Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Blessberghöhle, Thüringen
War es Zufall, daß die Blessberghöhle gefunden worden ist? Es gibt ja Menschen, die bestreiten, daß es so etwas überhaupt gibt. Überall nur Absicht und Erklärbarkeit? Wenn das wirklich so wäre, dann hätte doch jemand voraussagen können müssen, daß es im Blessberg eine große Höhle gibt. Vermutet haben die Höhlenforscher das schon, aber beweisen hat es halt keiner können. Und gefragt sind sie vorher auch nicht geworden.
Dann kam der große Moment. Beim Vortrieb des Tunnels von Norden am 30. März 2008 stieß man auf einen Hohlraum im Oberen Wellenkalk, dessen Ausmaße niemandem auf dieser Erde vorher bekannt waren. Neugierig darauf, was sich dahinter verbarg, waren die Verantwortlichen nicht. Erste Reaktion: 500 Kubikmeter Beton hineinschütten. Ergebnis: Die Masse verschwand scheinbar wirkungslos, nicht ganz, wie wir heute wissen, sondern die Masse blockiert heute den natürlichen Abfluß des Wassers in der Höhle und führt immer wieder zu Überflutungen von Höhlenräumen. Das Eisenbahn-Bundesamt wurde eingeschaltet. Am 3. April wurde der Höhleneingang in die westlichen Teile verschlossen, was mit "Sicherheitsgründen" "begründet" wurde. Wenige Tage später stieß man erneut auf natürliche Hohlräume, diesmal in der Ostregion, wonach am 9. April 2008 die ganzen Bauarbeiten für kurze Zeit einstweilig eingestellt wurden. Am 18. November 2008 konnte mit der Ersterkundung des 180 m langen Ostteils begonnen werden, ehe dieser kurz darauf endgültig mit Beton unzugänglich gemacht wurde. Im westlichen Teil gelang der Vorstoß in große Tunnelgänge mit großartigem Sinterschmuck, insbesondere meterlangen Makkaronitropfsteinen. Im Sommer 2012 gelang es dem Thüringer Höhlenverein ein kleines Grundstück zu erwerben, das unmittelbar über einem Höhlenende lag. Binnen kurzer Zeit konnte ein Schachteinstieg geschaffen werden, so daß man unabhängig von der Zugänglichkeit durch des Bundesbahntunnel wurde. Damit wurde es auch wieder leichter, die Trittbohlen, die man 2009 in der Höhle angebracht hatte, um auch prominenten Politikern (z.B. die damalige Ministerpräsidentin Christane Lieberknecht) den Zugang einmal zu ermöglichen, wieder zu entfernen, da sie für den gesamten Zustand der Höhle nur schädlich waren und überhaupt nicht gebraucht wurden.
Der Westteil der Höhle ist inzwischen auf 1.217 m Länge vermessen. Der einstigen Plan, daraus eine Schauhöhle zu machen, ist längst fallen gelassen worden, weil eine starke Erschließung dieses einmalige Geotop schnell zerstören würde. Ab und zu gehen heute noch Höhlenforscher und andere Wissenschaftler in die Höhle auf einem schmalen abgesteckten Pfad und treiben ihre Untersuchungen sorgfältig weiter. Mehrere Forschungsprojekte von Universitäten laufen derzeit und liefern hoffentlich Daten, mit denen man neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen kann.
Der Karstwasserweg ist leider durch den Beton immer noch massiv in seiner Durchgängigkeit behindert. Natürlicherweise gäbe es den 75-80 m langen und bis zu 10 m tiefen See im westlichen Höhlenteil gar nicht. Staut sich der Höhlenbach bei starkem Wasserandrang auf, dann kann der Wasserspiegel bis zu 24 m ansteigen.
Literatur:
Moosdorf, Reinhard W. (2022): Die Sophienhöhle - Ein Buch über Evolution, Zeit, Geologie und Fehler-Management, Erich Roth Verlag 2022
Thomas, Stefan (2009): Verborgene Welten – die Bleßberghöhle. Druckhaus Gera, Gera
Thüringer Höhlenverein (2022): Nächster Halt: Bleßberghöhle
Völklein, Marco (2017): U-Bahn im Thüringer Wald, Süddeutsche Zeitung Nr. 208, 9./10.09.2017, S. 68
Links
https://www.gebirgspfade.de/zinselhöhle/blessberghöhle/
https://bbh.pik-potsdam.de/en/
http://thueringer-hoehlenverein.de/projekte/
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