Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Kluterthöhle in
Hagen-Kückelhausen, D
- die Höhle unterm Fußballplatz
Was für ein Verhältnis haben "Mensch" und "Höhle" heute? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, muß man sich das Heute und das Gestern einmal anschauen und das Gefundene vergleichen. Die Antwort wird sicherlich sehr vielfältig ausfallen, wohl alles andere als eindeutig, widersprüchlich und deshalb häufig ziemlich "unlogisch". Schließlich geschieht auf dieser Welt in Wahrheit vieles völlig vollkommen entgegen aller "Gesetze der Logik" und das ist gut so, gut für das "Leben".
Was hat eine einst als bedeutende Kulthöhle fungierende Erdöffnung unter einem Sportplatz zu suchen? Warum kommen da heute so sehr selten Menschen nur noch rein? Früher war das ganz anders gewesen. Am letzten "Charfreytag" war dort jedes Jahr "vor dem Eingang ordentlich merketendert worden". Aus der umliegenden Gegend, heißt es, "selbst von Hagen her", seien zahlreiche Wallfahrten zur Höhle ausgeführt worden. Warum?
Zur Osterzeit seien "durch Jahrhunderte hindurch bis zu unserer Zeit" Menschen zur Klutert gewallfahrtet, hätten das heilige Wasser geschöpft und all die schönen Osterbräuche lebendig gehalten. Im Zentrum der Osterbräuche stand die Opferung von Eiern, die man der Göttin Hertha (Erde) widmete. Da tat sich eine Kluft auf zwischen "christlichen" und "heidnischen" Ritualen. Inbesondere Jugendliche verzehrten die meisten gefärbten Hühnerprodukte bereits am Karfreitag und zogen mit den Schalen zur Höhle. Dort wurden sie die Felsspalten geworfen. Dabei blieb es dann nicht. Schnapsgelage schlossen sich an, denn "ohne Schnaps zogen die Schleifer- und Hammerschmiedeburschen nicht hin", es kam zu Raufereien, und dann... "die Polizei bereitete dem an sich schönen Brauch ein Ende". Es kam scheinbar auch zu richtigen kleinen "Schlachten", die man mit "Fitzebohnenstangen" austrug. Es ging zwischen den Burschen von Wehringhausen und Kückelhausen darum, "den Eingang der Höhle zu erobern und zu besetzen". Wurde jemand von der gegnerischen Gruppe gefangen, wurde er an einen Baum gefesselt. Wurde er vergessen, dann konnte er lange an diesem Platz zubringen. "Dieser konnte dank seiner guten Stimme des Mitternachts vo seinem Vater befreit werden." (Westhoff).
Besonders berührend ist die Sage von Ingmar und
Thorgrund, denn sie schildert ein Geschehen, das dem gerne von
"Christen" der Öffentlichkeit präsentierten Image von
ihrer "Religion der Liebe" völligen Hohn spricht: Der
Hoferbe Ingmar war mitten bei den Vorbereitungen für das
Osterfest, das nach altem Brauche in der Kluterthöhle
stattfinden sollte. Er wollte die Tochter des Dorfschmieds
heiraten, Thorgung. in der alten Weise zwischen Saat und Ernte.
Als er sich mit seinen Freunden in der Höhle aufhielt, kamen
Hundertschaften des Vogtes vom Klosten Werden, umstellten das
gesamte Gebiet und nahmen alle nach 6 Tagen, die sie sich in der
Höhle versteckt halten konnten, fest und schleppten sie in den
Kerker für ein Jahr. Ingmar, nach dem Urteil des
Königsrichters, der Anführer, sollte in vier Teile zerrissen
werden vom 4 Pferden, die Strafe dafür, daß hier nicht
christlich genug geglaubt und dem Abt vom Kloster an der ruhe
gefolgt worden war. Genau ein Jahr nach der "Tat"
sollte die Strafe vollzogen werden. Thorgrund wollte ihren
Liebsten vor dem Tode retten und versuchte, den Abt umzustimmen.
Nachdem sie dem uralten Brauch gefolgt war, und am Ostertage mit
ihren Freundinnen an der hilligen Becke Wasser geschöpft und
nach Hause getragen hatte ohne ein Wort zu reden, ein Brauch, den
das Kloster duldete, ging sie persönlich zu Abt. Der Abt
"ließ sich erweichen", vom der Vollstreckung des
Todesurteils abzusehen, allerdings nur unter einer Bedingung, die
wahrlich sein Verwurzeltsein in der "Religion der
Liebe" zeigt: Thorgung mußte in das Kloster Werden
eintreten. "Totenblaß" sei sie auf dem Stuhl gesessen.
Sie nahm ihr Schicksal auf sich und sagte ja.
Es sei zu einer letzten Begegnung in der Höhle zwischen den
Beiden gekommen, sie habe ihm alles erklärt, und er habe alles
verstanden. "Vor einem Jahr feierten wir hier das Fest der
Erda, wir glaubten, der alten Göttin ein Opfer bringen zu
müssen. Du aber hast uns gezeigt, was ein wirkliches Opfer ist.
Ja, geh ins Kloster und lebe ganz dem neuen Glauben. Auch ich
habe die Kraft des neuen Glaubens gespürt und weiß, daß er
nicht aufzuhalten ist. Zum Beweis dafür, daß es mir ernst ist,
soll nun an jedem Karfreitag eine Wallfahrt aus ganz Süderland
hier zur Klutert und zum heiligen Bach stattfinden. Dabei wollen
wir stets deines Opfers gedenken, daß Du um der Liebe willen
gebracht hast." Eine schöne alte Geschichte, die deutlich
zeigt, wie es die "Kirche" mit der "Liebe"
hält. Lieber nicht.
Seit ihrer "Verrohrung" im Jahre 1924 waren nur noch selten Befahrungen der Höhle möglich. 1981 war da mal ein Großeinsatz angesagt. Mit großen Pumpen wurde versucht, dem "Geheimnis" des Höhlensees auf die Schliche zu kommen, was aber nicht damals nicht gelang. Es gab auch schon einmal einen zweiten See in der Höhle, der aber heute verschwunden ist. Russische Strafgefangene hatten in der Nähe unterirdische Bunker in einem kleinen Steinbruch unterhalb der Höhle zu errichten. Dabei wurde offenbar das Gestein so zerrrüttet, daß schon damals das Wasser im Untergrund verschwand.
Ich weiß nicht, wie oft die Höhle heute den Menschen zugänglich ist. Schade, daß so ein alter, sehr erdverbundener Brauch zerstört worden ist. Hat unsere "moderner Zeit" irgend etwas geschaffen, das sich damit messen lassen könnte. Vieles läßt sich einfach nicht mehr wiederbeleben. Ist der Lebens- und Glaubensfaden durchgeschnitten, dann ist der durch, auch der "christliche". Vielleicht ist es auch der "Kirche" ganz recht, daß die Höhle verschwunden ist. Damit redet bald auch keiner mehr davon, alles wird vergessen, und ein ziemlich unrühmliches Kapitel des Geschichte für das Christentum verschwindet allmählich wieder aus dem menschlichen Bewußtsein.
Der Plan aus dem Jahre 1805, angefertigt von
Hobräcker und Holthaus nach Schaub (1953) |
Im Mai 2006 habe ich mal eine Mail von jemand bekommen, den ich wohl mit meiner Art, die Dinge zu sehen, sowohl auf als auch unter der Erde, nicht angesprochen habe. Aber damit lebe ich, gerne. Jeder hat seine Art, mit manchen stimme bis auf den Punkt genau zusammen, mit anderen überhaupt nicht. So ist es nunmal das Leben.
Hier der Text:
"ich bin eigentlich sehr erfreut auf die hp
zugegangen. allerdings habe
ich dann den fehler gemacht ihre einlassungen zur
"klutherthöhle" zu
lesen. es ist erschreckend mit welcher borniertheit und arroganz
sie
sachen, die sie offensichtlich in ihrer tiefe nicht mal zu
verstehen
versuchen, dem unvorsichtigen leser unterhudern, während sie die
privilegien, die ihnen diese religion gebracht, hat dazu schamlos
be-
und ausnutzen.
wie wäre es, wenn sie, anstatt wie der abt "über leichen
zu gehen" - und
seien es nur seelische - mal versuchen würden die situation in
ihrer
gänze zu erfassen?
mich haben sie mit diesem pauschalurteil, das jeder realen
grundlage
entbehrt und mich als bekennenden und nach kräften
praktizierenden
christ einen lügner nennt tief verletzt. ich danke ihnen für
diese
erfahrung, hoffe aber, daß sie diese öffentliche denunzierung
überdenken."
"Über Leichen gehen..", eine rhetorische Formel. Wir alle gehen "über" sie, spätestens, wenn wir wieder mal einen Friedhof besuchen und vielleicht das Grab unserer Eltern aufsuchen oder von Freunden, die heute schon nicht mehr da sind. Einen praktizierenden Christen einen "Lügner" nennen, wo ist das im Text oben passiert? .
Literatur:
Westhoff, Ulrich | Materialien zur Klutert-Höhle, Hagen-Kückelhausen, DER ANTIBERG, Mitt.z.Karst- u. Höhlenkunde, Heft Nr. 23, 1981, S. 3-17 |
Zygowski, Dieter W. | Höhlenpläne des 18. u. 19. Jahrhunderts aus dem Sauerland (Rheinisches Schiefergebirge), Die Höhle 1-1980, S.11ff. |
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