Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Speläologisches um Schirradorf, Fränkische Schweiz


Als 1829 Joseph Heller sein Werk "Muggendorf und seine Umgebungen" veröffentlichte, war darin über Schirradorf zu lesen: "Bair. Prot., liegt im Ldgr. Hollfeld, und hat 136 Einwohner. In der Nähe des Dorfes abwärts entspringt das Flüßchen Kainach.". (S. 158) Und an anderer Stelle über den "Prophetenbrunen": "Prophetenbrunnen werden mehrere Quellen in der Nähe von Schirradorf beim Schwalbenstein genannt, welche nur bei lange anhaltender nasser Witterung plötzlich armsdick aus der Erde hervorspringen. Der Landmann glaubt alsdann, daß es Krieg oder Theuerung bedeute." (S. 138) Außerdem beschreibt er bereits auch den "Schwalbenstein" mit seiner Höhle.

Der Prophetenbrunnen liegt in dem sehr reizvollen Trockental, das sich nördlich von Schirradorf, heute unter der Autobahn Bamberg-Bayreuth hindurch, bis nach Azendorf erstreckt. Der Boden des rund 80 m breite Karsttals ist von Wiesen bedeckt, an den Seiten ragen sehr ansehnliche Felspartien mit einigen dunklen Löchern aus dem mit Föhrenwald bewachsenen Flanken heraus. 

Am nördlichen Ortsende von Schirradorf liegt im westlichen Talfelsen der Eingang zum künstlich erweiterten und verschlossenen Harzenkeller. Wenige Meter vorher schießt im Sommer aus einer kleinen Felsöffnung die "Ochsentränke". Aus einer nahe gelegenen Quelle wird mittels einer Elektropumpe Wasser in die natürliche Felsenröhre eingespeist. Für die Kinder ist ganz in der Nähe ein kleiner Klettergarten eingerichtet.

Folgt man der Straße weiter ins Trockental, so erreicht man bald die "Kirche", einen großen Abri (27 m breit, 8 m tief, 1,5 m hoch), in den "tafelbankigen Dolomiten des Malm Delta", so beschreiben das die Geologen. Früher diente es als Schafsunterstand, was für die Tiere ausreichend war. Will ein Mensch hinein, dann muß sich schon ganz schön bücken, um etwas weiter zur Rückwand zu gelangen, wo es dann doch nicht weitergeht.

Weitere speläologisch interessante Objekte sind das "Flieh- oder Wannenloch", das "Gänsloch", das Abri "Schinderbrunnen" und der "Prophetenbrunnen", der in der "Schwalbach-Quellhöhle" entspringt.. Er öffnet sich am Fuß der überhängenen Felswand "Schwalbenstein" in 435 m NN. Die rund 6 m breite Quelle speist den nach Südwest abströmenden Schwalbach, der dann in die Kainach fließt, die sich wiederum mit der Wiesent vereinigt, die schließlich in die Regnitz entwässert. Auch für diesen "Hungerbrunnen" gilt, daß er nur zeitweise Wasser führt, dann aber auch wieder sehr viel, wenn es lange, starke Niederschlagsperioden gegeben hat oder nach der Schneeschmelze.

Bedeutendstes Karstobjekt ist das "Klingelloch" oder die "Tropfsteinhöhle bei Schirradorf". Ihr heutiger, künstlicher Eingang ist nicht zu übersehen, prangt doch ein großes viereckiges Loch in der weißen Felswand. Ein Gitter verwehrt einem den Zugang. Sie ist stellenweise in 2 Etagen ausgebildet und stellt ein insgesamt 70 m langes Kammer- und Spaltenhöhlensystem dar. Eine der vielen Geschichten, die sich um sie drehen, ist die von einem Räuber, der in Höhle seine Münzen gezählt habe. Durch ihr "Klingeln" sei man ihm auf die Schliche gekommen. 
Die erste Literaturerwähnung stammt aus dem Jahre 1801, wo sie gar in die Kategorie der "größten und merkwürdigsten Höhlen der Erde" aufgerückt war, auch Heller führt sie auf, "als Höhlen mit sehr schönen Tropfsteinbildungen, welche die sonderbarsten Figuren darstellten". 1909 beabsichtigte das Königliche Bezirksamt Kulmbach die "Klingellochhöhle" zu erschließen, "da  ja die Entdeckung und eventuelle Besichtigung einer solchen Höhle viele Besucher nach Schirradorf bringen würde, wodurch insbesondere für die Wirte eine neue Einnahmequelle erschlossen würde." Adalbert Neischl, der "Erforscher der fränkischen Jura-Höhlen", so ein handschriftlicher Zusatz im Originaldokument, bekam den Auftrag, die Höhle zu vermessen, was im Dezember 1909 auch tatsächlich passierte. Damals konnte man zum Eingang der Höhle, der 12 m über dem Tal lag, nur mit Hilfe einer Leiter hinaufgelangen. Man stritt sich über die Kostenübernahme von rund 180 Reichsmark, 1913 wurde die Höhle noch einmal vermessen, diesmal von Hauptmann Frank, weil man Zweifel an der Richtigkeit des Plans bekommen hatte. Drei Monate später wurde gesprengt und damit der Zugang wesentlich erleichtert. 2010 gab es dann noch einmal eine Vermessung, weil man "karsttektonisch verwertbare Einzelheiten" vermißt hatte.

Professionell wurde die Höhle wohl nie betrieben. Der oft freie Zugang führte dazu, daß der Tropfsteinschmuck sehr litt. Aus Fledermausschutzgründen ist die nun Höhle abgeschlossen. Führungen kann man von Anfang April bis Ende September buchen unter: Nils Bräunig, Gelbsreuth 30, 96197 Wonsees, Tel. (09274) 8075030, www.funis.de.

 

     
     
> "Kirche" C 147
< "Kirche"
< Harzenkeller C 219

> Ochsentränke

> Beckensteinkeller
C 219

Literatur:

Baier, Alfons Karstphänomene und Hydrogeologie im (Trocken-)Talgebiet von Schirradorf/Anzendorf. Eine Untersuchung der Grundwasserverhältnisse in einem reaktivierten fossilen Karströhrensytem.- Geol. Bl. NO-Bayern 60, 1-4, 107-175, Erlangen 2010
Cammerer, Anselm Andreas Caspar Naturwunder, Orts- und Länder-Merkwürdigkeiten des Königreiches Bayern für Vaterlandsfreunde, sowie für kunst- und naturliebende Reisende, Kempten 1832
Gümbel, C.W. Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb, Kassel 1891, Bericht der naturforschenden Gesellschaft Bamberg – 8: 55 - 91..
https://www.zobodat.at/publikation_volumes.php?id=51731
Heller, Josef Muggendorf und seine Umgebungen oder die Fränkische Schweiz, Nachdruck der 1. Auflage aus dem Jahre 1829, Palm & Enke, Erlangen 1979
Ritter, Ch. W. Beschreibung der größten und merkwürdigsten Hölen der Erde, 1. Theil.- IV & 112 S., Hamburg (Ch. G. Kratzsch) 1801.1801

Links:

https://www.komoot.de/highlight/267787

https://www.frankenjura.com/freizeit/poi/18424

http://www.lhk-bayern.de/hoehlenofr/c33klingloch.php

http://www.angewandte-geologie.geol.uni-erlangen.de/schir_01.htm

https://www.wonsees.de/tourismus/ausflugsziele/balmenflur-bei-schirradorf/

https://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/images/blo/ortsblaetter/karten/karten/Ort_Sch_1850_S28.jpg

Landschaft und Höhlen der Fränkischen Schweiz

 

 


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