Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Notburgahöhle bei Hochhausen, Baden-Württemberg
Wird man durch das Internet "informiert" oder auch nicht? Manchem mag die Antwort einfach erscheinen, aber der hat sich noch nicht viel umgesehen. Würde man, wenn sich ein wenig auskennt, dann die folgende Auskunft an erster Stelle auf GOOGLE unter "Notburgahöhle" erwarten:
Belgische Schäferhunde von der Notburgahöhle - Groenendael und Tervueren. Die ist unsere Startseite. Sie werden informiert über unsere Zucht und erfahren "
Es lohnt sich einfach immer, selber nachzuschauen. In Internet und auch in unser aller "Wirklichkeit", auf unserem guten alten Planeten "Erde". Die eigene Phantasie hätte nie ausgereicht dafür, sich so etwas Schräges überhaupt auszudenken. (Aber die Hinweise unter "Ofnethöhle" und Hundezüchtungen sind schon wirklich auffallend. Wer und was steckt denn da dahinter?) Was taugt so eine sog. "Suchmaschine" wirklich?
So manches von dem, was man beschrieben findet zum Beispiel in der Literatur, gibt es dann einfach schon gar nicht mehr. Schon 10 Jahre später. Oder auch schon früher.
Auch die Notburgahöhle ist so ein Platz. Ich kannte schon die Geschichte von der Notburgahöhle, als ich mich auf den Jakobsweg schon vor Jahren gemacht hatte und unterwegs auf einmal in einer Kirche auf das Bildnis der "Notburga" stieß. Wo war die "Höhle"? Sie war nicht abgebildet, aber offenbar hatte jemand in der Vergangenheit schon einmal sich an diese legendäre Person erinnert gehabt im Gebiet zwischen Schrobenhausen und Augsburg und sie zur Kirchenpatronin erkoren, in Igenhausen.
Was ist an ihr und an dem Ort, der durch sie bekannt geworden ist, der kleinen Höhle am Ufer des Neckars?
Notburga ist eine weibliche Sagengestalt (das Wort bedeutet "Helferin vor der Not, in der Not"). Die erste schriftliche Aufzeichnung davon unternahm 1631 Reinhard d.Ä. von Gemmingen. 1645 nahm sie Matthäus Merian in seine "Topographia Palatinatus Rheni" auf. Sehr bedeutsam für ihre Verbreitung wurde die Aufnahme der Geschichte in die Sagensammlung der Gebrüder Grimm, die im Jahre 1816 erschien. Typisch für lange Zeit hindurch nur weitererzählte Geschichten ist, daß es mehrere Versionen davon gibt. So auch hier.
Im 7. Jahrhundert n. Chr. soll sie gelebt haben, den Geschichten nach. Rund 7 Jahrhunderte später, im Jahre 1496 taucht sie erstmals in einer schriftlichen Erwähnung auf, wo es um ihre Gebeine geht, die im Hochaltar der Kirche von Hochhausen ruhen sollen. Man vermutet, daß um 1500 die Notburgaverehrung ihren Höhepunkt hatte.
Notburga sei eine junge Frau gewesen, die noch mit ihrem Vater, dem König
Dagobert I, auf Burg Hornberg bei Neckarzimmern gelebt habe. Die populärste Form
der Erzählung berichtet davon, daß sie ihr Vater an einen Fürsten
zwangsverheiraten wollte und sie deshalb ausriß. Eine andere Version sieht eine
böse Schwiegermutter als Ursache für ihre Flucht. Weit weg lief sie nicht. Auf
der anderen Neckarseite liegt da die kleine Höhle, in der sie sich versteckt
haben soll. Lange kann man es ja nicht aushalten in so einem rauen Raum, in dem
es nichts zum Essen gab. Eine sagenhafte Hirschkuh oder ein weißer Hirsch taucht
da in der Geschichte auf, der die Nahrungsmittel aus der Schloßküche heimlich
hinüber übers Wasser brachte. Natürlich fiel dem Vater das Verschwinden der
Tochter auf, entdeckte den weißen Hirsch, folgte ihm und fand so das Versteck.
Die Tochter sei kniend vor einem Kreuz in der Höhle gewesen, wollte ihr Leben
lieber Christus weihen als als Gattin für einen heidnischen Fürsten zu enden.
Der Vater habe sie mit Gewalt am Arm wegzerren wollen, der aber abriß und das
"Grauen habe den Vater ergriffen". Wie es weiterging, darüber gibt es mehrere
Versionen. In einer spielt eine Schlange eine Rolle, die auch in der Höhle lebte
und Heilkräuter herbeischaffte, die die Schmerzen lindern konnten und in einer
Version sogar zum Wiederanwachsen des Armes führten.
Sie soll noch einige Zeit in der Höhle gelebt haben, bekam viel Besuch von
sorgengeplagten und kranken Menschen. "Schweifende Irrlichter" seien bei der
Höhle zu sehen gewesen, als sie starb. Ihr Leichnam wurde der Sage nach auf
einen Karren gelegt, der von zwei weißen Stieren gezogen wurde. Dort, wo das
Gespann von alleine stehenbleiben würde, dort solle man ihren Körper begraben
und eine Kirche erbauen. Dort steht heute ihre Kirche, in Hochhausen dem
Hornberg gegenüber.
Die kleine Höhle liegt am linken Neckarufer, nicht weit von der Staustufe Neckarzimmern entfernt. Unmittelbar neben dem Wasser steigt auf eine Strecke von 1,5 km der Flußrand sehr steil 10 m an, da dort der ehemalige Prallhang ist, der den dünnen Schichten des Unteren Muschelkalks besteht. Das Gebiet ist heute als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Nichts deutet heute irgendwo darauf hin, daß es da eine Höhle gibt. Man sieht den Eingang erst im letzten Moment, wenn man schon direkt unterhalb steht. Früher muß sie viel besser zugänglich gewesen sein, da noch die Reste einer Steiganlage vorhanden sind. "Jedem Kind sei die Höhle bekannt", heißt es noch in der Grimmschen Fassung der Notburgalegende. Im Juni 2013, als ich die Höhle aufsuchte, war der Zugang zur Höhle kaum mehr möglich. Vermutlich reichte früher eine Eisenleiter hinauf bis zu dem Felssims, auf dem man sich dann an einem verfallenden Gitter festhaltend auf den eigentlichen Eingang zubewegt. Vermutlich hat das Hochwasser des Neckars daran genagt, aber eine absichtliche Entfernung ist auch nicht auszuschließen. Es gibt 2, 3 vom Wasser eines Wasserfalls überspülte Felstritte, aber keine Griffmöglichkeiten. Man wird also wohl in den meisten Fällen ziemlich nass und dreckig, wenn man einen Kletterversuch hinauf unternimmt. Am besten hilft einem jemand und drückt einen leicht gegen die Felswand, damit man vielleicht den obersten Pfosten des Geländers greifen kann. Hat man den, dann hat man gewonnen und kann sich hochziehen. Auf einem schmalen Felsband geht es nun weiter bis in den erstaunlich geräumigen Höhleneingang mit einem betonierten Podest davor. Dieses liegt in 143 m über NN.
Die Höhle ist 5 m lang und 1,70 m breit. die Raumhöhe ist gleich hinter dem Eingang 2, 5 m. Entlang einer Kluft zieht der Hohlraum in den Berg. 2 m hinter dem Eingang knickt der Gang um 90° ab, weil er auf 2 Querklüfte trifft. Der Höhlenboden besteht anfangs aus dem Felsgestein, dem Ende zu aus kleinen Steinen mit Lehm. Zwei Faktoren sind an der Entstehung des Hohlraum ursächlich: die Tektonik und die Korrosion. In der Höhle finden sich keinerlei menschliche Spuren, die auf eine einstige Nutzung als Wohnraum hindeuten könnten.
Literatur:
Pantle, Markus | Die Notburgahöhle (6620/1) bei Hochhausen, Gemeinde Haßmersheim, Neckar-Odenwald-Kreis (Muschelkalkgebiet 2), Beiträge für Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland Nr. 44, Stuttgart Mai 2004, S. 31-36 |
Links:
Notburga von Hochhausen - Ökumenisches Heiligenlexikon
Notburga von Hochhausen
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