitzsteilhang zwischen Harburg und Ronheim liegt eine besuchenswerte Höhle, das Hüllaloch. Der Zugang zu ihr ist heutzutage ganz einfach. Man hatte eine betonierte Treppe mit Handlauf den Berg hinangelegt, so daß jeder hinaufkommt. Unten ist eine Hinweistafel, auch mit der ausführlichen Schilderung der Höhlensage. Oben sind zwei Höhlen: ein großräumiger Felsenraum, der gleich wieder nach hinten zu ist, und neben einer Sitzbank ein Felsenschlitz, der Zugang zu einem schmalen hohen Höhlengang gewährt, der in einen weiteren geräumigen horizontalen Höhlenteil mündet. Der Zugang nach außen hat man mit einem Geländer, so daß gar nichts mehr passieren kann.
Harburg | |
Wörnitz und Harburg, April 2015 | |
Der Goldberg ist heute ein wertvolles Naturschutzgebiet, früher ein wichtiger Ort für Steinbrüche, in dem der gut bearbeitbare Kalkstein für die Gebäude der Umgebung gewonnen wurde. Heute zählt das Überleben einer besonderen Bienenart mehr als die Rohstoffgewinnung und die Sicherung einer geologischen Besonderheit, denn es handelt sich hier um tertiäre Süßwasserkalke. Die öffentliche Hand hat inzwischen das Eigentum an dem gesamten Areal, so daß es zu keinen Zielkonflikten bezüglich der Bewahrung der Natur und dem erwerbswirtschaftlichen Streben mehr kommt. Auf einem kleinen Parkplatz kann man das Gefährt abstellen. Kleine, unauffällige Wege durchziehen das Gelände bis hinauf auf die ebene Hochfläche, heute nur noch vom Gras bewachsen, früher für mehrere Siedlungen dienend. Kleine Nischenhöhlen, die Goldberg-Höhlenruinen, sind in den Steinbruchwänden noch vorhanden, eine davon wird als eine Art Kultgrotte verwendet.
Eine inzwischen als Kultgrotte genutzte Felsnische | |
Blick zum Ipf |
Der östlichste Ausläufer der Schwäbischen Alb ist der Ipf, der aus mehreren Braun- und Weißjuraschichten besteht. 668 m hoch ist er und auf seinem Gipfelplateau ist ein selten guten Blick in die umgebende Rieslandschaft bis hin zu den Alpen an guten Tagen möglich.
April 2015 - Die drei fleißigen Führer/-in des fränkischen
Höhlenkatasters bringen erstmals eine Übersicht über die Höhlen im
Katastergebiet M Nördlingen heraus. 41 Höhlen werden da aufgeführt, einige nur
aus Traditionsgründen, weil sie eigentlich auf Baden-Württembergischen Gebiet
liegen. Von zweien wäre die Lage unbekannt und wichtige Unterlagen würden
fehlen: das Jakobsberg-Abri bei Kleinsorheim und die Adlersberg-Felsspalte bei
Reimlingen. Ich mache mich auf und schaue, ob ich sie ausmachen kann.
Kleinsorheim kann ich gerade noch auf der Karte finden, wo der "Jakobsberg"
liegt, das ist schon nicht mehr herauszufinden. Jedenfalls gibt es da eine
markierte Spitze einer Erhebung in der Landschaft und ich schaue, was los ist.
Der Ausflug lohnt sich alleine schon wegen der prachtvollen Aussicht vom mit
einem Kreuz gezeichneten Gipfel. Ein dolinenartiges Gelände grenzt an den
Waldrand, von einem Abri ist nirgends auch nur ansatzweise etwas zu sehen.
Weiter unten ist der Hang terrassenartig umgestaltet worden, heute aber wieder
aufgelassen und bewaldet. Es dürfen andere weitersuchen. Den Adlersberg zu
finden ist leicht. Ein Wanderweg führt direkt daran vorbei, wobei sogar ein
Jakobswegzeichen an den Stangen prangt und zeigt, daß auch hier der berühmte Weg
vorbeiführt. Besonders für geologisch Interessierte ist diese Stelle eine
Besonderheit wegen ihrer Stromotolithenvorkommen. Von einer Felsspalte, die
katasterwürdig wäre, weil ein Mensch sie befahren könnte, habe ich nichts
gesehen, eher fällt ein winziges Abri auf, aber können sich allenfalls zwei
Schafe unterstellen ohne bei Regen naß zu werden.
Weil es so schön war, besuchte ich dann zum x-tem Male die längste Höhle des
Katastergebiets M, die Große Ofnethöhle. Offenbar haben die Messungen bis in die
letzten Winkel ergeben, daß sie in die Klasse der "Mittelhöhlen" einzureihen
ist, was immerhin über 50 m Ganglänge bedeutet. Nichts bleibt gleich, in diesem
Falle ist zu der einen Informationstafel am Eingang noch eine zweite, größere,
inzwischen dazu gekommen. Ansonsten ist alles ziemlich gleich geblieben.
Rieslandschaften | ||
Bei Kleinsorheim | ||
Grotten bei Mündling
Juli 2017 MAPS-ME, die Smartphone-App machts möglich. Wer sie
verwendet, der kann staunen. Da sind Höhlen eingetragen, von deren Existenz ich
vorher noch nie gehört bzw. gelesen hätte. Da sind sie mit einem seltsam
danebenen Zeichen, einer zackigen Bergstruktur, und auch noch lagerichtig
eingetragen auf einer grünen Fläche. Zieht man dann los, dann hat man ein sehr
gutes Hilfsmittel in der Hand, mehr aber auch nicht. Wenn einem schon von weitem
der Eingangs entgegen "grinst", dann hat man es leicht, so wie bei der
Kammerlochhöhle bei Mönchsdeggingen. Ist man noch weit entfernt, dann kann man
überlegen, ob es nicht irgendwo einen befahrbaren Weg noch gibt, um näher an
die gesuchte Höhle zu kommen. Manchmal klappt es.
Manchmal fast nicht. So ging es mir mit der Großen Talberghöhle. Es schien
eine "gmahte Wiesn" zu sein, war es dann aber nicht. Offenbar geht da
selten jemand hin, denn der Wald dort verwandelt sich langsam wieder zu einer
Wildnis. Wenn man Menschen zu einer Höhle gehen, dann hinterlassen die
Trittspuren allmählich einen Pfad und dem zu folgen, das ist leicht. Manchmal
gibt es Pfade, aber die führen irgendwohin, nur nicht dorthin, wo man wollte.
Ich lief auf und ab, kreuz und quer, der kleine Zeiger, der eigentlich anzeigen
sollte, wo ich war, schwebte mal hierhin, mal dorthin. Nur von einem
Höhleneingang war nie etwas zu sehen. Groll kam in mir hoch, da war nichts. Da
gab es zwei vom Menschen geschaffene kleine Gruben, vielleicht war das einmal
Schützengräben gewesen aus einer längst hinter uns liegenden Zeit. Es gab sie
immer noch. Hatte man den Höhleneingang zugeschüttet und es gab deshalb diese
Vertiefungen in der Erdkruste? Den xten Blick auf das Display und dann auf die
Natur. Ich mußte schon am fraglichen Ort sein, aber da war nichts.
360-Grad-Rundumblick. Wieder nichts. "Talberg"? Alles, was nach
"Berg" aussah, hatte ich untersucht. Ich war am Aufgeben. Ich war am
Aufgeben. Es wäre doch langweilig, wenn es so einfach wäre. Einfach so ein
Kästchen jemandem in die Hand geben und ihm sagen, daß er damit die
100-Prozent-Garantie hat, eine Höhle zu finden. So ist es, noch, nicht. Dann
ging ich noch 5 Schritte weiter bergauf. Da war ein kleines Felswändchen zu
sehen. Noch 2 Schritte. Da schien sich ein Höhlendach abzuzeichnen. Noch 2
Schritte. Da war sie, die Höhle. Tatsächlich. Wenige Meter geht es schräg
nach unten, der Gang weitet sich zu einer Felsenkammer. Das war es dann aber
auch schon. Auffallend ist der große Temperaturunterschied. Drinnen ist es viel
kühler aus draußen - wenn es da so heiß gerade ist, wie es gerade war. Und
das gefiel offenbar den mindestens 1.000 Tierchen an der Wand. Von irgendwelchen
Fortsetzungen konnte ich nichts ausmachen, aber vielleicht schaut sich ein
Höhlenforscher vom Typ "Maulwurf" die Sache einmal an.
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Kammerlochhöhle bei Mönchsdeggingen |
Große Talberghöhle | ||
Literatur:
Glaser, Stefan | Krater, Gläser und Trümmermassen - Der Meteoritenkrater "Nördlicher Ries", in: Look, Ernst-Rüdiger, Feldmann, Ludger, Faszination Geologie - Die bedeutendsten Geotope Deutschlands, Stuttgart 2006 |
Graichen, Gisela | Das Kultplatzbuch, Bechtermünz Verlag, Augsburg 1997 |
Herreiner, Steinmeier | Kesseltal und Kartäusertal, 2007 |
Kyrle, Georg | Theoretische Speläologie, Wien 1923, S. 318f. |
Rind, Michael M. | Menschenopfer, Universitätsverlag Regensburg, 2. Auflage 1998 |
Rosendahl, W. | Geologisch-paläontologischer und archäologischer Streifzug durch das Nördlinger Ries, Das Jahresheft 1995 - Ausgabe zum VDHK-Jahrestreffen 1996 in Blaubeuren, Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten, Grabenstetten 1996, S. 78ff. |
Schmid, Alois (Hg.) | Das Alte Bayern - Von der Vorgeschichte bis zum Hochmittelalter, C.H. Beck, München 2017 |
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